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betreff: “dein mord”

Ein Fall von Online-Stalking wirft die Frage auf: Nimmt die Staatsanwaltschaft Drohungen, die per E-Mail gesendet werden, ernst genug?

Seit mehr als einem Jahr liegt ein Schatten über ihrem Leben. Ruft Sabine Karner* in der Früh ihre E-Mails ab, fürchtet sie, erneut eine Morddrohung oder eine obszöne Nachricht vorzufinden. Regelmäßig muss die 26-Jährige ihren eigenen Namen googeln, um zu überprüfen, ob schon wieder Beschimpfungen oder rufschädigende Kommentare über sie verbreitet wurden. Geht man auf die Website der Wiener Grafikdesignerin, findet man dort einen Warnhinweis: Sie werde seit Monaten von einer psychisch kranken Person verfolgt und bedroht, die auch in ihrem Namen seltsame Nachrichten verschicke. Sabine Karner hat Angst um ihr Leben.

Ihr Problem ist: Die Staatsanwaltschaft Wien sieht diesen Fall nicht so brenzlig, sondern hat das Verfahren gegen den mutmaßlichen Stalker Christian S. eingestellt. Es geht hier auch um eine juristische Grundsatzfrage: Wie ernst sind gefährliche Drohungen zu nehmen, die ausschließlich über das Internet erfolgen?

Am 18. Oktober 2014 erhielt Sabine Karner beispielsweise eine E-Mail mit dem Betreff “hammermord”. Darin stand: “ich warte vor deiner haustür und schlage mit meinem hammer in dein gesicht herein.” Oder, am selben Tag: “erst reiß ich dich an deinen haaren zu boden, dann springe ich auf deinen hals, bis du nicht mehr atmest (…).” Der Betreff dieser E-Mail lautet: “dein mord”.

Die Staatsanwaltschaft Wien wertete diese E-Mails nicht als Morddrohung im strengen strafrechtlichen Sinne. Als er das Verfahren einstellte, schrieb der zuständige Staatsanwalt Andreas Mugler: “Die Tathandlungen sind im Hinblick darauf, dass die Drohungen ‘bloß’ per E-Mail vorgenommen wurden, nicht nach (…) § 107 Abs 1 und 2 StGB zu qualifizieren.”

Im Grunde bedeutet der Satz: Eine Morddrohung, die nur per E-Mail erfolgt, kann gar nicht als Morddrohung eingestuft werden. Doch diese Rechtsauslegung der Staatsanwaltschaft Wien ist umstritten. Recherchen von profil führten dazu, dass dieser Fall nun sogar Thema im Justizministerium ist.

Christian S. soll laut Gerichtsakt immer wieder bedrohliche Nachrichten per E-Mail und Facebook verschickt haben. In den gesammelten Schriftstücken kommt häufig das Wort “Mord” oder mitunter auch “mordmordmord” vor. Gegen den Wiener, Mitte 20, arbeitslos, brachten bereits einigen Personen Anzeigen ein – das reicht vom eigenen Bruder über Sabine Karner, die dem Freundeskreis des Bruders angehört, bis hin zu Personen, die den Verdächtigen angeblich noch nie persönlich getroffen haben, aber beruflich oder privat Sabine Karner kennen. “Aufgrund der verwirrten Aussagen und des Verhaltens von S. habe ich sehr große Angst um Sabine Karner und um mein Leben”, steht in einer der Anzeigen aus dem Bekanntenkreis.

Ende des vergangenen Jahres spitzte sich die Lage zu: Die Anzeigen häuften sich, einmal soll Christian S. sogar am Arbeitsplatz von Sabine Karner aufgekreuzt sein, sie war jedoch zum Glück nicht vor Ort. Schließlich kam Christian S. Anfang Jänner für zwei Wochen in Untersuchungshaft und wurde mittlerweile für zurechnungsunfähig erklärt.

Aus einem psychiatrisch-neurologischen Gutachten, das die Staatsanwaltschaft anordnete, geht hervor, dass der junge Mann angeblich unter einer “wahnhaften Störung” leidet.

Er selbst, dies wird in dem Gutachten deutlich, sieht sich hingegen als Opfer – von seinem Bruder, von Bekannten, von ehemaligen Freunden. Seine Welt, so scheint es offensichtlich, ist bevölkert von Menschen, die ihm Böses wollen. Der gerichtliche Sachverständige spricht von einer “akuten Wahnsymptomatik” und hegt Zweifel an den Schilderungen von Christian S.

