„Wir brauchen Leistungsdruck“
Beatrix Karl gilt als Liberale, kommt selbst von der Uni und wird nächste Woche wieder mitten im Rampenlicht stehen. Am 11. und 12. März findet in Wien und Budapest der große Bologna-Gipfel statt. Die ÖVP-Wissenschaftsministerin weiß aber nur zu gut, dass viele Studenten zu Recht wütend sind. Sie spricht über die Verfehlungen bei Bologna und die unfairen Anforderungen an Jungakademiker.
Falter: Frau Ministerin, mussten Sie jemals bei einer Vorlesung am Boden sitzen oder vor der Tür draußen stehen?
Beatrix Karl: Ich habe Rechtswissenschaften in Graz studiert, das war schon damals ein Massenstudium. Dass ich jemals vor der Türe war, daran kann ich mich nicht erinnern. Aber die vollen Hörsäle kenne ich sehr wohl.
Immer mehr Studenten haben weniger Geld und müssen nebenher arbeiten. Wie sehen Sie diesen Leistungsdruck?
Karl: Wir brauchen einen gewissen Leistungsdruck. Unsere Absolventinnen und Absolventen sollen ja hochqualifiziert sein. Mit Sicherheit hat aber der Druck aus der Arbeitswelt zugenommen, Stichwort Generation Praktikum. Früher war es egal, wie lange man studiert hat. Bei den heutigen Jobausschreibungen ist am besten, man wurde in Mindestzeit fertig, hat fünf Sprachen gelernt und einige Auslandsaufenthalte vorzuweisen. In der Praxis geht das aber nicht.
Die Uni macht es ihren Studierenden nicht leicht, im Eiltempo zu studieren.
Karl: In den Massenstudien ist es tatsächlich schwierig. Zum Beispiel, wenn es Wartelisten gibt oder man in Seminare nicht mehr hineinkommt. Zugleich haben wir aber viele Studienrichtungen ohne überfüllte Hörsäle.
Deswegen wollen Sie eine Studienplatzbewirtschaftung: Die Zahl der Studienplätze soll festgeschrieben werden, und pro Studienplatz gibt es eine fixe Summe für die Uni.
Karl: Da geht es um die Frage, wie wir künftig die Universitäten finanzieren sollen. An den Fachhochschulen haben wir mit der Studienplatzfinanzierung sehr gute Erfahrungen gemacht, derzeit diskutieren wir das im Rahmen des Hochschuldialogs.
Die Wirtschaftsuniversität hat etwa 24.000 Studierende. Könnte beim Hochschuldialog herauskommen, dass es nur mehr 15.000 sein sollen?
Karl: Das wäre jetzt zu weit vor-gegriffen.
Aber Studienplatzbewirtschaftung heißt für Sie auch weniger Studierende in manchen Fächern?
Karl: Darauf kann es hinauslaufen.
Ist es nicht falsch, irgendein Fach zu begrenzen? Immerhin hat Österreich nur eine Akademikerquote von 18 Prozent, weit unter dem OECD-Schnitt.
Karl: Mein klares Ziel ist es, die Akademikerquote zu erhöhen. Aber: Mehr Studierende führen nicht zwangsläufig zu mehr Akademikern. Gerade in den Massenstudien haben wir viele Drop-outs. Vergleichen Sie etwa das Medizinstudium einst und heute: Vor den Aufnahmeprüfungen hörten rund 50 Prozent auf, heute sind es nur mehr fünf Prozent.
Wie wollen Sie mehr Akademiker bekommen?
Karl: Indem wir die Drop-out-Quoten senken. Da müssen wir bereits bei der Studienwahlentscheidung ansetzen. Viele denken zu wenig darüber nach, was sie studieren sollen, werden zu wenig in der Schule damit konfrontiert. Es kann nicht sein, dass 60 Prozent der Studienanfänger in bloß zehn Prozent der Fächer gehen. Wie es in diesen Fächern dann aussieht, können Sie sich vorstellen.
