„Ich habe es satt“
Der Uni-Streik weitet sich aus. Wie legitim ist der Studentenprotest? Wie unerträglich sind die Zustände im Hörsaal? Ein Streitgespräch
34 Millionen Euro genügen ihnen nicht. Das Angebot von Wissenschaftsministers Hahn ist den Audimax-Besetzern zu wenig. Sie fordern eine grundsätzliche Debatte über Bildungspolitik. Der Falter lud daher zum Streitgespräch. WU-Rektor Christoph Badelt, ÖH-Chefin Sigrid Maurer, Audimax-Besetzer Julian Schmid und Bildungsforscher Erich Ribolits über mangelnde politische Visionen und Universitäten als Erfüllungsgehilfen privatwirtschaftlicher Interessen.
Falter: Herr Schmid, Sie sind seit Tag eins bei der Audimax-Besetzung dabei. Warum?
Julian Schmid: Die Situation wurde für uns Studierende in den vergangenen zehn Jahren immer unerträglicher. Nun geht es einerseits um sehr aktuelle, konkrete Probleme wie die Studieneingangsphasen, die Knock-out-Prüfungen ermöglichen. Oder die Zugangsbeschränkungen für Masterstudien, bei denen Leute fürchten müssen, mit einem minderwertigen Bachelortitel auf den Arbeitsmarkt geschmissen zu werden. Andererseits geht es aber auch ganz generell um den Bologna-Prozess, also die gesamteuropäische Perspektive und die zunehmende Ökonomisierung der Bildung, die der Uni ihre Lebendigkeit nimmt.
Herr Badelt, haben Sie Verständnis für diese Anliegen?
Christoph Badelt: Teilweise. Wir haben seit Jahrzehnten eine krasse Unterfinanzierung der Universitäten. Das führt zu sehr schlechten Studienbedingungen in mehreren Fächern. Insgesamt sind ein Viertel der Studierenden davon betroffen. Andererseits glaube ich, dass der Bologna-Prozess eine wirkliche Chance für die Europäisierung und Internationalisierung der Ausbildung ist.
Sie werden als potenzieller Nachfolger von ÖVP-Wissenschaftsminister Johannes Hahn gehandelt. Würde Sie das Amt angesichts des universitären Flächenbrands überhaupt reizen?
Badelt: So originell, wie Sie die Frage stellen, täte es mich ja noch reizen. Aber ich komme als Kandidat wohl nicht infrage: Erstens bin ich kein Parteimitglied, und zweitens stimmen meine bildungspolitischen Positionen nicht mit jenen der ÖVP überein.
Frau Maurer, wie fänden Sie denn einen Wissenschaftsminister namens Christoph Badelt?
Sigrid Maurer: Na ja. Grundsätzlich ist es reizvoll, da er sich im System auskennt. Gleichzeitig haben wir diametral entgegengesetzte Ansichten zu Themen wie Bildungszugang und Studiengebühren.
Herr Badelt, Sie sind für Zugangsbeschränkungen an den Unis. Damit würden Sie den freien Hochschulzugang doch letztlich abschaffen.
Badelt: Das ist eine Unterstellung. Meine Position ist erstens: Wir brauchen eine höhere Akademikerquote. Zweitens brauchen wir eine kostendeckende Finanzierung der Universitäten, die Kapazitäten einplant. Nur dort, wo die Kapazitäten nicht ausreichen, muss der Zugang geregelt werden.
Maurer: Aber das ist doch der falsche Schluss! Anstatt den Zugang zu beschränken, müssen mehr Studienplätze angeboten werden.
Badelt: Ja, aber Faktum ist, dass pro Jahr 6000 junge Menschen an der WU studieren wollen und dass Sie diesen Leuten vorgaukeln, hier sei eh alles wunderbar. Später kommen diese Studenten dann drauf, dass dem nicht so ist, sie sind frustriert und demonstrieren. Derzeit werden die Studierenden hinausgeprüft und hinausgeekelt. Das ist ein unwürdiger Zustand, gegen den ich ankämpfe.
