Frau York, setzen sich Facebook und YouTube genügend für die Netzaktivisten ein?
Wie können Facebook, YouTube und Co. Dissidenten vor der politischen Verfolgung schützen? Und wollen sie das überhaupt? Ein Gespräch mit Jillian C. York, die am Berkman Center for Internet & Society der Harvard Universität forscht.
Falter: Frau York, hätte es ohne Internet gar keine arabische Revolution gegeben?
Jillian C. York: Ich glaube, in Libyen spielte das Netz keine große Rolle. Dort haben gerade einmal fünf Prozent der Bevölkerung einen Internetanschluss. In Ägypten hingegen ist die Situation schon komplexer. In den letzten Jahren erfuhren viele Bürger über das Web von Verbrechen, Korruption und Polizeigewalt. So wurden sie politisiert und mobilisiert. Ägypten ist ein ganz neues Beispiel, wo man sagen kann: Vielleicht wäre der Protest nicht so wirkungsvoll gewesen, gäbe es nicht diese sozialen Netzwerke.
Ein Ägypter benannte seine Tochter sogar nach Facebook. Sollen die Ägypter Facebook dankbar sein?
York: Nun ja, gäbe es kein Facebook, dann hätten sie eine andere Seite benutzt. Für viele Ägypter gehört Facebook zum Alltag dazu. Das ist die große Leistung der Seite, sie zog 500 Millionen User an. Nun wird sie auch während der Aufstände genutzt.
Jillian C. York, 28, ist Autorin, Wissenschaftlerin und Aktivistin. Sie forscht zur arabischen Welt und Meinungsfreiheit
Oft heißt es, Facebook und Twitter sind Tools der Freiheit. Aber kommen diese Portale den Dissidenten genügend entgegen?
York: Nein. Oder sagen wir so: Manche Seiten sind besser als andere. Facebook verlangt von den Leuten, dass sie ihren echten Namen angeben. Das steht in ihren Nutzungsbedingungen, sonst haut einen Facebook raus. Aber das ist gerade für Aktivisten problematisch. Die Facebook-Gruppe “We are all Khaled Said“ wurde zum Beispiel anonym gegründet, es handelte sich um den Blogger Wael Ghonim. Die Seite hatte 500.000 Mitglieder und wurde dann gesperrt. Es gibt also Fälle, wo Aktivisten gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen, und dann nimmt sie Facebook in die Mangel. Ein weiteres Problem ist, dass Facebooks Nutzungsbedingungen nicht einmal ins Arabische übersetzt wurden. Wie können Leute etwas zustimmen, das sie nicht verstehen?
Gibt es eine Webseite, die es besser macht?
York: Ja, YouTube. Dort gibt es eine Regel, die ich großartig finde: YouTube entfernen Videos mit zu viel Gewalt, sie machen jedoch eine Ausnahme, wenn diese Gewalt im Rahmen einer Dokumentation oder als Berichterstattung gezeigt wird. Wenn ein Ägypter von der Polizei verprügelt wird und wenn der politische Kontext erklärt wird, dann bleibt das Video online. Sie haben auch die Plattform CitizenTube gestartet, wo aktuelle Videos von Demonstranten oder Aktivisten vorgestellt werden. Ein eigenes Team arbeitet an diesem Kanal.
Können die sozialen Netzwerke auch zur Gefahr für Dissidenten werden?
York: Bestimmt. Erst neulich wurde im Sudan ein Protest über Facebook organisiert. Als die Leute auf die Straße gingen, wartete die Polizei schon auf sie. Da fragt man sich, ob die Polizisten Facebook beitraten oder ob sie den Protest gar selbst initiierten.
Könnten die Vereinigten Staaten oder die EU den Netzaktivisten helfen?
York: Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich die Aufgabe des Westens ist. In vielen Fällen hilft es Aktivisten gar nicht, wenn sich die USA für sie einsetzen. Gleichzeitig könnten die Staaten schon etwas tun. Die USA etwa exportieren Überwachungstechnologie. Wenn Regierungen Webseiten blockieren, tun sie das häufig mit der Technologie amerikanischer Firmen. Wäre den USA das ein echtes Anliegen, würden sie diese Firmen daran hindern, ihre Werkzeuge in Diktaturen zu exportieren.
Es heißt: Auf Facebook zu demonstrieren ist wie eine Kundgebung im Shoppingzentrum abzuhalten. Sollten Staaten neutrale Räume im Netz schaffen, wo sich Aktivisten in Sicherheit treffen können?
York: Das ist eine gute Frage. Ich glaube, neutrale Räume würden den Aktivisten helfen. Nur, wer sollte dafür verantwortlich sein? Welche Regierung wäre in so einem Raum willkommen? Da fällt mir keine geeignete Antwort ein, wer so einen neutralen Raum schaffen könnte.
Dieses Interview ist im Falter 9/11 erschienen. Fotos: Jillian C. York & Flickr-User Rev. Strangelove !!!!
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For the study, Gardner and his colleagues looked at data from 300 overweight
or obese, advise people that cutting calories by a certain amount of fat to be
healthier. That is something to think about all the hoopla over his
weight.
Was ich spannend finden würde:
Wie wird eigentlich in Österreich überwacht?
Was macht die Polizei & der Verfassungsschutz?
Was die beiden militärischen Geheimdienste?
Vor allem: was dürfen die rechtlich - was machen sie faktisch, also wie weit wird die Rechtsstaatlichkeit bewahrt?