Nicht jeder will Atomphysiker werden.
Karl: Wir wollen auch nicht alle zu Atomphysikern machen. Aber Sie sprechen etwas Wichtiges an: Man muss die Neugierde für Naturwissenschaften schon früh bei den Kindern wecken.
Die Studierenden klagen über zu wenig Wahlfreiheit im Studium. So wurden etwa die freien Wahlfächer abgebaut. Widerspricht das nicht dem Geist der Universität?
Karl: Mit dieser Beschränkung bin ich auch nicht einverstanden, die Studierenden sollen Wahlmöglichkeiten haben. Ich werde mit den Verantwortlichen sprechen. Die Studienpläne werden ja von den Universitäten erstellt.
Als Ministerin können Sie nicht nur Gespräche führen, sondern das auch gesetzlich vorschreiben.
Karl: Die Universitäten sind autonom, eine gesetzliche Änderung strebe ich derzeit nicht an. Zuerst will ich mit den Verantwortlichen nach Lösungen suchen.
Bald findet der Bologna-Gipfel statt. Es hagelt Kritik an Bologna. War die Vereinheitlichung des europäischen Hochschulraums ein Fehler?
Karl: Die Bologna-Idee ist sehr gut. Die Mobilität der Studierenden soll gefördert werden, sie sollen dadurch bessere Chancen bekommen. Auf nationaler Ebene sind aber eine Reihe von Umsetzungsfehlern passiert. Nun geht es um die Weiterentwicklung.
Was lief falsch?
Karl: Teilweise wurde in die Bachelorstudien zu viel Inhalt hineingepfercht. Man kann nicht acht Semester Diplomstudium in sechs Semester Bakkalaureat hineinpressen. Auch wurden Wahlfächer gestrichen, das ist nicht kreativ.
Würden Sie jungen Menschen raten, nur bis zum Bachelor zu studieren? Viele glauben, dass sie dann schlechte Chancen am Arbeitsmarkt haben.
Karl: Das erinnert mich an die Umstellung im Jusstudium. Früher erhielten Juristen sofort das Doktorat – ohne Dissertation. Dann wurde der Magister eingeführt, es gab helle Aufregung. Die Rechtsanwaltskammer meinte: Ein Magister kann nicht Rechtsanwalt sein. Mittlerweile ist das aber ganz normal, und so wird das auch beim Bachelor sein. Dieser akademische Abschluss wird in der Arbeitswelt anerkannt werden.
Noch ist es aber nicht so. Verstehen Sie die Skepsis vieler Studenten?
Karl: Ja. Auch weil der Bachelor im öffentlichen Dienst noch nicht voll anerkannt ist. Mein Vorgänger wollte das ändern. Hier sehe ich auch die zuständige Beamtenministerin Heinisch-Hosek (von der SPÖ, Anm.) gefordert.
Nun sind Sie seit fünf Jahren in der Politik. Sie liefen nicht durch die Kaderschmieden wie die Junge Volkspartei. Wie wurden Sie politisch sozialisiert?
Karl: Mein Großvater und mein Vater waren Bürgermeister, da bekommt man politisches Denken hautnah mit. Mich hat die Politik aber nicht so fasziniert, dass ich selbst aktiv geworden wäre. Zuerst war mir mein beruflicher Werdegang wichtig: Studium, Dissertation, Habilitation. Dann interessierte ich mich immer mehr für Sozialpolitik. Als Arbeits- und Sozialrechtlerin kann man Recht und Politik nicht immer zur Gänze trennen.
Sie reden gerne über Frauenförderung an den Universitäten.
