Vor einem Jahr wurde Österreichs größter Hörsaal besetzt, doch hat der Audimaxismus überhaupt etwas gebracht?
Oder doch nicht? Wer genauer hinschaut, sieht die Securitybediensteten, die vor dem Eingang des Audimax patrouillieren. Sie schützen den Hörsaal vor einer neuerlichen Besetzung. Diese Woche wird wieder demonstriert, die Hochschulen selbst rufen zur Vollversammlung auf, und in der Arena findet freitags ein Fest statt. Die Studierenden wollen daran erinnern, dass sich an der Unimisere nichts geändert hat, stattdessen drohen sogar Einsparungen. Das Wissenschaftsministerium hat angekündigt, ab 2013 das Budget einzufrieren, de facto würde das weniger Geld bedeuten.
War es also ein Protest ohne jegliche politische Konsequenz? Aber nein, meint Friedrich Faulhammer und erzählt von der neuen Dialogkultur und von den 34 Millionen Euro, die die Regierung lockermachte. 34 Millionen Euro dort, wo sie gebraucht werden, sagt er, das war eine gute und rasche Entscheidung. Faulhammer muss das wohl sagen, er ist Generalsekretär des Ministeriums und einer der wichtigsten Köpfe am Minoritenplatz. Er selbst kam schon früh mit den Demonstranten in Kontakt.
Diese Anekdote zeigt, wie schwer sich das Ministerium von Anfang an mit dem Audimaxismus tat, später wurden zwar Forderungen formuliert, es blieb aber stets eine kopflose, basisdemokratische Bewegung. Letztlich wurde der Konflikt von der Politik ausgesessen. In der Netzwerktheorie wird zwischen langsamen und schnellen Kräften unterschieden. Die schnellen Kräfte sorgen in einer Gesellschaft für Veränderung und Innovation. Die langsamen für Stabilität und Institutionalisierung, sagt der Forscher Harald Katzmair. Der Audimaxismus ist beispielhaft, wie sich die langsame Politik nicht von einer schnellen Bewegung aufrütteln lässt.
Das ist nicht die einzige Erkenntnis. Am Institut für Internationale Entwicklung (IE) sitzen zehn Studierende aus der Basisgruppe, die frustriert wirken. Auf den ersten Blick profitierte ihr Fach von dem Protest, die Studierenden erhielten ihr eigenes Institut, zwei Professuren wurden mit dem neuen Geld des Ministeriums geschaffen – zumindest für drei Jahre. Aber das ist den Studierenden angesichts der katastrophalen Zustände zu wenig. Der Audimaxismus scheint auch hier gänzlich gescheitert.
Doch dann sagt der Student Max: Eine Änderung gab es schon: Viele Leute sind nun politischer. Auch in der Basisgruppe an seinem Institut sind nun mehr Menschen aktiv.
Dieser Bericht ist im Falter (Ausgabe 42/10) erschienen. Foto: Bernhard Riedmann