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Bauen, bauen, bauen, sonst fällt ihnen nichts ein

Die traditionsreiche Hohe Warte soll zum Teil in Bauland umgewidmet werden. Und das ausgerechnet vor der Wien-Wahl



Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern, überall grünt es. Der Ausblick auf der Hohen Warte ist idyllisch. Trotzdem können sich Michael Jungwirth und Johanna Loibl nicht daran erfreuen. Die zwei Döblinger ärgern sich, wenn ihr Blick über das Fußballfeld, die überdachte Tribüne und die anliegenden Wohnhäuser schweift. Sie regen sich über die Immobiliendeals der Stadt auf. Diese will einen Teil des Areals umwidmen. Die Fläche gegenüber der Tribüne soll Bauland werden. Vier Wohnhäuser sind geplant. „Bauen, bauen, bauen, sonst fällt der Stadt Wien nichts ein“, sagt Michael Jungwirth, Obmann der Bürgerinitiative „Pro Heiligenstadt“. Er wünscht sich einen öffentlich zugänglichen Fußballplatz statt Wohnungen.

Wieder gibt es Aufregung um die Hohe Warte. Die Bürgerinitiative kritisiert, wie mit kulturellem Erbe umgegangen wird. Immerhin handelt es sich um den Sportplatz des ältesten Wiener Fußballclubs, der Vienna – und eine einzigartige Naturarena in der Stadt. Auch die Grünen schalten sich ein. Planungssprecherin Sabine Gretner, die schon die Bauaffäre im Prater aufgedeckt hat, ortet Misswirtschaft. 2002 war der damalige Hauptpächter, der Fußballclub Vienna, finanziell schwer angeschlagen. Die Stadt verpachtete daraufhin das 86.000 große Gelände der „Hohe Warte Projektentwicklungs- und Errichtungs-GmbH“ (kurz: HW), eine Tochter der IG Immobilien, die der Nationalbank gehört. Im Pachtvertrag musste sich die HW verpflichten, das Sportgelände zu sanieren. Dafür durfte sie die anliegenden Parkplätze kaufen.

Ein gutes Geschäft für die Pächterin, ein schlechtes für Wien, stellte der Rechnungshof 2004 fest: Die Stadt habe den Parkplatz um vier Millionen Euro zu günstig hergegeben. Dabei hatte die Stadt Wien den Deal einst damit beworben, dass die neue Pächterin aus der Hohen Warte eine „Sportanlage der Superlative“ machen und viel Geld investieren würde – ein Gegengeschäft also.

Viel ist davon nicht zu sehen. Ausgerechnet dort, wo Wohnhäuser hinkommen sollen, war laut Vertrag ein Trainingsfeld vorgesehen. Dieses wurde niemals errichtet. Die Fläche gegenüber der Tribüne liegt brach, soll nun sogar in Bauland umgewidmet werden. „Der Pachtvertrag wird nicht eingehalten“, behauptet Gretner.

Die Stadtregierung rechtfertigt die Umwidmung mit der wachsenden Bevölkerungszahl. „Jedes Jahr braucht Wien 7000 neue Wohnungen“, sagt Vera Layr, Sprecherin von Planungsstadtrat Rudolf Schicker (SPÖ). Doch es geht nicht nur um die Frage, wie viele Wohnungen die Stadt benötigt. Reißt hier eine alte Wiener Unsitte ein? Werden Erholungsgebiete wieder leichtfertig verbaut? Die Bürgerinitiative hofft, dass die Stadtregierung doch noch einlenkt und die umstrittene Umwidmung vor der Wiener Gemeinderatswahl absagt.

Deswegen steht Michael Jungwirth auf diesem Fleck Erde. „Diese Fläche wäre eine Chance. In ganz Döbling gibt es keinen öffentlich zugänglichen Fußballplatz“, sagt der Obmann der Bürgerinitiative. Sein Problem ist nur: Auch die Immobiliengesellschaft hat ihre Chance erkannt.



Dieser Bericht ist im Falter 23/10 erschienen. Bild: Julia Fuchs. Update: Im Planungsausschuss des Gemeinderats wurde der Flächenwidmungsplan doch noch umgeändert. Das Naturareal auf der Hohen Warte bleibt, wie es ist

Ingrid Brodnig:
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