Karl: Wir haben Gott sei Dank sehr viele weibliche Studierende. Aber für Frauen wird die Luft immer dünner, je höher es nach oben geht. Das hat verschiedene Gründe. Einerseits die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Die Wissenschaft ist kein Job, bei dem ich zwischen acht und 16 Uhr forsche und dann den Bleistift fallen lasse. Deswegen wären Kinderbetreuungseinrichtungen mit flexiblen Öffnungszeiten an allen Universitäten wichtig.
Und die anderen Gründe, warum so wenig Frauen forschen?
Karl: Das sind oft kleine Unterschiede. An einem Institut mit weiblichen und männlichen Assistenten bleibt das Administrative meist bei den Frauen hängen. Männer widmen sich mehr der Forschung, schaufeln sich frei. Das ist wichtig: Man muss dranbleiben und sich einem Forschungsprojekt über einen Zeitraum fast ausschließlich widmen können.
Was halten Sie von einer Quote?
Karl: Wir haben im Universitätsgesetz bereits eine 40-Prozent-Frauenquote.
Allerdings nur für die Uni-Gremien, wo wieder administrative Aufgaben für Frauen anfallen. Was halten Sie von einer Quote bei den Professoren?
Karl: Ich bin keine große Quotenanhängerin, und Quoten allein sind zu wenig. Derzeit bin ich noch dabei, mir einen Überblick über mögliche Maßnahmen zu verschaffen. Im Ministerium haben wir auch Förderprogramme dafür.
Sie gelten als Liberale. Wie liberal sind Sie wirklich?
Karl: Diese Frage kann ich so allgemein kaum beantworten.
Beispiel Adoptionsrecht für Homosexuelle. Sind Sie dafür?
Karl: Nein. Ich finde die eingetragene Partnerschaft gut, aber ein Adoptionsrecht geht zu weit. Unsere Gesellschaft ist noch nicht bereit dafür.
Sehen Sie sich überhaupt als Liberale?
Karl: Eher schon.
Sie hören sich mehr wie eine Pragmatikerin als eine Ideologin an.
Karl: Ja, ich habe keine politische Vergangenheit, sondern bin eine Quereinsteigerin. Daher würde ich mich eher als Sachpolitikerin bezeichnen, weniger als Ideologin.
Was haben Sie in fünf Jahren Politik gelernt?
Karl: Dass Politik anders funktioniert als Wissenschaft. Von der Wissenschaft bin ich gewohnt, mich in Themen einzuarbeiten. Die Politik ist schnelllebiger. Wenn Journalisten anrufen, kann ich nicht sagen: „Ich muss mich jetzt einlesen, fragen Sie mich in drei Tagen wieder.“ Da wird nicht gewartet.
Derzeit warten die Studierenden, was beim Hochschuldialog herauskommt. Können Sie ihnen garantieren, dass sich etwas ändern wird?
Karl: Ich erwarte mir beim Hochschuldialog Empfehlungen, und die werden dann auch politisch relevant sein.
Aber geben Sie eine Garantie?
Karl: Garantie, Garantie. Ich kann nicht garantieren, welche Maßnahmen kommen, ich habe auch einen Koalitionspartner. In einigen Punkten bin ich aber mit den Studierenden auf Linie, etwa bei der Umsetzung von Bologna. Und dann gibt es Themen, wo wir unterschiedlicher Meinungen sind. Aber ich denke, das ist normal so.
Dieses Interview ist im Falter 09/10 erschienen. Fotos: Heribert Corn
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Erstmal: Danke für diesen schönen Überblick!
Mir scheint, Kommentare werden momentan fast nur als lästiges Service gesehen das aus rechtlichen Gründen beaufsichtigt werden muss.
Dabei könnte man das Ganze auch als gratis bereitgestellten user-generated content sehen der die Homepage der Zeitung stark aufwertet.
In Österreich wäre derStandard.at ein Beispiel: Mit ein bisschen Filtern und/oder blocken ist deren Kommentarbereich oft äußerst interessant. Gerade bei technischen Artikel (die oft selbst eher schwach sind) oder zu witzigen Artikeln, sind die Kommentare schon ein echtes Alleinstellungsmerkmal im Vergleich zu anderen Seiten ohne aktive Community.
