“Ich lass mir von der Krankheit nicht den Tag verscheißen”
Aufdeckerjournalist Kurt Kuch schrieb auf Facebook über seinen Krebs. Nun ist er metastasenfrei. Ein Gespräch über Krankheit als Tabu und Unterstützung via Social Media
“Ich kann nicht von allen Transparenz einfordern und mich selber ins Schneckenhaus zurückziehen.” Mit diesen Worten erklärt der Aufdeckerjournalist Kurt Kuch, warum er seine Krebserkrankung von Beginn an öffentlich machte und mit Tausenden auf Facebook und Twitter teilte. Mittlerweile gibt es gute Nachrichten für den stellvertretenden Chefredakteur von News: Kuch wurde vergangenen Freitag aus dem LKH Graz entlassen und ist krebs-und metastasenfrei. Er erzählt über seine Erlebnisse.
Falter: Herr Kuch, Sie wurden am Freitag aus dem Krankenhaus entlassen. Hunderten Menschen hat das auf Facebook “gefallen”. Wie geht es Ihnen mit so viel Zuspruch im Netz?
Kurt Kuch: Das gab mir zwischendurch sehr viel Kraft. Als ich neulich postete, dass ich entlassen werde, drückten 2290 Leute auf “Gefällt mir”. Das waren in etwa so viele, wie ganz am Anfang, als ich meine Diagnose bekanntgab. Ich habe damals sehr gründlich darüber nachgedacht, ob ich das machen soll. Zum Beispiel sprach ich mit dem Grünen-Politiker Karl Öllinger, der auch seinen Krebs öffentlich machte. Zusätzlich holte ich mir psychologische Hilfe. Da ging es auch stark um die Frage: Wie geht es den Menschen um mich herum mit meiner Diagnose? Das Allerwichtigste war, ganz offen zu meiner Tochter zu sein. Ich schilderte ihr das nicht in den dunkelsten Farben, aber sagte klar, was Sache ist. Erst als ich sah, wie sie damit umgeht, habe ich es öffentlich gemacht. Das wollte ich noch abwarten.
Sie haben also auch mit Ihrer Familie abgesprochen, dass Sie das öffentlich machen?
Kuch: Ja. Die kennen mich, die wussten schon, dass das kommt. Ich kann nicht von allen absolute Transparenz einfordern, und wenn’s um mich selber geht, dann ist Schluss, dann zieh ich mich ins Schneckenhaus zurück. Als ich ins Krankenhaus kam, erhielt ich jeden Tag Anrufe: “Warum bist net im Büro?” Ein Informant nach dem anderen meldete sich. Und ich hab mich gefragt, was mach ich jetzt? Ich habe 4500 Kontakte ich meinem Handy, ich kann nicht jedem Einzelnen sagen: “Du, ich fall jetzt ein halbes Jahr aus und auch das nur, wenn’s gut geht.” Also habe ich es über Facebook und Twitter gemacht und mir gedacht, das spricht sich schon rum.
Haben Sie mit so viel Zuspruch gerechnet?
Kuch: Nein. Das Extremste war das Video aller österreichischen Fernsehstationen. Da hatte ich gerade meine dritte oder vierte Chemo und einen Hänger. Ich war allein im Spital, meine Frau war schon heimgefahren, meine Chemo begann gerade. Dann kam eine SMS von Corinna Milborn von Puls 4: “Du, schau mal auf deine Facebook-Seite.” Dort war dann dieses Video, in dem mir die Mitarbeiter der Fernsehstationen alles Gute wünschen. Also da habe ich mit den Tränen gekämpft. Das hat mich mehr berührt als die Diagnose selbst.
Echt?
Kuch: Ja, das war einfach super und in dem Moment ein unglaublicher Energieschub. Da hat man das Gefühl: Man hat net alles falsch gemacht im Leben.
Die Postings geben Ihnen also das Gefühl, dass Sie den Leuten nicht ganz wurscht sind?
Kuch: Sie geben mir Energie. Ich habe mir auch überlegt: Was machst, wenn das Ganze schiefgeht? Ich bin jetzt tumorfrei, habe aber einen ziemlich blöden Tumor, der mit extrem großer Wahrscheinlichkeit wiederkommt. Aber ich beschloss: Ich mach das, ich red drüber, aus, fertig. Der Zuspruch war gewaltig, bis auf eine einzige negative Ausnahme. Einer hat mir geschrieben: Das passt schon, wenn ich verreck. Aber was soll’s. Ich habe knapp 5000 sogenannte Freunde auf Facebook und 10.000 Follower auf Twitter. Wenn ein Idiot dabei ist: So what? Wäre ja ein Wunder, wäre keiner dabei.