Schmid: Für mich klingt das sehr stark nach kommunistischer Planwirtschaft. Wer kann heute seriös entscheiden, wie viele Studienplätze heute und welche Akademiker in 20 Jahren benötigt werden? Es muss einfach mehr Geld ins Bildungssystem. Und da erwarte ich mir, dass sich die Universitätenkonferenz vor die Regierung stellt und von Faymann, Pröll und dem künftigen Wissenschaftsminister mehr Geld für Bildung fordert.
Badelt: Sie unterstellen mir Dinge, die ich nie gesagt habe. Ich teile Ihre Meinung, dass man nicht prognostizieren kann, wie viele Studienplätze in der Kommunikationswissenschaft oder den Wirtschaftswissenschaften in 20 Jahren gebraucht werden. Aber es muss festgesetzt werden, wie viel Platz eine Institution bietet. Das ist in Mittelschulen, Kindergärten und Fachhochschulen nicht anders. Die Politik muss klar definieren, wie viele Ausbildungsplätze sie in den verschiedenen Studien anbietet.
Die Regierung soll also beispielsweise sagen: Es gibt nur noch 1000 Studienplätze an der Publizistik, 2000 am Juridicum?
Badelt: Zum Beispiel. In Folge müsste man dann eine sachliche Diskussion darüber führen, ob auch jeder das studieren können soll, was er studieren möchte.
Herr Ribolits, ist aus Sicht des Bildungsforschers eine Studienplatzbewirtschaftung tatsächlich notwendig?
Erich Ribolits: Ich würde es nicht in den Vordergrund stellen. Wir haben in Österreich bei Gott nicht zu viele Akademiker, nicht einmal zu viele Maturanten. Es wäre also in erster Linie notwendig, das System auszubauen. Früher oder später wird man auch über vernünftige Formen der Steuerung reden müssen.
Was würde es denn kosten, wenn man jedem Studierenden sein Wunschstudium finanzierte?
Badelt: Die WU hat ein jährliches Gesamtbudget von 95 Millionen Euro. Wir haben aber heute ungefähr viermal mehr Studienanfänger als vorhandene Plätze. Das heißt, Sie müssten diese Universität noch dreimal zusätzlich bauen. Und das betrifft nur die WU. Die Universitätenkonferenz fordert daher, dass zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts ins Hochschulbudget, inklusive den Fachhochschulen, fließen. Das würde auch der Empfehlung der Europäischen Union entsprechen. Aber dafür bräuchten wir eine Milliarde Euro mehr pro Jahr.
Schmid: Mich stört diese Verlogenheit des ganzen Systems. Sie selbst haben in den 70er-Jahren studiert. Damals konnte das auch mein Vater tun, weil Bruno Kreisky die Studiengebühren abgeschafft hat. Minister Hahn war selbst elf Jahre lang Bummelstudent. In der Zwischenzeit hat sich die Wirtschaftsleistung Österreichs verdoppelt, aber Sie und Minister Hahn stellen sich jetzt vor mich und meine Generation hin und sagen: Es ist kein Geld mehr da.
Badelt: Das habe ich nicht gesagt. Ich könnte Ihnen dutzende Beispiele nennen, bei denen aus meiner Sicht Steuergeld verschleudert wird. Von der Neuwagenprämie bis hin zum Koralmtunnel.
Schmid: Aber wir brauchen jetzt Ihre Hilfe.
Badelt: Aber Sie fordern von der Politik eben nicht nur Geld, sondern tausend andere Sachen auch, die ich nicht unterstützen kann. Ginge es nur um Geld und bessere Ausbildungsbedingungen, dann stünde ich sofort neben ihnen in der ersten Reihe auf der Straße.
An welchen Punkten stoßen Sie sich konkret?
