„Ich habe es satt“
Der Uni-Streik weitet sich aus. Wie legitim ist der Studentenprotest? Wie unerträglich sind die Zustände im Hörsaal? Ein Streitgespräch
34 Millionen Euro genügen ihnen nicht. Das Angebot von Wissenschaftsministers Hahn ist den Audimax-Besetzern zu wenig. Sie fordern eine grundsätzliche Debatte über Bildungspolitik. Der Falter lud daher zum Streitgespräch. WU-Rektor Christoph Badelt, ÖH-Chefin Sigrid Maurer, Audimax-Besetzer Julian Schmid und Bildungsforscher Erich Ribolits über mangelnde politische Visionen und Universitäten als Erfüllungsgehilfen privatwirtschaftlicher Interessen.
Falter: Herr Schmid, Sie sind seit Tag eins bei der Audimax-Besetzung dabei. Warum?
Julian Schmid: Die Situation wurde für uns Studierende in den vergangenen zehn Jahren immer unerträglicher. Nun geht es einerseits um sehr aktuelle, konkrete Probleme wie die Studieneingangsphasen, die Knock-out-Prüfungen ermöglichen. Oder die Zugangsbeschränkungen für Masterstudien, bei denen Leute fürchten müssen, mit einem minderwertigen Bachelortitel auf den Arbeitsmarkt geschmissen zu werden. Andererseits geht es aber auch ganz generell um den Bologna-Prozess, also die gesamteuropäische Perspektive und die zunehmende Ökonomisierung der Bildung, die der Uni ihre Lebendigkeit nimmt.
Herr Badelt, haben Sie Verständnis für diese Anliegen?
Christoph Badelt: Teilweise. Wir haben seit Jahrzehnten eine krasse Unterfinanzierung der Universitäten. Das führt zu sehr schlechten Studienbedingungen in mehreren Fächern. Insgesamt sind ein Viertel der Studierenden davon betroffen. Andererseits glaube ich, dass der Bologna-Prozess eine wirkliche Chance für die Europäisierung und Internationalisierung der Ausbildung ist.
Sie werden als potenzieller Nachfolger von ÖVP-Wissenschaftsminister Johannes Hahn gehandelt. Würde Sie das Amt angesichts des universitären Flächenbrands überhaupt reizen?
Badelt: So originell, wie Sie die Frage stellen, täte es mich ja noch reizen. Aber ich komme als Kandidat wohl nicht infrage: Erstens bin ich kein Parteimitglied, und zweitens stimmen meine bildungspolitischen Positionen nicht mit jenen der ÖVP überein.
Frau Maurer, wie fänden Sie denn einen Wissenschaftsminister namens Christoph Badelt?
Sigrid Maurer: Na ja. Grundsätzlich ist es reizvoll, da er sich im System auskennt. Gleichzeitig haben wir diametral entgegengesetzte Ansichten zu Themen wie Bildungszugang und Studiengebühren.
Herr Badelt, Sie sind für Zugangsbeschränkungen an den Unis. Damit würden Sie den freien Hochschulzugang doch letztlich abschaffen.
Badelt: Das ist eine Unterstellung. Meine Position ist erstens: Wir brauchen eine höhere Akademikerquote. Zweitens brauchen wir eine kostendeckende Finanzierung der Universitäten, die Kapazitäten einplant. Nur dort, wo die Kapazitäten nicht ausreichen, muss der Zugang geregelt werden.
Maurer: Aber das ist doch der falsche Schluss! Anstatt den Zugang zu beschränken, müssen mehr Studienplätze angeboten werden.
Badelt: Ja, aber Faktum ist, dass pro Jahr 6000 junge Menschen an der WU studieren wollen und dass Sie diesen Leuten vorgaukeln, hier sei eh alles wunderbar. Später kommen diese Studenten dann drauf, dass dem nicht so ist, sie sind frustriert und demonstrieren. Derzeit werden die Studierenden hinausgeprüft und hinausgeekelt. Das ist ein unwürdiger Zustand, gegen den ich ankämpfe.