In Fällen wie diesem ist es zu simpel, den Opfern zu raten, sie mögen das Internet meiden oder ihren mutmaßlichen Stalker auf Facebook blockieren. Einige der Betroffenen sind Künstler und nutzen Facebook zur Ankündigung ihrer Veranstaltungen. Sie können nicht einfach auf diese Plattform verzichten – stattdessen, so erzählen sie, würden sie sehr viel Zeit damit verbringen, bedrohliche Kommentare für die Polizei zu dokumentieren und dann auszublenden. Auch das Blockieren von verdächtigen Accounts nütze nichts, für jedes gesperrte Facebook-Profil käme ein neues.

Dass der Beschuldigte als zurechnungsunfähig gilt, macht den Fall wesentlich komplexer. Bei zurechnungsunfähigen Verdächtigen hat die Justiz einen kleineren Spielraum – auf der Route des Strafrechts gibt es hier lediglich zwei mögliche Ausfahrten. Exit 1: Nichts passiert strafrechtlich, selbst wenn Christian S. weiterhin mutmaßliche Drohungen versenden sollte. Exit 2: Christian S. muss in den Maßnahmenvollzug – würde dabei auf unbestimmte Zeit in eine Anstalt eingeliefert. Szenario 2 zeigt einmal mehr, wie starr und streng das österreichische Rechtssystem gerade bei zurechnungsunfähigen Tätern ist.

Die Staatsanwaltschaft schlägt bisher die erste Route ein, qualifiziert die E-Mails nicht als gefährliche Drohung und stellte somit im März das Verfahren ein.

“Ich muss theoretisch warten, bis Christian S. mit einem Messer vor mir steht. Erst dann passiert rechtlich etwas”, sagt Sabine Karner. Sie habe zwar zivilrechtlich eine Einstweilige Verfügung bewirkt, diese nütze aber nichts. Der Beschuldigte schreibe ihr und einigen Freunden weiterhin beunruhigende Nachrichten, selbst wenn dafür Geldstrafen drohen. Sabine Karner und zwei weitere Betroffene haben das Gefühl, die Staatsanwaltschaft Wien würde ihr Unbehagen nicht ernst genug nehmen.

Dabei ist die Gesetzeslage gar nicht so eindeutig, wie die Staatsanwaltschaft Wien dies darstellt. “Über welches Medium jemand eine Drohung formuliert, ist nicht das Entscheidende. Eine gefährliche Drohung kann sowohl mündlich als auch per E-Mail erfolgen. Und man muss als Opfer nicht unbedingt warten, bis jemand mit einer Waffe vor einem steht”, meint der Rechtsanwalt Michael Pilz, der an Fällen von Cyberstalking und Online-Drohungen arbeitet.

Im Fall Christian S. könnte es doch noch zu einer Wendung kommen: Anfragen von profil führten dazu, dass das Justizministerium aktiv wird und das Verfahren selbst prüfen will, speziell im Hinblick darauf, ob angemessen auf Online-Drohungen reagiert wurde. Dieses Thema ist ein Anliegen von Justizminister Wolfgang Brandstetter – er setzt sich schon länger gegen Cybermobbing ein.

In dem Fall geht es nicht nur um die Zukunft von Betroffenen wie Sabine Karner oder des Beschuldigten Christian S., die über einen dicken Gerichtsakt sowie viele Bits und Bytes miteinander verbunden sind. Relevant ist diese Causa auch deswegen, weil sie ein Gradmesser ist, wie die Justiz ihre Rechtsprechung auf das digitale Zeitalter umlegt. In dem Beleidigungen und Bedrohungen recht virtuell erscheinen mögen – aber dann doch reale Auswirkungen haben.

 

Dieser Artikel erschien in “profil” (Ausgabe 19/15).

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  • Es scheint doch eine ähnliche Situation wie in einer realen Gruppe zu bestehen: wenn jemand sagt "Leitln DER Ton muss aber net sein", bewirkt es allein noch keine Änderung, wenn es mehrere werden, wirkts dann doch.

    Aber die Inhaber tun so, als wären sie vollkommen machtlos dem Gerülpse ausgeliefert. Herzlichen Dank für den "Weckruf".

    • Ich glaube, dass viele Menschen (mich eingeschlossen!) oftmals den Fehler machen, sich von der Unmittelbarkeit und der Synchronität des Internets bzw. von Online-Medien dazu hinreißen zu lassen, Gedanken aus einer ersten Emotion heraus ungefiltert und unüberlegt preiszugeben (das mag auf den ersten Blick ein klassisches "Henne-Ei-Problem" sein - das es das nicht ist, versuche ich ganz unten zu argumentieren).