Badelt: Dass die Studieneingangsphase abgeschafft werden soll. Das jetzige Auswahlverfahren ist unwürdig, menschenverachtend und bildungspolitisch verrückt. Daher will ich eine Studieneingangsphase, bei der nicht an einem ganz bestimmten Tag festgelegt wird, wer weiterstudieren darf, sondern bei der nach einer gewissen Zeit ein Querschnitt der Inhalte geprüft wird. Ich glaube, dass wir uns hinsichtlich der gesellschaftspolitischen Ziele wenig unterscheiden, dass wir möglichst viele Leute in die höhere Ausbildung bringen wollen, und zwar aus allen sozialen Schichten. Ich sage Ihnen aber eines: Ich bin jetzt sieben Jahre lang Rektor und war davor vier Jahre lang Vizerektor. Ich habe es satt, dass mir alle möglichen Politiker versprechen: Wenn wir einmal an die Macht kommen, gibt es mehr Geld für die Unis. Und derweil werden die Verhältnisse hier immer katastrophaler.
Schmid: Aber es ist kein Ende dieser Politik absehbar. Und deswegen brauchen wir jetzt den Schulterschluss.
Noch einmal zurück zur grundsätzlichen Forderung der Studenten: keine Zugangsbeschränkungen, keine Studiengebühren und ein ausreichendes Lehrangebot für alle. Wäre das für den Staat leistbar?
Badelt: Das weiß ich nicht.
Warum hat das nie jemand berechnet? Das ist doch absurd.
Badelt: Weil die Frage, wie viele Studierende wir in Österreich haben sollen, aufgrund der Diktion des freien Hochschulzugangs immer tabuisiert wurde. Es rechnete nie jemand nach, was das das System kostet. Man ließ sich immer überraschen, was auf uns zukommt. Wenn wir das heutige Budget der WU pro Studierenden hernehmen, haben wir ungefähr die Hälfte dessen, was die Fachhochschulstudiengänge bekommen, obwohl diese nicht denselben Forschungsauftrag haben wie wir. Wir bekommen also ungefähr nur ein Viertel dessen, was wir bekommen müssten.
Die Uni-Debatte wird vom finanziellen Aspekt dominiert. Vergessen wir dabei auf andere wichtige Fragen?
Ribolits: Ja. Die Diskussion geht an der grundlegenden Frage vorbei, welche die Protestierenden mit dem Slogan „Bildung statt Ausbildung“ skizziert haben: Inwiefern sind Universitäten nur dazu da, Menschen für die unterschiedlichsten Berufe auszubilden? Die Gesetzesbeschlüsse der vergangenen Jahre sprechen hier eine eindeutige Sprache: Unis wurden zunehmend verschult.
Aber befasst sich die Politik überhaupt mit so grundsätzlichen Überlegungen, gibt es da auch eine gesellschaftspolitische Vision?
Maurer: Die Politik unterliegt bloßem outputorientiertem Denken. Es geht nie um die Frage, welchen Mehrwert Universitäten für die Stabilität einer Gesellschaft haben können. Es geht immer nur um Effizienz und niedrige Drop-out-Quoten, die in Österreich im Übrigen gar nicht so schlecht sind. Politiker scheint allein der wirtschaftliche Nutzen, den ein Studierender bringt, zu interessieren. Das ist die Denkweise im Ministerium. Und die greift zu kurz.
Badelt: Auch auf die Gefahr hin, wieder als Epigone von Johannes Hahn verstanden zu werden, möchte ich festhalten: Ich glaube schon, dass der Minister eine Vision von Bildung verfolgt, auch wenn ich diese Vision nicht vollständig teile. Er möchte ja das Studium beim Bachelor weiter verschulen und erst beim Master weiter vertiefen.
Schmid: Auch ich möchte dem Minister eine gewisse Vision nicht absprechen, nur für viele Studenten handelt es sich da um eine Horrorvision. Die Art und Weise, wie er den Bologna-Prozess umsetzt, macht die Universitäten zu Erfüllungsgehilfen privatwirtschaftlicher Interessen.