Nun, zur rechtlichen Lage hat der Sprecher des Innenministeriums Stellung genommen. Siehe: http://derstandard.at/1369363164908/Bespitzelung-a-la-PRISM-In-Oesterreich-ausgeschlossen
Inwieweit andere Staaten (etwa Österreich) auch geheime Programme haben oder die Ermittler mehr tun, als sie dürfen, kann man natürlich nicht sagen - wobei ich mir bei der Vorstellung schwer tue, dass Österreich ein ähnliches Spitzelprogramm hat. Weder haben wir große IT-Konzerne bei uns sitzen, noch einen Patriot Act, der sehr vieles sehr Problematisches möglich macht.
Und zum Vergleich mit der Vorratsdatenspeicherung:
Von manchen wird PRISM mit der Vorratsdatenspeicherung verglichen, was aber irreführend ist ist. Ich bin wahrhaft keine Freundin der Vorratsdatenspeicherung, aber sie ist mit PRISM nicht vergleichbar. PRISM ist ein geheimes (!) Programm, das Daten abzapft. Laut den internen Dokumenten kann die NSA auf E-Mails, Fotos, Videos, Chatprotokolle zugreifen. Das geht viel weiter als die Vorratsdatenspeicherung, bei der sogenannte Verbindungsdaten gespeichert werden - also nicht der Inhalt einer E-Mail, sondern die Information, wann wer mit wem wo gemailt hat. Es geht mir keine Sekunde darum, die Vorratsdatenspeicherung zu verharmlosen, nur werden hier Äpfel mit Birnen verglichen.
PRISM ist ein Geheimprogramm, von dem wir nur dank einem Whistleblower erfahren haben und das offensichtlich viel weitreichender ist als alle anderen Überwachungsmethoden, von denen wir bisher wissen.
hier vielleicht ein interessanter Link/anderer Blick: http://nakedsecurity.sophos.com/2013/06/10/prism-not-as-bad-as-you-thought-and-dont-call-it-prism/
ich glaube auch überhaupt nicht, dass Österreich hier ähnliche Programme unterhält, auch ein Vergleich mit der VDS liegt mir fern. PRISM scheint ja vielmehr sowas wie Echelon zu sein nur weit umfassener, das ist eine ganz andere liga als die Vorratsdatenspeicherung.
Aber natürlich gibt es auch in Europa eigene Überwachungsbestrebungen, wie hier http://fm4.orf.at/stories/1719346/ etwas kompliziert beschrieben. Da wird Österreich sicher auch mit an board sein.
Darüber hinaus wird zb das Projekt INDECT betrieben. (https://de.wikipedia.org/wiki/INDECT)
Und, wieder anderes Thema, es gibt ja momentan schon weitreichende Übereinkünfte mit den USA über Fluggast-Daten und auch E-Banking (SWIFT) betreffend.
Aber ja, eine maßlose allumfassende Aufzeichnung/Speicherung der "österreichischen Daten" wird es wohl nicht geben, einzelne Maßnahmen der Polizei/Geheimdienste die weiter gehen als die Gesetze es erlauben bestimmt (siehe VGT-Prozess).
Eine öffentliche Kontrolle dieser Tätigkeiten gibt es aber nicht, und auch keine Diskussion über die Befugnisse und tatsächlichen Überwachungstätigkeiten der Behörden hierzulande, womit ich wieder bei meinen Einstiegsfragen angelangt bin :)
Komisch, der Kommentar blieb im Spam-Filter hängen. Sorry! Sehr spannender Artikel auf FM4, kannte ich noch gar nicht. Danke!
Mir geht's gar nicht darum, Europa zu sehr in Schutz zu nehmen. Ich hab nur ein bisschen Angst, dass nun sehr schnell so ein generelles Wurschtigkeitsgefühl eintritt, so nach dem Motto: Jo, mei, es überwachen eh alle! Das wäre schlecht, weil das erst recht jene EU-Abgeordneten blockiert, die nun wieder Verschärfungen in die Datenschutzverordnung reinschreiben wollen. Was sicherlich generell eine gute Idee ist. Aber ja, der Tierschützerprozess wirft sicher kein gutes Licht auf das Vorgehen der Behörden...
übrigens:
http://derstandard.at/1369363661519/Bundesheer-Geheimdienst-soll-mit-NSA-kooperieren
"Etwa, dass für den Rest der Menschheit nicht die gleichen Menschenrechte gelten?"
Genau so kommt mir aber die Haltung vieler US-Amerikaner vor. Guantanamo ist nicht so schlimm, so lange keine Amerikaner dort sind. Und das F in FISA steht nicht umsonst für "Foreign". Klar, das sich ein Staat zuallererst um seine eigenen Bürger kümmert und eine Regierung um ihre Wähler. Gerade deshalb sollten in wir in Europa scharfe Datenschutzgesetze schaffen und uns nicht den Lobbyisten der großen (US-)IT-Unternehmen beugen.
Stimmt, leider entsteht dieser Eindruck derzeit tatsächlich. Wobei man ja sagen muss, dass Obama ursprünglich auch für das Versprechen, Guantanamo zu schließen, gewählt wurde. Es gibt sicherlich einige Amerikaner, die keine Freunde der Außenpolitik ihres Staates sind.
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Mal sehen wie viele Studien über die Sinnlosigkeit der Vorratsdatenspeicherung benötigt werden um sie wieder abzuschaffen. Leider sind die Regierungen einfach so datensammelwütig.
Nachdem es jetzt eh passiert ist sollte man das ganze System mit sinnlosen Informationen zumüllen, dann geht vielleicht in der Datenflut unter wann meine Oma mit ihrem Arzt über ihre Hüftprothese via Email kommuniziert hat... (Ja ich weiß, Inhalte werden nicht gepeichert - noch nicht...)