      Neben der Diskussion darüber, wie wir mit der Anonymität im Netz umgehen, brauchen wir, wie Sie völlig richtig schreiben, eine Diskussion darüber, wie Menschen dazu gebracht werden können, konstruktiv-kritsche Postings zu verfassen, ohne beleidigend zu werden und einen Diskurs darüber, welche Rolle die Medien in diesem Prozess spielen (wollen).

      Noch viel stärker, und das ist wahrlich kein Thema der sozialen Medien alleine, müssen wir uns jedoch vergegenwärtigen, dass jeder Mensch (zumindest jeder geistig und körperlich gesunde) für sein eigenes Handeln und Tun selbst verantwortlich ist und sich die Konsequenzen daraus stets gefallen lassen muss. Selbst wenn der KI Kants alleine hier zu kurz greift, erscheint mir der philosophische Diskurs darüber aktueller denn je.

      Autonomie und Freiheit, die wahrscheinlich größten Errungenschaften unserer westlichen Welt, entbinden (gerade deshalb!) nicht von individueller Verantwortung für die Gesellschaft. Die Abschaffung der Anonymität im Netz würde wahrscheinlich einen kleinen Beitrag zu weniger Shitstorms leisten - einen entscheidenden Schritt weiterbringen würde sie die Gesellschaft respektive Gesellschaften, offline, wie online, allerdings nicht.

      • Danke, sehr gut gesagt. Ich glaube, wir müssen online Umgangsformen und auch technische Sicherheitsmechanismen entwickeln, die diese individuelle Verantwortung für die Gesellschaft fördern. Es ist aber nicht so, als gäbe es keine Ideen. Das Spannende ist sogar, dass sich derzeit sehr viel tut. Österreich ist nicht das einzige Land, wo genau das diskutiert wird, und vielerorts gibt es spannende Ansätze - siehe auch die Links oben zu den Lösungsansätzen. Ich habe Gefühl, dass dies immer mehr Menschen bewusst wird und auch bewusst wird, dass es hier nicht allein um die Anonymität geht.

  • ich möchte nur anmerken, dass nicht jeder klarname in facebook dem wirklichen namen des dahinterstehend users entspricht. und die foruminternet explosion 4chan hat schon bewiesen, dass anonymität derbe konsequenzen mit sich bringen kann.
    lg,
    acjsvgcyhnsakux

    • Jö, endlich trifft man dich mal wieder! Lieber acjsvgcyhnsakux, ich dachte schon, du hättest dich völlig in die Untiefen des IRC zurückgezogen.

    • Absolut, vor allem so ein radikales Anonymitätsmodell wie jenes auf 4Chan führt dazu, dass viele User noch enthemmter sind. Das sieht man dort sehr deutlich. Ich warne nur davor, die Anonymität als einzigen Grund für die Enthemmung im Netz zu sehen.

  • Dass sich manche Lobbyisten für Klarnamen einsetzen, ist nicht verwunderlich. Schließlich geht es dabei auch um WhistleblowerInnen, welche anonym bleiben wollen. Und nichts scheuen manche Lobbyisten mehr als WhistlebloweInnen.

  • Die Frage ist auch, WARUM sich Rosam für Klarnamen einsetzt. Als Gutmensch ist er ja gerade nicht bekannt oder irre ich mich da?

  • Was ich noch hinzfügen möchte:

    Der Ton wird auch dadurch verschärft, dass man nix zurücknehmen kann, wenn man einfach loslegt. Die Aufzeichnug bleibt sichtbar.
    Es gibt keine Editierfunktionen. Bleibt nur eine Entschuldigung, die man anfügt.

    Dass keiner der Poster die Frau Brodnig anschrieb geantwortet hat, heißt womöglich, dass den Leuten im Nachhinein nicht ganz wohl zu Mute war.

    Gehört am Rande zum Thema:
    Das Recht auf Vergessen für alle Foren einforderbar machen ?
    Nach ~3 Jahren soll auf Aufforderung gelöscht werden müssen.
    Es gibt Für und Wider.
    Wäre womöglich bei Sach-Foren schade.
    Ich stolpere manchmal über Sachbeiträge von 2006 !

    • Sorry, der Link war falsch. Jetzt sollte es passen. Danke für Hinweis!