Sie reden von “sogenannten” Freunden auf Facebook: Inwiefern sind Sie da auch Projektionsfläche?
Kuch: Klar bin ich Projektionsfläche, ich verwechsle das nicht. Das ist nicht alles auf mich bezogen. Meine Postings berühren wohl auch deshalb sehr viele Menschen, weil sie diese plötzlich mit der eigenen Endlichkeit konfrontieren. Da bin ich so ein bisserl Symbolfigur dafür. Aber nichtsdestotrotz gab mir das unendlich viel Kraft.
Sie sagen, Sie haben auch mit dem Grünen-Politiker Karl Öllinger im Vorfeld geredet. Worüber denn?
Kuch: Ich habe ihn nach seinen Erfahrungen gefragt, wie es war, als er den Krebs öffentlich machte. Er empfahl mir: Mach’s, aber mach’s nicht zu detailliert. Auch Nationalratspräsidentin Barbara Prammer hat nicht öffentlich gesagt, was für eine Art von Krebs es ist. Bei mir hingegen war es relativ offensichtlich. Jeder wusste: Der Kuch hat drei Schachteln Marlboro am Tag geraucht. Na, welcher Krebs wird’s sein? Aber ich hab nie genau gesagt, welche Form von Tumor ich habe. Nur so viel gebe ich bekannt: Rein statistisch überleben das zwei Prozent. Ich ignorier diese Zahl und denk mir, meine Chance ist 50/50. Entweder ich überleb’s, oder ich überleb’s nicht. Ich lass mir von der Krankheit nicht den Tag verscheißen.
Warum sagen Sie denn nicht genau, welche Art von Tumor es ist?
Kuch: Je konkreter ich geworden bin, desto mehr Ratschläge kamen, was ich tun soll: israelische Lungenspritzen, steirische Schamanin, irgendein Wunderheiler in Salzburg. Aber das interessiert mich nicht. Erstens glaub ich nicht daran, dass das funktioniert. Wären die Erfolge reproduzierbar, wäre es Schulmedizin. Zweitens will ich mich nicht ständig fragen müssen: Soll ich das noch machen? Und das, und das? Ich will mich da nicht wahnsinnig machen lassen. Aber ich hab mit meiner Schwester, die ist Oberärztin, einen Deal: Wenn schulmedizinisch nix mehr weitergeht, dann sagt sie es mir. Dann kann ich hinlaufen, wo ich will -zur Schamanin, zum Wunderheiler, egal.
Sie haben einen extrem toughen und ermutigenden Zugang. Mussten Sie daran arbeiten?
Kuch: Ich bin überzeugt, dass ich nie metastasenfrei geworden wäre, hätte ich nicht zu hundert Prozent nach vorn geschaut. Ich glaube: In dem Moment, wo du dich fallenlässt und dich selbst bedauerst, hat dich der Krebs. Dann ist klar, wie das Match ausgeht. So positiv bin ich auch wegen der psychologischen Hilfe. Der Psychiater hat mir geholfen, mich an Situationen zu erinnern, wo ich komplett unten war. Etwa an die Trennung von der ersten Freundin, also Momente, wo man komplett im Eck ist. Er half mir, mich zu erinnern, wie ich mich da selber wieder hinaufgewurschtelt hab. Und wenn man das einmal verinnerlicht hat, merkt man: Die Diagnose kann einen nicht den Boden unter den Füßen wegziehen, das kann man nur sich selbst. Wenn man das realisiert hat, kriegt man so eine Jetzt-erstrecht-Mentalität. Am Anfang hat es richtig scheiße ausgeschaut. Mein Tumor hatte zehn bis elf Zentimeter Durchmesser, ich hatte Metastasen in den Knochen, in der Lunge, in den Lymphknoten. Da kannst du nur sagen, da zielen wir jetzt großkalibrig drauf, und es gibt nur einen Weg: Die Sache geht gut aus. Und es ist gut gegangen.
Sie hatten in den letzten Jahren sicher einen stressigen Job als stellvertretender Chefredakteur und Innenpolitikchef bei News. Denken Sie nun anders über den Beruf?