Es gibt Benutzer, die können mal trollen. Diese kann man ermahnen, mit ihnen darüber reden und sie evtl. auf den rechten Pfad bringen. Bei echten trollen ist das alles vergebene Liebesmühe. Da muss man auch nicht tollerant sein oder irgendwelche Zensurvorwürfe gefallen lassen. Ich vergleiche so etwas gerne mit dem realen Leben.
Beispiel:
Kommt jemand unbekanntes zu mir nach Hause, grölt rum, pöpelt alle anderen Gäste an oder randalliert, dann fliegt er er sofort raus. Kommt der wieder, hole ich die Polizei. Es ist nicht meine Aufgabe dem Typen Manieren beizubringen. Ich bin weder seine Eltern noch sonst eine dafür verantwortliche Person. Und es ist auch nicht meine Aufgabe, dass er sich an Gesetze hält, für derartige Verstöße ist die Polizei da, auch im Netz.
Meine Seite ist wie meine Wohnung, dort habe ich das Hausrecht und das sieht bei mir vor, dass man sich zivilisiert benimt. Ich muss und werde in meinen vier Wänden keine Arschlöcher, Kriminelle oder gewaldbeeite Randallierer dulden. Und so wie man auch im analogen Leben derartige Typen sofort vor die Tür setzt und/oder die Polizei benachrichtigt, so ist es auch im digitalem Netz. Denn ob die realen vier Wände oder das Internet, die Arschlöcher/Trolle sind in beiden Welten die selben.
Entschuldigung, es sieht langsam nach absichtlich kontrollierte ZENSUR mit der Ausrede von Anonymität aber in WAHRHEIT versucht man schon seit Jahren dies zu zensieren. Wenn man beleidigt wird, dann muss man sich ändern oder sich fragen was an sich nicht gemocht wird dass die Leute die Person beleidigen. Die Beleidigung ist zuerst geprägt von Unzufriedenheit der Massen und dies hat immer ein Grund und zwar demokratisch gesehen werden die Massen entscheiden wer akzeptiert wird und wer nicht und zwar als Führer oder Orator der Gesellschaft. Zur Zeit sind viel unwichtigen Personen die nur bezahlt sind die Massen zu stören und plötzlich kommen auch die Antworten. Also die Reaktion der Massen kann man nicht ignorieren oder als rassistische bezeichnen weil als soziale Gerechtigkeit alle Menschen die etwas nicht akzeptieren werden dann laut hier die Analyse als RASSISTEN bezeichnet und auch weiter beschimpft oder ganz isoliert. Man kann die Rechte der Menschen nicht entfernen nur weil ein paar politiker oder Zeitungen dies nicht mögen wenn das Volk sie beleidigt oder kritisieren, also jeder Mensch hat das Recht seine Meinung mit oder ohne BGB zu äußern und die Äußerung kann stören aber muss man sich fragen was störend war und nicht sofort alle als Rassisten zu beschimpfen. Wenn man unsere politiker analisiert dann darf keiner von ihnen an der Macht nicht stehen, die haben und belogen und verraten also die sind laut Gesetzt trotzdem Rassisten und verachtend weil die sich überhaupt nicht um unsere Problemen kümmern. Seit dem diese invasoren nach DE kamen, haben unsere politiker alles vergessen, die Arbeitslosigkeit, die Arbeitsplatzbeschaffung, der Arbeitgeber zeigen auch keine Interesse mehr für Arbeitslosen, Griechenland ist super glücklich, der euro ist stark wie eine tote Maus..., wir sind am ENDE und wir werden STÄNDIG abgelehnt mit solchen Kleinigkeiten ABSICHTLICH damit die HAUPTTHEMEN zu vergesen, ABLEHNUNG VON WAHRHEIT. Das ist die Taktik...