  • Ich find ihre Reaktion grundsätzlich gut. Sie tritt für ihre Meinung ein. Aber: Peinlicherweise ist ihr Text in Interpunktion und Rechtschreibung nicht korrekt. Und das als Unterrichtsministerin. Sorry, aber das find ich doch etwas peinlich. Man kann über die Bundeshymne denken, wie man will, aber sie hätte es besser machen können. Hätte Frau Heimisch-Hosek es besser machen müssen? Naja… Als Unterrichtsministerin???

    • Inwiefern ist denn die Interpunktion und Rechtschreibung falsch? Weil "vielgerühmtes" groß geschrieben ist? Ich muss gestehen, mir fiel da gar kein Fehler auf, aber natürlich ist das ein bisserl peinlich für die Unterrichtsministerin. Ob man deswegen einen Shitstorm und so viel Aggression verdient? Wohl eher nicht. Aber ich vermute, da sind wir eh einer Meinung..

      • Natürlich ist es peinlich, aber meiner Meinung nach ist das nicht der Grund des Shitstorms. Die Ministerin hat in ihren Ressorts bis heute absolut nichts weitergebracht. Ganz im Gegenteil: ein ständiges Buckelmachen vor Gewerkschaften und Beamten kennzeichnet ihre Tätigkeit. Und dann stellt sie sich als Oberlehrerin mit einem Tafel zum unwichtigsten Thema hin? Ich verurteile diese Art des Shitstorms, aber auch ich empfinde das als präpotent und abgehoben. Wie sie sicherlich wissen hat diese Ministerien erst vor kurzem eine Genossin vom Rednerpult verwiesen., weil ihr der Inhalt nicht gepasst hat. Wer derart austeilt, muss letztendlich auch einstecken. Oder vielleicht endlich bei wichtigen Themen etwas weiterbringen. So wie die gesamte Regierung überhaupt.

        • Dass viele enttäuscht sind, weil im Bildungsbereich keine Reformen kommen, glaub ich sofort. Bin mir nur ehrlich gesagt nicht sicher, ob die Wut gegenüber Heinisch-Hosek tatsächlich aufgrund der fehlenden Reformen in ihrem wichtigen Ressort entspringt oder sie da generell der Blitzableiter für die diffuse Wut gegenüber der Regierung ist - womöglich eine Mischung. Hinzu kommt auch noch die ganze Heimatsdebatte, für die die Hymne ein Synonym ist. Bernhard Schindler hat dazu gut gebloggt, siehe http://bernhardschindler.net/hymnen-debatte/

          Danke für den Hinweis auf die Szene, in der die Ministerin die junge Genossin zurechtweist! Hier nochmal das Video https://www.youtube.com/watch?v=G-tZR4YH6j8 - ich muss bei diesen Ton immer an die eigene Schulzeit denken. Wirkt echt sehr lehrerhaft!

          • Ich bin mir sogar sicher, dass diese Wut an die gesamte Regierung gerichtet ist. Und wenn sich wieder nur irgendwie ein kleines Ventil öffnet, wird diese Wut wieder ausbrechen. Trotzdem bin ich mir auch sicher, dass sich der Großteil denkt "Gibt es wirklich nichts Wichtigeres?" Aber genau so arbeitet die Regierung; ablenken wo es nur möglich ist.

            Danke übrigens für den Link. Habe mir das schon seit längerem nicht mehr angesehen, GENIAL bleibt der Satz: "..und wie demokratisch wir sind zeigt sich darin, dass wir auch Gäste reden lassen; ich werde mir das noch einmal in den Statuten genau ansehen..."

          • "... weil im Bildungsbereich keine Reformen kommen" finde ich lieb. Die Grundsatzdebatte (Gesamtschule) wird zwischen ÖVP und SPÖ seit den 1920-er Jahren (!) diskutiert. Ergebnis nach fast hundert Jahen: Nahezu null.

            Zweiter Gesichtspunkt: Wenn eine Ministerin ihre Zeit dafür verwendet, andere Menschen "zurechtzuweisen", dann ergibt sich die Frage, ob Sie ihre Prioritäten richtig setzt. Gerade in ihrem Gebiet.

            Dritter Gesichtspunkt: Welche Art von Öffentlichkeitsarbeit wird denn in diesem Ministerium gemacht? Hat da niemand ein Gespür dafür, was so ein Bild (Ministerin mit Zeigefinger auf die rot markierte Textstelle der Hymne) auslösen wird? Ich war entsetzt, als ich das Bild gesehen habe...

    • "Vielgerühmtes" ist deshalb groß geschrieben, da es sich hier um "Lyrics" bzw. ein Versmaß handelt, denke ich.