Kuch: Ja. Neulich war Emil Bobi da, der frühere Chefreporter von Profil. Ich hab ihm erzählt, dass mich im nächsten Monat keiner sieht. Zuerst flieg ich nach London, dann nach Florida, dann in die Karibik. Er wollte wissen: Was machst du in der Karibik? Meine Antwort: “Hummer fressen.” Da sagte er, das sollte ich auch zu meinem Leitsatz im Beruf machen und nimmer jeder kleinen Pipifax-Geschichte hinterherlaufen, denn das reibt einen nur auf. Lieber zwei-, dreimal im Jahr die großen Geschichten machen, sozusagen die Schmankerln. Keine Ahnung, ob das geht, meine These war immer, von den kleinen Geschichten kommt man zu den großen. Aber ich werde es probieren -weil die Zeit, die man zur Verfügung hat, ist enden wollend. Auch wenn ich überzeugt bin, ich habe noch Jahre.
Sollten viel mehr Menschen Ihren Weg einschlagen und öffentlich über die eigene Krankheit reden? Oder muss man dafür ein spezieller Typ sein?
Kuch: Das ist hochgradig individuell, so wie Krebs hochgradig individuell ist. Ähnlich ist es auch mit der Frage, ob man gleich wieder arbeiten soll. Manche flüchten sich regelrecht in die Arbeit, weil sie ihren Alltag zurückhaben und zumindest für ein paar Stunden nicht an die Krankheit denken wollen. Da muss jeder seinen Weg finden. Aber eines ist mir wichtig: dass man das enttabuisiert. Ich hab auch Mails von Kolleginnen und Kollegen bekommen, die Krebs hatten, die es geschafft haben, aber nie darüber redeten. Und die schrieben mir: “Um Himmels willen, warum machst du das bekannt? Krebs ist wie Konkurs.” Sozusagen: Du bist wahnsinnig, darüber redet man nicht. Ich sehe das anders: Das ist nur eine Krankheit, das muss man enttabuisieren.
Geht es Ihnen auch darum, Herr Ihrer eigenen Erzählung zu sein, also selbst zu bestimmen, wie man mit so einer Situation umgeht?
Kuch: Nein. Darum geht’s mir eher bei der Auseinandersetzung mit dem Krebs selber. Da will ich die Kontrolle haben. Das beste Beispiel sind die Haare. Es hieß, nach der zweiten oder dritten Chemo krieg ich großflächig Haarausfall. Das wollt ich erstens nicht, das baut mich nicht auf, wenn ich aufstehe und meine Haare bleiben liegen. Und zweitens missfiel mir der Gedanke, dass ich ins Spital fahre, mich von meiner Tochter verabschiede, die jetzt bald zwölf wird, und fünf Tage später heimkomme und ausschaue wie der Onkel vom Mars ohne Haare oder nur mit Haarresten am Kopf. Also haben wir eine Friseurin zu uns heimbestellt, meine Tochter hat Fotos gemacht, und das Schönste war: Am Ende hat sie uns mit drei Bandanas überrascht, eines für mich, eines für meine Frau und eines für sie. Die Tücher haben wir uns gemeinsam aufgesetzt und das Foto davon online gestellt, da gab’s auch über 1000 Likes. Dieser Moment hat mir richtig viel Kraft gegeben. Es bringt einfach mehr, alle Beteiligten miteinzubinden und zu verhindern, dass der Krebs die Kontrolle gewinnt. Die Kontrolle hab immer ich.
Zur Person
Kurt Kuch, geb. 1972 in Oberwart, ist einer der renommiertesten österreichischen Aufdeckerjournalisten und seit 1996 für News tätig und. Er leitet seit 2009 das Innenpolitik-Ressort und wurde 2011 auch stellvertetender Chefredakteur. Kuch brachte das Buch “Land der Diebe”(Ecowin-Verlag) heraus, in dem er die Korruption in Österreich beschreibt. Wer seinen Updates folgen will, kann dies zum Beispiel auf Twitter tun: twitter.com/KurtKuch
Dieses Interview erschien in Falter 35/14. Foto: J.J. Kucek
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Mich würde interessieren, wie es dir in und nach den 2 Wochen gegangen ist.
Aus dem Falter wissen ja alle, dass du dein Handy mit ins Bett nimmst ...