Badelt: Ich kann ihre Sorgen teilweise nachvollziehen. Aber als Rektor der WU kann ich mich der Forderung „Bildung statt Ausbildung“ nicht anschließen. 90 Prozent meiner Studierenden wollen einen guten Job, und den möchte ich ihnen ermöglichen.
Nehmen wir an, die Regierung würde eine Bildungsmilliarde anbieten.
Ribolits: Das wäre ein Anfang. Es würde allerdings den grundsätzlichen Charakter der Bewegung im Audimax ziemlich beschneiden. Denn die großen Probleme, wie die zunehmende Ökonomisierung und Verschulung der Unis, würden wieder nicht gelöst.
Freie Wahlfächer wurden mit dem Bologna-Prozess praktisch abgeschafft. Die Möglichkeit einer individuellen Studiengestaltung hat stark abgenommen. Begrüßen Sie das?
Badelt: Es ist der Preis, den man zahlt, wenn Studierende nach drei Jahren mit einem Bachelortitel erfolgreich in den Arbeitsmarkt können sollen.
Julian Schmid, Sie sind vom Bologna-System selbst auch betroffen, Sie sind Bachelorstudent.
Schmid: Ich studiere Politikwissenschaften auf der Hauptuniversität und wollte auf der WU das Fach Sozialpolitik belegen. Selbst dieses Fach konnte ich mir aber nicht anrechnen lassen. Genau darin liegt das Problem: Das Bologna-System, das die Europäisierung und Flexibilisierung der Hochschulen verspricht, ist eine Mär. Man kann nicht einmal innerhalb derselben Stadt flexibel zwischen den Instituten wählen.
Badelt: Aber das ist nicht die Schuld von Bologna.
Schmid: Stimmt. Man könnte das Bologna-System ja grundsätzlich begrüßen, aber die Art der Umsetzung macht das Studieren in vielen Fächern nicht mehr möglich.
Badelt: Da gibt es in der Tat Probleme. Das muss künftig viel flexibler gehandhabt werden können.
Herr Badelt, wie soll die Universität in zehn Jahren aussehen?
Badelt: Ich würde mir eine Regierung wünschen, die das Bildungssystem grundsätzlich umbaut und schon beim Kindergarten beginnt. Darüber hinaus brauchen wir eine Gesamtschule. Bei den Universitäten müssen klare Kapazitäten definiert werden, die wesentlich großzügiger sein müssen als jene, die wir heute haben. Es sollten Voraussetzungen für Master- und PhD-Studiengänge geschaffen werden. Spitzenuniversitäten haben alle einen geregelten Zugang und Studiengebühren.
Sie wünschen sich also eine Uni, die im internationalen Wettbewerb bestehen kann?
Badelt: Natürlich.
Maurer: Auch wir wollen gute Wissenschaft, die internationalen Rankings arbeiten aber mit fragwürdigen Kriterien. Nur weil eine Universität in den letzten Jahren ein paar Nobelpreisträger hervorgebracht hat, ist sie noch lange nicht die beste Uni der Welt. Der Fokus muss der sein, dass wir so vielen Menschen wie möglich den Zugang zur Bildung ermöglichen und dass auch soziale Durchlässigkeit gegeben ist.
In den letzten zwei Wochen ist der Eindruck entstanden, dass die ÖH zu einem Zaungast dieser Bewegung degradiert wurde.
Schmid: Hier wird von Politik und Medien der Versuch unternommen, ÖH und Audimax-Plenum auseinanderzudividieren. Wir haben im Plenum beschlossen, dass genau das nicht passieren soll.
Aber die ÖH vertritt das Plenum nicht.
Maurer: Nein. Wir als ÖH sind schließlich dazu da, 250.000 Studierende in ganz Österreich zu vertreten.
Aber warum konnte die Hochschülerschaft nicht selbst so einen Protest aufstellen, wie das im Audimax klappte.
