Achtung vor diesem Video
Auf WhatsApp werden derzeit vielfach die Behauptungen des Mediziners Wolfgang Wodarg verbreitet – der die Coronavirus-Pandemie als Panikmache darstellt. Die Gefahr ist nun, dass Bürger die aktuellen Gesundheitsauflagen nicht ernstnehmen.
Seit gestern können mir Userinnen und User Hinweise schicken, welche Gerüchte, Links oder andere Vorfälle sie auf sozialen Medien mitbekommen. Mit Abstand am häufigsten erhielt ich Anfragen zu einem Video auf YouTube, welches schon eine halbe Million Abrufe hat.
Eine YouTuberin interviewt den deutschen Mediziner Wolfgang Wodarg, der meint, es würde jetzt „Panik“ gemacht. Das Video erscheint auf einem YouTube-Kanal, der sehr fragwürdige Behauptungen verbreitet. Etwa: „Corona Virus & die Einleitung der Neuen Weltordnung geht in die Finale Phase!“ Oder: „Deep State hat den Virus aktiviert, nun wollen sie Trump beschuldigen!“ Besonders erfolgreich dort ist das Interview mit dem Mediziner Wolfgang Wodarg. Es trägt den reißerischen Titel: „Dr. Wodarg Lungenfacharzt spricht Klartext-Es gibt keine Pandemie durch das Corona Virus!! Teilt es!“
Aber Vorsicht! Was Wodarg behauptet und auch andernorts sagt, steht im Widerspruch zur offiziellen Kommunikation, die WHO empfiehlt, möglichst alle Verdachtsfälle zu testen. Und das Robert-Koch-Institut stuft das Gesundheitsrisiko für Deutschland mittlerweile als „hoch“ ein – aufgrund steigender Fallzahlen und Warnsignalen, die man in Gesundheitsämtern und Kliniken registriere.
Kurz gesagt: Während offizielle Stellen wie WHO, Robert-Koch-Institut in Deutschland und auch Gesundheitsministerium in Österreich sehr ernst über das Virus sprechen, suggeriert dieses Video, dass wir aktuell einen „ganz normalen Winter“ erleben (das wird sogar im Video eingeblendet – siehe Screenshot).
Es gibt mittlerweile eigene Faktenchecks bzw. Artikel zu Wodargs Behauptungen. Die Faktenchecker von Correctiv titeln beispielsweise: „Coronavirus: Warum die Aussagen von Wolfgang Wodarg wenig mit Wissenschaft zu tun haben“ (Correctiv geht auch näher auf einzelne Aussagen des Mediziners ein und erklärt, welche Aspekte er ausblendet – zum Beispiel, dass beim neuen Coronavirus weder ein Impfstoff noch eine Grundimmunität in der Bevölkerung existiert, was ein sehr wichtiger Unterschied ist, den auch Wissenschaftsredakteur Lars Fischer super erklärte).
Auch Mimikama hat sich mittlerweile dem Video zugewandt und empfiehlt, die Aussagen Wodargs „mit Vorsicht“ zu genießen. Das Ganze kriegt wohl auch deshalb viel Aufmerksamkeit, da Wolfgang Wodarg tatsächlich Mediziner ist und auch einige Jahre lang für die SPD im Bundestag saß. Er hat anscheinend kein Problem mit, auch durchaus fragwürdigen Seiten im Netz seine Sicht der Dinge mitzuteilen.
Die Gefahr besteht, dass Leute dieses Video sehen und die aktuelle Situation nicht genügend ernstnehmen – womöglich gar die aktuellen Handlungsempfehlungen ignorieren. Auf Facebook wurde das Video ebenfalls hochgeladen (hat mehr als 240.000 Aufrufe), ein User postet beispielsweise: „Toller Bericht….. der mensch beweist ja immer, das eine Panik schlimmer als jede Krankheit sein kann. Das öffentliche Leben wird aufgrund von Panikmache eingeschränkt (…)“ Ein anderer meint: „Endlich spricht Mal einer die Wahrheit die Medien machen die Menschen unnötig verrückt“.