Gute Frage! Grundsätzlich war es angenehm, ich habe auf meinem iPhone den Mail-Account gelöscht, hatte gar nicht das Bedürfnis, all die eintreffenden Mails zu lesen. Doch dann habe ich selbst gegen mein Sabbatical verstoßen: Während der Feiertage hat sich bei mir etwas Privates ereignet und ich wollte meine Kollegen diesbezüglich verständigen. Nur was tun? Jeden einzelnen anrufen? An alle ein SMS? Mir schien E-Mail die beste Kommunikationsform und schließlich habe ich dann gemailt. So ganz habe ich mein Sabbatical also nicht eingehalten, aber trotzdem zwei Dinge gelernt: 1.) Es ist eine gute Idee, den Mail-Empfang am iPhone während des Urlaubs zu deaktivieren - das werde ich weiterhin machen. 2.) Ganz auf E-Mail zu verzichten, ist aber gar nicht so leicht, vor allem wenn man selbst einen großen Mitteilungsdrang hat. Mir ging eher das Mail-Versenden als das Mail-Empfangen ab...
OK. Das heißt ja wohl, dass du nur auf die Mails verzichtet hast. ;-)
Musste den Artikel noch mal lesen, um das zu verstehen. Dass heißt, du hast dich nur auf das "normale" Urlaubslevel runtergesetzt. Ich dachte, du willst es OHNE Internet schaffen. Sprich: OHNE Mail, OHNE Surfen, OHNE Online-Spiele - OHNE Internet eben.
Das hast du dir zu einfach gemacht, finde ich. Und dann nicht mal ganz eingehalten.
Ingrid ich habe heute leider kein Foto für dich ...
Interessanter Einwand - aus meiner Sicht habe ich das weggelassen, was mich während des Urlaubs am meisten stört (eben, dass ich trotzdem ständig E-Mails checke). Aber wenn ich zwischendurch nach einem guten Lokal google oder online einen Routenplan suche, stört mich keine Sekunde lang. Im Gegenteil: Ich würde es als extreme Benachteiligung empfinden, wenn ich in meiner Freizeit darauf verzichten müsste.
Natürlich kann man's auch so sehen, dass das nur ein Schmalspur-Sabbatical war. Den echten Offline-Test haben schon andere gemacht, zum Beispiel Alex Rühle für sein Buch "Ohne Netz". http://www.falter.at/web/shop/detail.php?id=33075&SESSID= Aber schauen wir mal, vielleicht wage ich mich doch noch über eine echte Auszeit drüber. Bisher verspüre ich jedenfalls nicht den Drang, das Internet gänzlich abzudrehen...
Da kommt also ein Gerät heraus, welches kleiner und leichter ist, doppelt so viel Prozessorleistung bietet, eine 9x schnellere Grafik, ein verbessertes Display, einen FullHD-Ausgang für externe Präsentationen und die Nachrüstung der viel bemängelten Kameras. Und das ist dann keine Innovation. Alright.
Ja, das ist eine Verbesserung, aber noch keine Innovation. Etwas anderes zu behaupten, ist echt gewagt.
11. Gebot - Du sollst Apple nicht kritisieren.
neuer Link für Conan O'Brien
http://teamcoco.com/content/apple-employees-can%E2%80%99t-help-gloat-about-new-ipad
Falls dich die Details interessieren sollten:
http://imgur.com/BghEN
Interessant, Danke für den Link! Diese komischen Geräusche hatten also einen Grund...
Und genau da liegt das Problem fuer
Wenn sich Werbepreise fuer Online Ads den Offline Ads, also Zeitungsinseraten, annaehern wuerden, waere die ganze Geschichte auch ohne Paywall finanzierbar. Denn zieht man bei einer Zeitung die Druckkosten und die Lieferkosten ab, bleibt unterm Strich auch nichts mehr uebrig (oder noch weniger). Zwar wird von den Werbeagenturen immer mehr Geld vom offline ins online advertising verschoben, doch hat das in den letzten Jahren nicht den erhofften Preisanstieg gegeben. Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass 15 Dollar pro User nur durch on page advertising praktisch nicht erreichbar sind. Selbst wenn die NYT pro 1000 aufgerufenen Seiten 10 Dollar bekommt (was derzeit eh nicht realistisch ist, eher 1/3 - 1/10 davon), muesste ein User 1500 Seiten pro Monat aufrufen um damit auf 15 Dollar zu kommen.
Andererseits stellt sich die Frage wie lange es dauern wird um den Aufwand, der die Implementierung und Wartung einer Paywall mit sich bringt, mit Abos zu finanzieren.
Ich bin auf jeden Fall gespannt wo das in den naechsten Monaten/Jahren hinfuehren wird :-)
Danke für den spannenden Einblick in die Zahlen! Was ich mich frage: Ist es realistisch, dass sich die Onlinewerbepreise irgendwann den Offlinepreisen angleichen? In den letzten Jahren ist das ja leider nicht passiert.
