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Nach der Party

Vor einem Jahr wurde Österreichs größter Hörsaal besetzt, doch hat der Audimaxismus überhaupt etwas gebracht?

Ein paar Studierende bemalen vor der Hauptuni Plakate. Bildungsmilliarde statt Koralmtunnel steht darauf oder Unibrennt ist 1 Jahr. Die Audimaxisten wollen an ein Jubiläum erinnern: Vor einem Jahr wurde Österreichs größter Hörsaal für 60 Tage besetzt. Es ist nur ein kleines Grüppchen, das draußen Transparente bemalt. Drinnen im Audimax ist wieder alles beim Alten. Biologiestudenten lauschen ihrem Botanikprofessor, die Revolution scheint vergessen.

Oder doch nicht? Wer genauer hinschaut, sieht die Securitybediensteten, die vor dem Eingang des Audimax patrouillieren. Sie schützen den Hörsaal vor einer neuerlichen Besetzung. Diese Woche wird wieder demonstriert, die Hochschulen selbst rufen zur Vollversammlung auf, und in der Arena findet freitags ein Fest statt. Die Studierenden wollen daran erinnern, dass sich an der Unimisere nichts geändert hat, stattdessen drohen sogar Einsparungen. Das Wissenschaftsministerium hat angekündigt, ab 2013 das Budget einzufrieren, de facto würde das weniger Geld bedeuten.

War es also ein Protest ohne jegliche politische Konsequenz? Aber nein, meint Friedrich Faulhammer und erzählt von der neuen Dialogkultur und von den 34 Millionen Euro, die die Regierung lockermachte. 34 Millionen Euro dort, wo sie gebraucht werden, sagt er, das war eine gute und rasche Entscheidung. Faulhammer muss das wohl sagen, er ist Generalsekretär des Ministeriums und einer der wichtigsten Köpfe am Minoritenplatz. Er selbst kam schon früh mit den Demonstranten in Kontakt.

Zwei Tage vor dem Audimax besetzten Studierende der Akademie der bildende Künste ihre Aula. Faulhammer traf damals ein paar Aktivisten, erinnert er sich: Wir fragten: “Was ist euer Forderungskatalog? Wer ist hier der Verantwortliche?” Es gab aber keinen Verantwortlichen, und so bekamen wir auch keinen Forderungskatalog.

Diese Anekdote zeigt, wie schwer sich das Ministerium von Anfang an mit dem Audimaxismus tat, später wurden zwar Forderungen formuliert, es blieb aber stets eine kopflose, basisdemokratische Bewegung. Letztlich wurde der Konflikt von der Politik ausgesessen. In der Netzwerktheorie wird zwischen langsamen und schnellen Kräften unterschieden. Die schnellen Kräfte sorgen in einer Gesellschaft für Veränderung und Innovation. Die langsamen für Stabilität und Institutionalisierung, sagt der Forscher Harald Katzmair. Der Audimaxismus ist beispielhaft, wie sich die langsame Politik nicht von einer schnellen Bewegung aufrütteln lässt.

Das ist nicht die einzige Erkenntnis. Am Institut für Internationale Entwicklung (IE) sitzen zehn Studierende aus der Basisgruppe, die frustriert wirken. Auf den ersten Blick profitierte ihr Fach von dem Protest, die Studierenden erhielten ihr eigenes Institut, zwei Professuren wurden mit dem neuen Geld des Ministeriums geschaffen – zumindest für drei Jahre. Aber das ist den Studierenden angesichts der katastrophalen Zustände zu wenig. Der Audimaxismus scheint auch hier gänzlich gescheitert.

Doch dann sagt der Student Max: Eine Änderung gab es schon: Viele Leute sind nun politischer. Auch in der Basisgruppe an seinem Institut sind nun mehr Menschen aktiv.