Meine Empfehlung: Teilen Sie dieses Video nicht und wenn Sie es erhalten, verweisen Sie einerseits auf Berichte von Faktenchecker-Webseiten dazu (hier und hier). Betonen Sie andererseits, wie ernst offizielle Einrichtungen wie Robert-Koch-Institut, WHO und Gesundheitsministerium die Lage sehen. Die große Gefahr ist derzeit, dass einzelne kein Social-Distancing betreiben und die Infektionsrate aufgrunddessen weiter hoch bleibt und unser Gesundheitssystem überlastet wird.
Update 1:
Auch der Virologe Christian Drosten erklärt, was an einigen Behauptungen dran ist. Im Podcast des NDR wird er zu den Aussagen Wodargs befragt (das kann man hier anhören und hier lesen) und ordnet das Ganze sehr gut ein. Zum Beispiel erklärt Drosten, dass es stimmt, dass es schon früher vier Coronaviren in der menschlichen Bevölkerung gab – dass sich jedoch das neue Coronavirus davon unterscheidet:
“Dieses neue Coronavirus kommt jetzt als Pandemie zu uns. Das heißt, es wird eine Infektionswelle geben, wenn wir nichts tun. Und diese Infektionswelle ist eben das gleichzeitige Auftreten ganz vieler Coronavirus Infektionen. Und selbst wenn diese Coronavirus-Infektionen mit dem neuen Coronavirus genauso harmlos verliefen wie die mit den vier altbekannten Coronaviren des Menschen, wäre das bedenklich. Denn es sind einfach zu viele Fälle auf einmal. Dazu kommt dann noch zusätzlich, dass der Verlauf mit diesem neuen Coronavirus nicht so harmlos ist wie mit diesen altbekannten, alteingesessenen Coronaviren.”
Die große Sorge ist derzeit also, dass zu viele Menschen gleichzeitig krank werden, ins Krankenhaus müssen – und unser Gesundheitssystem überlastet wird (Personen wie Wolfgang Wodarg blenden das in ihrer Argumentation aus). Drosten sagt übrigens auch, dass es derzeit “Verdrängungsmechanismen” geben kann – also dass man verdrängt, wie ernst die Lage ist. Hier das Zitat dazu:
“Und wenn man das von der Hand weisen will, würde ich das mal jetzt rein psychologisch als einen Verdrängungsmechanismus einordnen. Also ich selber, ich habe auch eine Familie, und ich habe auch meine Verdrängungsmechanismen. Ich muss auch meine Wege finden, damit umzugehen. Und ich muss das manchmal ausklammern, und mir sagen, na ja, vielleicht kommt es dann doch nicht so schlimm. Aber wenn ich dann wirklich diese Verdrängung ausschalte und anfange zu rechnen, dann muss ich eben doch auch anerkennen, dass es schlimm kommen wird, und zwar wirklich schlimm. Das kann ich hier nur noch einmal wiederholen. Und wir müssen deswegen unbedingt etwas tun (…)”
Er geht dann übrigens auch auf einige medizinische Aspekte ein, etwa zum Test, der angewendet wird. Empfehle dazu die ganze Folge dieses Podcasts.
Update 2:
Einen interessanten Beitrag hat auch Klimatologe Stefan Rahmstorf auf spektrum.de verfasst: Er geht auf die Aussagen Wodargs ein und erklärt, wie seine Argumentation auch der Argumentation von Klimawandel-Leugnern ähnelt. Er schreibt: “Mit den ‘Klimaskeptikern’ haben die ‘Coronaskeptiker’ auch gemeinsam, dass sie einen ganzen Berg von Belegen für den Ernst der Bedrohung einfach ignorieren.” Lesenswert!
Foto: Screenshot des YouTube-Accounts “about facts & truth” und des besagten Videos – ein Impressum konnte ich bei diesem Account nicht finden. In der Beschreibung des Kanals steht lediglich: “Nur die Wahrheit zählt!”, aber keine Adresse oder sonstige Angaben zum Medieninhaber.
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interessant.
Falschmeldungen oder irreführende Beiträge funktionieren immer besser, als wahre Geschichten.