Natürlich ein klares Nein dazu. Man kann sehr lange darüber diskutieren wie man diskutieren sollte aber abdrehen käme ja einer Diktatur gleich. Demokratie haben wir ja ohnedies keine mehr. Aber die Kommis abzudrehen ist ein absoluter NO Go! Danke für deinen Gedankenanstoß. LG Sabine
Danke! Toller Beitrag!
Vielen Dank, ich freue mich über das Feedback!
Interessanter Beitrag , doch habe ich nicht die Möglichkeit mich aus solch negativen Postings zurückzuziehen? Ich für meine Person gebe nur Postings, wo ich mich auch "verstanden" fühle. Damit meine ich nicht, das mir automatisch zugestimmt wird, sondern wo das Niveau hoch genug ist, eine Kritik oder andere Meinung zu akzeptieren und darüber sich auszutauschen.
Liebe Waltraud,
ich glaube sich zurueckzuziehen ist nicht das Allheilmittel fuer alle User. Denn die Menschen, die in Foren mit einseitiger Meinungsbildung verkehren, werden systematisch falsch informiert, was zu der angesprochenen Abgrenzung dieser Gruppe fuehrt. Durch die Abgrenzung sind die Mitglieder der Gruppe nicht mehr offen fuer rationale Argumente, da diese ja von der "Luegenpresse" stammen. Eine soche Isolation ist immer gefaehrlich, da die Gruppe von der Realitaet entkoppelt ist. Wenn diese Gruppe entschlossen genug ist, etwas zu bewegen, koennen Phaenomene, wie der IS entstehen (auch, wenn fuer die Entstehung des IS mehrere faktoren zusammengekommen sind, aber am Ende lauft es darauf hinaus, dass eine isolierte Gruppe wild entschlossen war etwas zu bewegen...).
Werte Waltraud Aouida, werter Matthias, danke für die beiden Kommentare! Ich verstehe gut, dass man manche digitalen Diskussionsräume lieber meidet - oft ist das Klima so rau, dass eine sachliche Debatte auch gar nicht möglich ist. Für den einzelnen User mag also ein Rückzug oft sinnvoll sein, für die Gesellschaft als Ganzes ist das aber riskant. Ich teile Matthias Sorgen, dass ein Rückzug genau den Falschen nützt - jene, die sich über diese Polarisierung freuen. Dazu eine Ergänzung: Manche Gruppen versuchen bewusst, einige öffentliche Diskussionsräume einzunehmen und mit ihrer Meinung zu besetzen. Zum Beispiel sind Antifeministen im Netz sehr aktiv und posten leidenschaftlich (und oft sehr aggressiv) unter Artikeln, in denen es um Frauenrechte und um Feminismus geht, den sie ablehnen. Das raue Diskussionsklima führt dazu, dass sich einige Menschen abwenden und lieber anderswo (oder nur im privaten Raum) weiterdiskutieren. Diese Taktik wird auch als „Silencing“ bezeichnet: Man ist so grob und so rüpelhaft zu anderen, dass diese einfach nicht mehr das Wort ergreifen wollen - und somit sollen auch andere Sichtweisen letztlich ausgeblendet werden. Zum Teil funktioniert diese Strategie. Was also tun? Ich finde es wichtig, dass Webseitenbetreiber und Onlinemedien mehr Verantwortung für den Umgangston auf ihrer Seite übernehmen und auch stärker die Diskussion vor der Entgleisung bewahren. Solche Räume gibt es, zum Beispiel hat „Zeit Online“ ein sehr gut moderiertes Forum. In anderen Worten: Ich finde es wichtig, dass digitale Räume verteidigt und geschaffen werden, in denen Menschen respektvoll miteinander diskutieren. Übrigens verstehe ich Ihre Formulierung mit dem „verstanden werden“ sehr gut: Das Entscheidende ist nicht, dass man überall einer Meinung ist, sondern dass man in der Lage ist, sachlich und fair miteinander zu diskutieren.