So wenig der Protest realpolitisch brachte, so sehr veränderte er seine Protagonisten. Die Hörsäle besetzten viele junge Leute, die nie zuvor so etwas Großes organisiert hatten und plötzlich Veranstaltungen für tausende Menschen auf die Beine stellten oder Interviews für die ZiB gaben. Von Besetzungen und ergebnislosen Verhandlungen mögen viele die Nase voll haben, oft setzen sie sich nun aber an ihrem Institut oder in anderen Organisationen ein, etwa gegen Abschiebungen. Es ist nicht verwunderlich, sollten viele das Vertrauen in die Politik verloren haben, aber es scheint, als hätten viele Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten dazugewonnen.


Dieser Bericht ist im Falter (Ausgabe 42/10) erschienen. Foto: Bernhard Riedmann

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  • Dr Wodarg hatte von Anfang an Recht; auch ich hab nix von einer Pandemie gemerkt. obwohl ich mich nach keiner einzigen Maßnahme gerichtet hatte!

  • Hallo,

    nun ja. Man könnte die Dinge auch ( erstmal nur ) versachlichen. Wer einer Person, zb mit Hilfe von KI, einen anderen Text "unterjubelt" als den, den er selber tatsächlich gesprochen hat, wird bestraft. Das muß schon ein wenig wehtun, ja.

    Wer Stimmen nachahmt, zB Bundespräsident, Kanzler, sonstige um "ernstere Themen" zu verbreiten auch. Im Frühstücks Radio, kann eine gedachte Frau Merkel sicherlich über das Käsebrötchen jammern.

    Wer Bilder zusammenfügt oder manipuliert, zB der Papst mit einer Maschinenpistole in der Hand, ebenso.
    Oder Trump wie er mit Putin in der Sauna sitzt. Alles so etwas ist am Ende politisch, und wäre dann eine Straftat.

    Karikaturen, am besten gezeichnete, wäre dann zB davon schonmal ausgenommen.

    Viele Grüße

  • Achtung vor der Wahrheit: Corona Pandemie diente zur Versklavung der Spezies Mensch.

    Eine Bitte an alle Menschen: Bei der nächsten Pandemie (die schon in Planung ist) bitte sich nicht durch Propaganda in Angst versetzen lassen.

    Mein Tipp an meine Brüder und Schwestern: Erkennt was aufbauend (menschlich) und abbauend (unmenschlich) ist. Ignoriet bitte unmenschliches Verlangen und informiert euch bei starken und wahren Seelen, wie z.b.: bei Wodarg, Bhakdi, usw…

    Dieses Jahrhundert ist ein sehr entscheidendes Jahrhundert für die Spezies Mensch auf dem Planeten Erde in der Galaxie Milchstraße.

    Alles Gute👍🏻

  • Liebe Frau Brodnig, Ihre Standard Kolumne ist eine echte Bereicherung! Vielen Dank!

  • Rechtschreibung lässt (in den allermeisten Fällen – aber nicht in allen) auf den Bildungsgrad des Schreibenden schließen. Ebenso lässt sich dieser Rückschluss oft auch auf das Maß der Sachkenntnis übertragen, mit der sich der Beitrag befasst. Daher sortiere ich bei umfangreicheren Beiträgen zunächst nach dem Grad der Rechtschreibfehler innerhalb der ersten Sätze. Das hilft ungemein bei der Entscheidung, ob es sich lohnt, weiter zu lesen, oder aber nicht…

  • Sehr geehrte Frau Brodnig Mag. FH,

    Immer wieder sehe ich Sie im TV. Es muss einmal gelingen, dass Facebook - Instagram und Co mehr Personal aufnehmen, um den vielen braunen Dreck dort zu stoppen. Und wenn ich einen Putin-Versteher zu recht als A.....loch bezeichne, ist es eine Chuzpe, dafür 3 Tage oder noch länger Schreibsperre zu bekommen. Siehe z. B. den AfD-Beitrag hier https://www.facebook.com/reel/459513056720929
    Mit Besten Grüßen
    Peter Thomas Suschny

  • lauter Idioten vom System Krieg , ORF FAKE NEWS, Standart Lügner, EU Verbrecher, VASALL und Sklaven

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