Im App-Store von Apple kommt übrigens ein neues Problem für die Zeitungshäuser hinzu: Da kassiert Apple 30 Prozent des Umsatzes ein, dazu gibt's auch wieder heftige Debatten (siehe zB http://www.tagesschau.de/wirtschaft/apple142.html).
Darauf kann man natuerlich nicht pauschal mit ja oder nein antworten. Da erstens die Werbeformen sowohl offline als auch online zu verschieden sind. Wenn man online Werbung auf Zeitungsportalen mit Zeitungsanzeigen vergleicht, wuerde ich eher dazu tendieren und "nein" zu sagen. Unterm Strich wird wohl in den naechsten Jahren immer noch mehr mit Zeitungsanzeigen zu holen sein. Doch koennen gewisse Online Kampagnen natuerlich ueber den offline Preisen liegen. Wenn zB gezielt Werbung fuer eine gewisse Zielgruppe geschaltet wird ("nur die 25-35 jaehrigen, alleinstehenden Maenner mit Sportwagen") sind die Preise dementsprechend hoeher.
Ich moechte auch noch anmerken, dass die Zahlen, die ich oben geschrieben haben nicht die wirklichen Zahlen der NYT sind. Es sind lediglich Schaetzungen aufgrund meiner Erfahrungen (beschaeftige mich seit 2001 mit Online Werbung und die Preise sind seither stetig gesunken - Ende 90er Jahre waren die Preise am ehesten mit Offline Preisen zu vergleichen). Darueber hinaus bin ich mir ziemlich sicher, dass die NYT bessere Preise fuer Online Kampagnen erzielt als irgendein 08/15 Blog. Trotzdem sind die Preise im Keller, auch wenn die NYT einen 50-fach hoeheren Preis bekommt :-)
Zu apple: der von dir verlinkte Artikel ist leider etwas einseitig geschrieben. Kurz die Gegenseite: Das mit den 30% stimmt. Allerdings nur fuer "neue" Kunden, also Kunden, die ueber die App angeworben wurden. Es steht jedem Verlag frei, ausserhalb des App Stores Abos zu verkaufen (die dann natuerlich auch innerhalb der App genutzt werden koennen). Fuer solche Verkaeufe bekommen die Verlage dann 100%. So das Argument von Apple.
Natuerlich sitzt der Dollar lockerer wenn man in der App ist, die Zahlungsdaten hinterlegt sind und man nur noch auf "abonnieren" druecken muss. Das weiss Apple natuerlich auch ...
Warum ich es schrecklich und unverständlich finde, dass so viele Leute so viel Geld für Dreckjournale ohne Wert ausgeben, während niemand für echten Journalismus zahlen will:
http://karinkoller.wordpress.com/2011/03/26/dinge-die-wir-hassen-frauenzeitschriften/
Selbstredend gibt nichts dagegen zu sagen für die NYT zu zahlen. Vielleicht nur, dass wir in seltsamen medialen Zeiten leben, wenn eine Journalistin eine Art Rechtfertigung dafür postet. Es ist aber auch mehr als nur "für guten Journalismus" zahlen - es ist ein Commitment zur Marke, zum Medium und wahrscheinlich eine Art Freude über das implizite Bildungsversprechen einer Zeitung wie die New York Times. Und unterstreicht den Mangel an solchen Angeboten in Österreich. Was ein derartiges Commitment zu geben zur Zeit schwer macht, ist die schiere mediale Vielfalt am Bildschirm. Ein zunehmend diffuser gewordenes Angebot, die oft zitierte mediale Herausforderung. Tageszeitung lesen, Magazine rezipieren und sich dann um die Feeds kümmern. Welches Medium greife ich heraus, um es finanziell zu unterstützen? - NYT, SZ, NZZ, FAZ,...,....,....,....,.....,...,....,....,....,.....,,...,....,....,....,.....,,...,....,....,....,.....,,...,....,....,....,.....,,...,....,....,.Glückwunsch, wenn man hier klar sieht und für sich zu einer Entscheidung kommt. Unglücklich hingegen finde ich die Formulierung "guter Journalismus". Was das ist, ist stets persektiven-abhängig und kommt meist oberlehrerhaft herüber. Ob die Strasser-Aufdeckung etwa ein Beispiel für "guten Journalismus" ist, halte ich etwa für dikussionswürdig - Büros mieten, Politiker in Versuchung führen usw. Eine Top-Story allemal. Aber "guter Journalismus". Naja, für mich verwunderlich. Aber egal. Schönes Wochenende.