Meine persönliche Ansicht~Meinung~Antwort zu dem Text: http://muli.nl/blog/20160121091722.html
Werter Emanuel, danke für die Reaktion. Wir sind uns offensichtlich nicht überall einer Meinung, aber es freut mich nichtsdestotrotz, dass Sie so gründlich auf die einzelnen Überlegungen eingegangen sind. Zu Ihrer Antwort, im Kern entnehme ich daraus drei Einwände: Erstens haben Sie Recht, dass mein Vortrag nur ein sehr eingeschränktes, gut gebildetes Publikum erreichen wird und oftmals jene Menschen, die ganz ähnlich sind wie ich, die in der gleichen Blase sitzen wie ich. Das gibt mir, ehrlich gesagt, oft zu denken auf und die perfekte Antwort auf diese Filterblase habe ich nicht. Ich glaube aber, dass allein im letzten Jahr dieses Thema ungeheuer breitenwirksamer geworden ist. Ich habe im Jahr 2014 ein Buch über Anonymität und Diskussionskultur im Internet veröffentlicht und merke, wie mehr und mehr Menschen über dieses Thema auch reden wollen. Das ist zwar womöglich noch immer eine Minderheit (vielleicht auch nicht), mein Eindruck ist jedenfalls, das Bewusstsein wächst. Zweitens: Wenn ich Sie richtig verstehe, sehen Sie die Gefahr, dass die Debatte hierzu erst recht polarisierend wird (da kämpfen dann quasi die vermeintlich „Guten“ gegen die vermeintlich „Bösen“). Differenzierung ist wichtig, da stimme ich Ihnen zu. Ich warne nur vor der Gefahr, eine Debatte dann als „differenziert“ zu verstehen, wenn sie auch untergriffige oder gar verletzende Wortmeldungen enthält, oder wenn kein Unterschied zwischen belegbaren Fakten und wilden Gerüchten gemacht wird. Nun könnte man natürlich einwenden: Wer entscheidet denn, was ein Gerücht und was ein Faktum ist, was eine zulässige Aussage und was eine Beleidigung? In manchen Fällen ist das tatsächlich nicht leicht zu erkennen. Manchmal aber doch - und dann sollte das auch benannt werden. In diesen Fällen finde ich es in Ordnung, dass wir aggressive oder faktisch falsche Wortmeldungen nicht schützen oder gleichrangig behandeln wie die Wortmeldungen jener User, die sachlicher und fairer diskutieren (sachlich diskutieren bedeutet nicht, dass man einer Meinung sein muss, aber dass einen gewissen Grundrespekt - auch gegenüber Fakten - wahrt). Drittens, zum Thema „Filtern“ möchte ich noch auf diese exzellente Wortmeldung von Armin Wolf hinweisen: https://www.facebook.com/arminwolf.journalist/posts/1161742677170933 Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie meine Antworten nicht zufriedenstellen oder gar umstimmen wird. Ich habe jedenfalls Ihren Beitrag mit Interesse gelesen.
"Nun ist die Wikipedia 15 Jahre alt geworden, ich las neulich eine interessante Zahl dazu: Eine interne Umfrage aus dem Jahr 2011 fand heraus, dass nur einer von zehn Helfern der Wikipedia eine Frau ist. Nur jeder zehnte Wikipedianer ist eine Frau. Erst vor wenigen Wochen brächte der Atlantic einen interessanten Artikel über den Umgang mit Frauen auf Wikipedia. Die Autorin schrieb über das Verhalten mancher Userinnen:
„Um zu verhindern, dass sie Ziel von Belästigungen werden, nutzen manche Wikipedianerinnen geschlechtsneutrale Pseudonyme und vermeiden es, bei ihrem Usernamen irgendeine persönliche Information anzuführen.“
Das ist doch erschütternd, dass Frauen verheimlichen, dass sie eine Frau sind – damit ihnen gegenüber niemand unangenehm wird."