Maurer: Das Spannende an diesem Protest ist, dass er wie ein Netzwerk ohne Führung funktioniert, und das hält ihn am Leben.
Ribolits: Es gab in der Vergangenheit ja bereits ähnliche Besetzungen. Denken Sie an jene in Hainburg. Eine spontane Bewegung, die im Übrigen dadurch umgebracht wurde, dass man sie an den Verhandlungstisch geholt hat. Ich finde die gegenwärtige Konstellation daher durchaus sinnvoll. Auf der einen Seite die politisch legitimierte ÖH, auf der anderen Seite die soziale Bewegung, die wir im Audimax erleben. Letztere können ganz andere Forderungen stellen.
Wie soll der Konflikt dann aber gelöst werden?
Maurer: Wer sagt, dass dieser Konflikt gelöst werden muss? Der Protest soll schließlich der Beginn eines längeren Prozesses sein.
Schmid: Dem stimme ich zu. Wir fordern nichts weniger als einen fundamentalen Wechsel in der Bildungspolitik. Und bis das erreicht ist, bleiben wir im Audimax.
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Es scheint doch eine ähnliche Situation wie in einer realen Gruppe zu bestehen: wenn jemand sagt "Leitln DER Ton muss aber net sein", bewirkt es allein noch keine Änderung, wenn es mehrere werden, wirkts dann doch.
Aber die Inhaber tun so, als wären sie vollkommen machtlos dem Gerülpse ausgeliefert. Herzlichen Dank für den "Weckruf".
Ich glaube, dass viele Menschen (mich eingeschlossen!) oftmals den Fehler machen, sich von der Unmittelbarkeit und der Synchronität des Internets bzw. von Online-Medien dazu hinreißen zu lassen, Gedanken aus einer ersten Emotion heraus ungefiltert und unüberlegt preiszugeben (das mag auf den ersten Blick ein klassisches "Henne-Ei-Problem" sein - das es das nicht ist, versuche ich ganz unten zu argumentieren).
Neben der Diskussion darüber, wie wir mit der Anonymität im Netz umgehen, brauchen wir, wie Sie völlig richtig schreiben, eine Diskussion darüber, wie Menschen dazu gebracht werden können, konstruktiv-kritsche Postings zu verfassen, ohne beleidigend zu werden und einen Diskurs darüber, welche Rolle die Medien in diesem Prozess spielen (wollen).
Noch viel stärker, und das ist wahrlich kein Thema der sozialen Medien alleine, müssen wir uns jedoch vergegenwärtigen, dass jeder Mensch (zumindest jeder geistig und körperlich gesunde) für sein eigenes Handeln und Tun selbst verantwortlich ist und sich die Konsequenzen daraus stets gefallen lassen muss. Selbst wenn der KI Kants alleine hier zu kurz greift, erscheint mir der philosophische Diskurs darüber aktueller denn je.
Autonomie und Freiheit, die wahrscheinlich größten Errungenschaften unserer westlichen Welt, entbinden (gerade deshalb!) nicht von individueller Verantwortung für die Gesellschaft. Die Abschaffung der Anonymität im Netz würde wahrscheinlich einen kleinen Beitrag zu weniger Shitstorms leisten - einen entscheidenden Schritt weiterbringen würde sie die Gesellschaft respektive Gesellschaften, offline, wie online, allerdings nicht.
Danke, sehr gut gesagt. Ich glaube, wir müssen online Umgangsformen und auch technische Sicherheitsmechanismen entwickeln, die diese individuelle Verantwortung für die Gesellschaft fördern. Es ist aber nicht so, als gäbe es keine Ideen. Das Spannende ist sogar, dass sich derzeit sehr viel tut. Österreich ist nicht das einzige Land, wo genau das diskutiert wird, und vielerorts gibt es spannende Ansätze - siehe auch die Links oben zu den Lösungsansätzen. Ich habe Gefühl, dass dies immer mehr Menschen bewusst wird und auch bewusst wird, dass es hier nicht allein um die Anonymität geht.
ich möchte nur anmerken, dass nicht jeder klarname in facebook dem wirklichen namen des dahinterstehend users entspricht. und die foruminternet explosion 4chan hat schon bewiesen, dass anonymität derbe konsequenzen mit sich bringen kann.
lg,
acjsvgcyhnsakux
Jö, endlich trifft man dich mal wieder! Lieber acjsvgcyhnsakux, ich dachte schon, du hättest dich völlig in die Untiefen des IRC zurückgezogen.