Liebe Frau Brodnig,
Danke für Ihr tolles Buch "Lügen im Netz"! Es war der Grund, warum ich meine Staatsexamensarbeit über das Thema Fake News geschrieben habe und hat mich während des Schreibens immer wieder inspiriert und motiviert.
Freundliche Grüße
Die Klage,
Unterstützung von mir.
Fuer erste mal Buchkauf!!!
Lg
WERNER
Sehr geehrte Frau Brodnig,
ich bin Inhaber eines Bildungsinstitutes und bitte um Kontaktaufnahme.
Wir wollen unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das Thema Digitalisierung nahe bringen
und ich würde gerne mit Ihnen abklären, ob Sie mit uns Workshops durchführen würden.
Lieben Gruß
Christian Lang
Ich denke in der Diskussion werden gerade einige (juristische) Aspekte vermischt, die man auseinander halten und nicht in eine Topf werfen sollte.
1. Es gibt eine Regelungslücke. Es ist sicher ein Problem, dass sich Frauen die derart extrem obszön beleidigt werden strafrechtlich nicht wehren können. Zivilrechtlich könnte frau den Absender wohl auf Unterlassung klagen. Einen Straftatbestand kann das aber natürlich nicht setzen. => hier muss der Gesetzgeber was tun. Zb die erwähnte deutsche Regelung übernehmen.
2. Die Anfeindung von Frauen die sich währen: Das ist ein gesellschaftliches Problem und muss politisch/gesellschaftlich diskutiert und geändert werden. Z.B. durch Bewusstseinsbildung in Schulen etc.
3. Die Rechte (mutmaßlicher) Täter. Auch wenn es vielen gerade nicht passt. Rechtsstaat heißt: Auch Arschlöcher haben Rechte. Z.B. gewisse Persönlichkeitsrechte, selbst wenn mann Täter ist. Der „steirische Arzt mit dem Spitzenpolitiker-Bruder“ wird in Medien nicht mit vollem Namen genannt. Obwohl absolut glaubwürdig ist, dass er ein richtiger Ungustl ist, hat er Persönlichkeitsrechte und es gilt für Ihn die Unschuldsvermutung. Gleiches gilt für den „niederösterreichischen Medienmanager“ der im Suff seinen Freund mit dem Motorboot überfahren hat. Der ist mittlerweile rechtskräftig verurteilt und durchaus eine Person öffentlichen Interesses. Trotzdem nennen Medien seinen Namen nicht.
Der Twitter-Pranger und ein virtueller Lynchmob sind keine Lösung für die Probleme 1. und 2. Und das soll auch so bleiben. Maurer hätte die Nachrichten anonymisiert veröffentlichen sollen und den Typen (wenn möglich) klagen/anzeigen sollen
zu 1. Nein, Beleidigungen unter Erwachsenen müssen vollkommen straffrei bleiben, solange es zu keiner Bedrohung oder sonstigen Straftat kommt. Für Kinder gilt das natürlich nicht, weil diese Beleidigungen durch Erwachsene als Bedrohung empfinden. Auch, wo ein Machtgefälle herrscht, muss es Ausnahmen geben. Ansonsten muss es unter gleichberechtigten Erwachsenen - und um die handelt es sich bei Sigrid Maurer und Bierkraft - völlige Freiheit geben.
zu 2. Hier müssen sich vor allem Frauen ändern. Dieses "Tante! Der blöde Bub war gemein zu mir!" von Sigrid Maurer war zum Fremdschämen. Sie braucht offensichtlich einen Kurs in Facebook. Die Kinder lernen das heute schon in der Schule. Sigrid Maurer hat das wohl verpasst.
zu 3. vollste Zustimmung. Im konkreten Fall wurde die Privatsphäre des Absenders verletzt, indem seine Korrespondenz veröffentlicht wurde. Ich gehe davon aus, dass er es war, und glaube ihm nicht, dass ein Phantom in sein Geschäft geschlichen ist. Trotzdem hat er das Recht, dass seine - auch tiafsten - Ergüsse dort bleiben, wo er sie erzeugt hat - im Privatbereich. Sigrid Maurer und andere social-media-User müssen den Unterschied zwischen privat und öffentlich lernen, und die Grenze respektieren. Ich kann einer Freundin Hassnachrichten am Handy zeigen, aber nicht allen meinen Followern. Die dann hingehen und Bierkraft aufs Geschäft spucken.