Das passiert, wenn man sich nicht informiert, nicht hinter de Sachen schaut, einfach nur ein paar Sachen ungefiltert abtippt. Dann steht das da und alle glauben es so wie es da steht. Ich könnte jetzt was dazu sagen - aber es hat ja eh keinen Sinn. Wird ja dennoch ignoriert.
Sehr geehrter Markus Cyron, wenn Sie auf einer sachlichen Ebene diskutieren und konkrete Beispiele bringen, wo ich angeblich "nicht informiert" bin oder "ein paar Sachen ungefiltert abtippe", dann gehe ich auch noch gerne darauf ein.
Ich äußere mich mich mal an dieser Stelle, weil ich genau auf das Wikipedia-Thema eingehen will. Gleich vorneweg: Der Umgangton in der Wikipedia ist an einigen Stellen sehr aggressiv, und natürlich gibt es auch immer wieder gezielte Affronts gegen weibliche Benutzer. Das ist äußerst unschön, da bin ich Ihrer Meinung.
Liebe Frau Brodnig, leider sind Sie dann aber in eine Falle getappt, die Sie oben selbst treffend beschrieben haben. Diejenigen Stimmen, die am lautesten sind und am meisten an diversen Stellen kommentieren, werden am ehesten wahrgenommen, das gilt eben auch für die weit verbreiteten Aussagen über die "frauenfeindliche" Wikipedia.
Ich gehöre zu den Frauen, die sich als "Benutzer" eingetragen haben - weil es nämlich für meine Mitarbeit zunächst unwichtig ist, ob ich männlich, weiblich oder sonstigen Geschlechts bin. Wer genaueres über mich wissen möchte, kann mit einem Klick feststellen, dass ich eine Frau bin. Ich habe auch einen geschlechtsneutralen Benutzernamen - nicht weil ich Angst habe erkannt zu werden, sondern weil mir zu dem Zeitpunkt meiner Anmeldung nichts Originelles eingefallen ist, ich aber anonym bleiben wollte.
Wie gehe ich nun mit geschlechtsspezifischen oder sonstigen Angriffen um? Dagegenhalten, nicht abschrecken lassen, sachlich bleiben, im schlimmsten Falle ignorieren oder kontern, aber nicht jammend durch ganze Internet ziehen, wie böse die Frauen doch wieder behandelt worden sind.
Ich fand den Vortrag ebenfalls sehr interessant und freue mich, dass es den hier jetzt auch schriftlich gibt.
Gilt auch als manueller, absichtlich unaufdringlicher Trackback auf meinen Blogeintrag vom heutigen Tag. :) Wenn du möchtest, kannst du den direkten Link ja selbst hinzufügen. Liebe Grüße!
Ich möchte Alnilam hier zustimmen - und dazu sagen: Es gibt übrigens auch männliche Autoren, die sich explizit für einen weiblichen Nick entschieden haben und es gibt weibliche Autorinnen, die gerne austeilen. Wenn man das Thema Frauenfeindlichkeit angehen möchte, sollte man über ausreichend Hintergrundinformationen verfügen. Damit meine ich jetzt nicht die oben beanstandete "Abtipperei" oder speziell Ihren Artikel. Ich meine damit, dass das "System Wikipedia" so komplex ist, dass man zunächst einen Einblick braucht, um auch beurteilen zu können, wann ein Angriff gegen jemanden geht, weil er eine Frau ist - oder wann das praktisch schon zur Wikipedia "same procedure as every day" (unabhängig vom Geschlecht) gehört. Erst dann wird nämlich auch das Thema Frauenfeindlichkeit ernst genommen (und das beziehe ich jetzt nicht ausschließlich auf die Wikipedia, es fällt mir fast tagtäglich auf). Liebe Grüße von einer Autorin der WP