Absolut, vor allem so ein radikales Anonymitätsmodell wie jenes auf 4Chan führt dazu, dass viele User noch enthemmter sind. Das sieht man dort sehr deutlich. Ich warne nur davor, die Anonymität als einzigen Grund für die Enthemmung im Netz zu sehen.
Dass sich manche Lobbyisten für Klarnamen einsetzen, ist nicht verwunderlich. Schließlich geht es dabei auch um WhistleblowerInnen, welche anonym bleiben wollen. Und nichts scheuen manche Lobbyisten mehr als WhistlebloweInnen.
Die Frage ist auch, WARUM sich Rosam für Klarnamen einsetzt. Als Gutmensch ist er ja gerade nicht bekannt oder irre ich mich da?
Warum er das macht, kann ich Ihnen leider auch nicht sagen. Hier zwei interessante Artikel zu Wolfgang Rosam:
http://www.datum.at/artikel/das-meinungskartell/
http://www.datum.at/artikel/der-wolfgang-der-nicht-schweigt/
Was ich noch hinzfügen möchte:
Der Ton wird auch dadurch verschärft, dass man nix zurücknehmen kann, wenn man einfach loslegt. Die Aufzeichnug bleibt sichtbar.
Es gibt keine Editierfunktionen. Bleibt nur eine Entschuldigung, die man anfügt.
Dass keiner der Poster die Frau Brodnig anschrieb geantwortet hat, heißt womöglich, dass den Leuten im Nachhinein nicht ganz wohl zu Mute war.
Gehört am Rande zum Thema:
Das Recht auf Vergessen für alle Foren einforderbar machen ?
Nach ~3 Jahren soll auf Aufforderung gelöscht werden müssen.
Es gibt Für und Wider.
Wäre womöglich bei Sach-Foren schade.
Ich stolpere manchmal über Sachbeiträge von 2006 !
Der Link zu newstatesman funktioniert leider nicht mehr.
Sorry, der Link war falsch. Jetzt sollte es passen. Danke für Hinweis!
Ich find ihre Reaktion grundsätzlich gut. Sie tritt für ihre Meinung ein. Aber: Peinlicherweise ist ihr Text in Interpunktion und Rechtschreibung nicht korrekt. Und das als Unterrichtsministerin. Sorry, aber das find ich doch etwas peinlich. Man kann über die Bundeshymne denken, wie man will, aber sie hätte es besser machen können. Hätte Frau Heimisch-Hosek es besser machen müssen? Naja… Als Unterrichtsministerin???
Inwiefern ist denn die Interpunktion und Rechtschreibung falsch? Weil "vielgerühmtes" groß geschrieben ist? Ich muss gestehen, mir fiel da gar kein Fehler auf, aber natürlich ist das ein bisserl peinlich für die Unterrichtsministerin. Ob man deswegen einen Shitstorm und so viel Aggression verdient? Wohl eher nicht. Aber ich vermute, da sind wir eh einer Meinung..
Natürlich ist es peinlich, aber meiner Meinung nach ist das nicht der Grund des Shitstorms. Die Ministerin hat in ihren Ressorts bis heute absolut nichts weitergebracht. Ganz im Gegenteil: ein ständiges Buckelmachen vor Gewerkschaften und Beamten kennzeichnet ihre Tätigkeit. Und dann stellt sie sich als Oberlehrerin mit einem Tafel zum unwichtigsten Thema hin? Ich verurteile diese Art des Shitstorms, aber auch ich empfinde das als präpotent und abgehoben. Wie sie sicherlich wissen hat diese Ministerien erst vor kurzem eine Genossin vom Rednerpult verwiesen., weil ihr der Inhalt nicht gepasst hat. Wer derart austeilt, muss letztendlich auch einstecken. Oder vielleicht endlich bei wichtigen Themen etwas weiterbringen. So wie die gesamte Regierung überhaupt.