Aber den letzten Satz verstehe ich nicht. Auf was hätte sie ihn klagen bzw. wegen was anzeigen sollen?
Es ist schade, dass es in vielen Diskussionen zum Thema scheinbar(!) hauptsächlich um Frauen geht. Der Schein trügt: Auch Männer können sich aufgrund dieses Urteils - sofern es stand hält - nicht mehr effektiv vor Stalking und Mobbing schützen.
Da wäre es wirklich wundervoll, wenn wir einfach mal von MENSCHEN sprechen. Dann fühlen sich hoffentlich wieder mehr Leute angesprochen, sich für eine bessere Gesetzgebung einzusetzen.
Zustimmung zur Frage des Geschlechts. Es wird auch nicht möglich sein, das Gesetz geschlechtsspezifisch zu formulieren, obwohl es natürlich so gemeint ist - Frauen Opfer, Männer Täter.
Aber wo ich widersprechen muss, ist dass sich Beleidigungsopfer aufgrund dieses Urteils nicht mehr effektiv vor Stalking und Mobbing schützen können. Das ist nicht richtig. Stalking ist als beharrliche Verfolgung verboten und strafbar und hier außerdem nicht passiert, Mobbing ebenfalls nicht, weit davon entfernt. Es hat nur ein Facebook-Account eine Abgeordnete beleidigt. Das kommt bei Politikern sehr oft vor. Üblicherweise besitzen diese aber die persönliche Reife, damit nicht an die Öffentlichkeit zu gehen. Auch als Nichtpromi kann man solche Nachrichten einfach löschen, oder den Absender blockieren, oder einfach davon unberührt bleiben. Wenn man einen Kommunikationskurs gemacht hat, können sich daraus sogar nette Gespräche entwickeln.
Ich finde den Blogbeitrag interessant, aber etwas doof dass es nur auf Frauen bezogen ist. Auch Männer können obszöne Botschaften erhalten! Sollte alles auch etwas geschlechtsneutraler betrachtet werden!
Nicht nur. Solange es privat bleibt, ist es maximal lästig. Erst wenn sich ein bedrohliches Muster abzeichnet, sollte der Staat einschreiten. Aber passende Gesetze gibt es jetzt schon. Neue Gesetze für beleidigte Frauen würden sich verheerend auf die gesamte zwischenmenschliche Kommunikation auswirken.
Potenziellen "Tätern" muss klar sein, wen sie vor sich haben, einen Erwachsenen oder ein Kind in einem Erwachsenenkörper. Sie haben einfach das Recht zu wissen, mit wem sie reden. Ob ein böses Wort adäquat gekontert wird, oder ob das Baby zum Weinen anfangt. Man ist sonst ständig mit einem Bein im Häfen.
Warum muss sich eine Frau dagegen "wehren". Wenn sie unaufgefordert solche Nachrichten bekommt, kann sie sie einfach ignorieren. Wenn sie etwas dazu beigetragen hat, ist es IHR Konflikt genauso wie der des Absenders, auf jeden Fall aber privat.
Und grundsätzlich sind Frauen nicht schützenswerter als Männern, denn wir haben Gleichberechtigung, und sexuelle Beleidigungen nicht schlimmer als andere.
Ja, eine erwachsene Frau muss das aushalten. Und ein Promi noch mehr.
Ich möchte jedenfalls nicht per Gesetz auf die Stufe eines wehrlosen Kindes gestellt werden, nur weil ich eine Frau bin, und werde mich, falls es soweit kommt, dagegen wehren. Ich kann mit beleidigenden Nachrichten nämlich selbst ganz gut umgehen und möchte auch die Hoheit darüber behalten. Ich brauch keinen "Tante, der blöde Bub was gemein zu mir!"-Alarmknopf. DAS ist dann eine Beleidigung, mit der ich nicht umgehen kann.