      • Ich denke auch, dass die Großschreibung hier im Zusammenhang damit steht, dass der Text der Hymne in Versform geschrieben ist. Diese Art der Schreibung ist mittlerweile etwas aus der Mode, daher wirkt sie wahrscheinlich auffällig.

  • ich diskutiere nicht deshalb nicht mit, weil ich angst vor kritik hätte, sondern weil das niveau (oft) deratig tief ist, daß ich keine lust habe darauf zu antworten und es tlw. auch nicht möglich ist. was habe ich David R. mit sei´m “Halt doch s maul he”, schon zu sagen?

    • Mir wär spontan: "Sei ein Gentleman und geh' mit gutem Beispiel voran!" eingefallen.
      Aber ja, wie heißt's so schön: Streite Dich nie mit Idioten. Die ziehen Dich auf ihr Niveau herunter und schlagen Dich dann mit Erfahrung…

      • Das Problem ist leider, dass genau durch diesen harten Ton oftmals jene Stimmen verstummen, die eben nachdenklicher oder etwas leiser wären. Und das führt mitunter dazu, dass man online meist jene hört, die hauptsächlich schreien. Ein Beispiel: Manche User posten in Zeitungsforen einmal, weil sie nur eine Sache zum Sagen haben, nur einen Gedanken beisteuern wollen. Manche posten hundert Mal, und weil in den meisten Foren der neueste Beitrag immer der oberste ist, sieht man zuerst diese lauten Stimmen - und die weniger lauten findet man mitunter gar nicht, weil sie erst an Stelle 371 im Forum (also total vergraben) sind

  • Imho wird in die Sache zu viel hineininterpretiert: Wir leben in einer Zeit, in der bestimmte Arbeitsgruppen immer mehr buckeln müssen, damit am Ende trotzdem weniger übrig bleibt. Die Menschen kochen innerlich und der Zorn wird eben abgelassen, wenn "die da oben" solche lächerlichen Aktionen abziehen, anstatt endlich mal richtige Brocken anzupacken. Und ja, sicher ist das ein Problem, allerdings nicht, wie es hier im Fazit erwähnt wird. Meine Sorge ist, dass sich die Shitstorms eines Tages (und ich rechne damit, dass das in sehr naher Zukunft sein wird) auf die Straße verlegen werden und wir Ukraine-ähnliche Zustände haben werden...

    • Muss gestehen, das glaube ich nicht. Erstens ist die Situation in der Ukraine kaum mit der unseren vergleichbar, auch wenn viele sicher unzufrieden sind. Und zweitens, glaube ich, sieht man da eine Wut, die es womöglich auch schon früher gab - nur wurde sie halt in kleineren Kreisen geäußert, am Stammtisch, beim Abendessen, im Büro. Die große Veränderung ist, dass das Netz all dies sichtbar macht. Und hinzu kommt, dass im Netz viele Schranken wegfallen, die dazu führen, dass sich Menschen eine Spur freundlicher verhalten. Also zum Beispiel der Augenkontakt oder unmittelbares Feedback von Menschen, die einem wichtig sind. Über dieses Thema schreibe ich sehr oft: https://www.brodnig.org/2014/05/14/wo-die-meinungsmutigen-irren/

  • Wie ich schon bei der Recherche zu meinem profil-Artikel zu Conchita Wurst erfahren habe, kommen (und kamen) auch hier die meisten antifeministschen Hasspostings aus der zweiten und dritten Generation Migranten (also inzwischen auch österr. Staatsbürger). Das stellt die Integration in Frage und derart die Integrationspoltik..

    • Danke für den Hinweis - war ein spannender Text im Profil, auch weil man sah, dass eben viele das tatsächlich unter ihrem Klarnamen posten. Bzgl. den Migranten: Bin mir nicht sicher, ob das auf die Antifeministen tatsächlich zutrifft, vielen haben typisch österreichisch klingende Namen. Dieser Streit um die Hymne ist zu einem gewissen Grad auch eine Debatte rund um den Heimatsbegriff, siehe auch: http://bernhardschindler.net/hymnen-debatte/

      Aber zur Profil-Geschichte zurück: Das war sehr interessant, das ziemlich viele Österreicher zweiter Generation anscheinend Probleme mit Conchita Wurst hatten. Die Frage, inwiefern Homophobie tatsächlich in manchen Migrantengruppen stark verbreitet ist, ist also wohl berechtigt. Gerade bei solchen (schwierigen) Integrationsthemen findet die österreichische Politik leider keinen passenden Umgang. Dazu ein super Text aus der Wiener Zeitung: http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/oesterreich/politik/556468_Augen-zu-und-durch.html

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