Dass viele enttäuscht sind, weil im Bildungsbereich keine Reformen kommen, glaub ich sofort. Bin mir nur ehrlich gesagt nicht sicher, ob die Wut gegenüber Heinisch-Hosek tatsächlich aufgrund der fehlenden Reformen in ihrem wichtigen Ressort entspringt oder sie da generell der Blitzableiter für die diffuse Wut gegenüber der Regierung ist - womöglich eine Mischung. Hinzu kommt auch noch die ganze Heimatsdebatte, für die die Hymne ein Synonym ist. Bernhard Schindler hat dazu gut gebloggt, siehe http://bernhardschindler.net/hymnen-debatte/
Danke für den Hinweis auf die Szene, in der die Ministerin die junge Genossin zurechtweist! Hier nochmal das Video https://www.youtube.com/watch?v=G-tZR4YH6j8 - ich muss bei diesen Ton immer an die eigene Schulzeit denken. Wirkt echt sehr lehrerhaft!
Ich bin mir sogar sicher, dass diese Wut an die gesamte Regierung gerichtet ist. Und wenn sich wieder nur irgendwie ein kleines Ventil öffnet, wird diese Wut wieder ausbrechen. Trotzdem bin ich mir auch sicher, dass sich der Großteil denkt "Gibt es wirklich nichts Wichtigeres?" Aber genau so arbeitet die Regierung; ablenken wo es nur möglich ist.
Danke übrigens für den Link. Habe mir das schon seit längerem nicht mehr angesehen, GENIAL bleibt der Satz: "..und wie demokratisch wir sind zeigt sich darin, dass wir auch Gäste reden lassen; ich werde mir das noch einmal in den Statuten genau ansehen..."
"... weil im Bildungsbereich keine Reformen kommen" finde ich lieb. Die Grundsatzdebatte (Gesamtschule) wird zwischen ÖVP und SPÖ seit den 1920-er Jahren (!) diskutiert. Ergebnis nach fast hundert Jahen: Nahezu null.
Zweiter Gesichtspunkt: Wenn eine Ministerin ihre Zeit dafür verwendet, andere Menschen "zurechtzuweisen", dann ergibt sich die Frage, ob Sie ihre Prioritäten richtig setzt. Gerade in ihrem Gebiet.
Dritter Gesichtspunkt: Welche Art von Öffentlichkeitsarbeit wird denn in diesem Ministerium gemacht? Hat da niemand ein Gespür dafür, was so ein Bild (Ministerin mit Zeigefinger auf die rot markierte Textstelle der Hymne) auslösen wird? Ich war entsetzt, als ich das Bild gesehen habe...
"Vielgerühmtes" ist deshalb groß geschrieben, da es sich hier um "Lyrics" bzw. ein Versmaß handelt, denke ich.
Ich denke auch, dass die Großschreibung hier im Zusammenhang damit steht, dass der Text der Hymne in Versform geschrieben ist. Diese Art der Schreibung ist mittlerweile etwas aus der Mode, daher wirkt sie wahrscheinlich auffällig.
Stimmt, gute Erklärung!
ich diskutiere nicht deshalb nicht mit, weil ich angst vor kritik hätte, sondern weil das niveau (oft) deratig tief ist, daß ich keine lust habe darauf zu antworten und es tlw. auch nicht möglich ist. was habe ich David R. mit sei´m “Halt doch s maul he”, schon zu sagen?
Mir wär spontan: "Sei ein Gentleman und geh' mit gutem Beispiel voran!" eingefallen.
Aber ja, wie heißt's so schön: Streite Dich nie mit Idioten. Die ziehen Dich auf ihr Niveau herunter und schlagen Dich dann mit Erfahrung…
Das Problem ist leider, dass genau durch diesen harten Ton oftmals jene Stimmen verstummen, die eben nachdenklicher oder etwas leiser wären. Und das führt mitunter dazu, dass man online meist jene hört, die hauptsächlich schreien. Ein Beispiel: Manche User posten in Zeitungsforen einmal, weil sie nur eine Sache zum Sagen haben, nur einen Gedanken beisteuern wollen. Manche posten hundert Mal, und weil in den meisten Foren der neueste Beitrag immer der oberste ist, sieht man zuerst diese lauten Stimmen - und die weniger lauten findet man mitunter gar nicht, weil sie erst an Stelle 371 im Forum (also total vergraben) sind
Imho wird in die Sache zu viel hineininterpretiert: Wir leben in einer Zeit, in der bestimmte Arbeitsgruppen immer mehr buckeln müssen, damit am Ende trotzdem weniger übrig bleibt. Die Menschen kochen innerlich und der Zorn wird eben abgelassen, wenn "die da oben" solche lächerlichen Aktionen abziehen, anstatt endlich mal richtige Brocken anzupacken. Und ja, sicher ist das ein Problem, allerdings nicht, wie es hier im Fazit erwähnt wird. Meine Sorge ist, dass sich die Shitstorms eines Tages (und ich rechne damit, dass das in sehr naher Zukunft sein wird) auf die Straße verlegen werden und wir Ukraine-ähnliche Zustände haben werden...
Muss gestehen, das glaube ich nicht. Erstens ist die Situation in der Ukraine kaum mit der unseren vergleichbar, auch wenn viele sicher unzufrieden sind. Und zweitens, glaube ich, sieht man da eine Wut, die es womöglich auch schon früher gab - nur wurde sie halt in kleineren Kreisen geäußert, am Stammtisch, beim Abendessen, im Büro. Die große Veränderung ist, dass das Netz all dies sichtbar macht. Und hinzu kommt, dass im Netz viele Schranken wegfallen, die dazu führen, dass sich Menschen eine Spur freundlicher verhalten. Also zum Beispiel der Augenkontakt oder unmittelbares Feedback von Menschen, die einem wichtig sind. Über dieses Thema schreibe ich sehr oft: https://www.brodnig.org/2014/05/14/wo-die-meinungsmutigen-irren/
Wie ich schon bei der Recherche zu meinem profil-Artikel zu Conchita Wurst erfahren habe, kommen (und kamen) auch hier die meisten antifeministschen Hasspostings aus der zweiten und dritten Generation Migranten (also inzwischen auch österr. Staatsbürger). Das stellt die Integration in Frage und derart die Integrationspoltik..
Danke für den Hinweis - war ein spannender Text im Profil, auch weil man sah, dass eben viele das tatsächlich unter ihrem Klarnamen posten. Bzgl. den Migranten: Bin mir nicht sicher, ob das auf die Antifeministen tatsächlich zutrifft, vielen haben typisch österreichisch klingende Namen. Dieser Streit um die Hymne ist zu einem gewissen Grad auch eine Debatte rund um den Heimatsbegriff, siehe auch: http://bernhardschindler.net/hymnen-debatte/
Aber zur Profil-Geschichte zurück: Das war sehr interessant, das ziemlich viele Österreicher zweiter Generation anscheinend Probleme mit Conchita Wurst hatten. Die Frage, inwiefern Homophobie tatsächlich in manchen Migrantengruppen stark verbreitet ist, ist also wohl berechtigt. Gerade bei solchen (schwierigen) Integrationsthemen findet die österreichische Politik leider keinen passenden Umgang. Dazu ein super Text aus der Wiener Zeitung: http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/oesterreich/politik/556468_Augen-zu-und-durch.html