Schmid: Für mich klingt das sehr stark nach kommunistischer Planwirtschaft. Wer kann heute seriös entscheiden, wie viele Studienplätze heute und welche Akademiker in 20 Jahren benötigt werden? Es muss einfach mehr Geld ins Bildungssystem. Und da erwarte ich mir, dass sich die Universitätenkonferenz vor die Regierung stellt und von Faymann, Pröll und dem künftigen Wissenschaftsminister mehr Geld für Bildung fordert.
Badelt: Sie unterstellen mir Dinge, die ich nie gesagt habe. Ich teile Ihre Meinung, dass man nicht prognostizieren kann, wie viele Studienplätze in der Kommunikationswissenschaft oder den Wirtschaftswissenschaften in 20 Jahren gebraucht werden. Aber es muss festgesetzt werden, wie viel Platz eine Institution bietet. Das ist in Mittelschulen, Kindergärten und Fachhochschulen nicht anders. Die Politik muss klar definieren, wie viele Ausbildungsplätze sie in den verschiedenen Studien anbietet.
Die Regierung soll also beispielsweise sagen: Es gibt nur noch 1000 Studienplätze an der Publizistik, 2000 am Juridicum?
Badelt: Zum Beispiel. In Folge müsste man dann eine sachliche Diskussion darüber führen, ob auch jeder das studieren können soll, was er studieren möchte.
Herr Ribolits, ist aus Sicht des Bildungsforschers eine Studienplatzbewirtschaftung tatsächlich notwendig?
Erich Ribolits: Ich würde es nicht in den Vordergrund stellen. Wir haben in Österreich bei Gott nicht zu viele Akademiker, nicht einmal zu viele Maturanten. Es wäre also in erster Linie notwendig, das System auszubauen. Früher oder später wird man auch über vernünftige Formen der Steuerung reden müssen.
Was würde es denn kosten, wenn man jedem Studierenden sein Wunschstudium finanzierte?
Badelt: Die WU hat ein jährliches Gesamtbudget von 95 Millionen Euro. Wir haben aber heute ungefähr viermal mehr Studienanfänger als vorhandene Plätze. Das heißt, Sie müssten diese Universität noch dreimal zusätzlich bauen. Und das betrifft nur die WU. Die Universitätenkonferenz fordert daher, dass zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts ins Hochschulbudget, inklusive den Fachhochschulen, fließen. Das würde auch der Empfehlung der Europäischen Union entsprechen. Aber dafür bräuchten wir eine Milliarde Euro mehr pro Jahr.
Schmid: Mich stört diese Verlogenheit des ganzen Systems. Sie selbst haben in den 70er-Jahren studiert. Damals konnte das auch mein Vater tun, weil Bruno Kreisky die Studiengebühren abgeschafft hat. Minister Hahn war selbst elf Jahre lang Bummelstudent. In der Zwischenzeit hat sich die Wirtschaftsleistung Österreichs verdoppelt, aber Sie und Minister Hahn stellen sich jetzt vor mich und meine Generation hin und sagen: Es ist kein Geld mehr da.
Badelt: Das habe ich nicht gesagt. Ich könnte Ihnen dutzende Beispiele nennen, bei denen aus meiner Sicht Steuergeld verschleudert wird. Von der Neuwagenprämie bis hin zum Koralmtunnel.
Schmid: Aber wir brauchen jetzt Ihre Hilfe.
Badelt: Aber Sie fordern von der Politik eben nicht nur Geld, sondern tausend andere Sachen auch, die ich nicht unterstützen kann. Ginge es nur um Geld und bessere Ausbildungsbedingungen, dann stünde ich sofort neben ihnen in der ersten Reihe auf der Straße.
An welchen Punkten stoßen Sie sich konkret?
Badelt: Dass die Studieneingangsphase abgeschafft werden soll. Das jetzige Auswahlverfahren ist unwürdig, menschenverachtend und bildungspolitisch verrückt. Daher will ich eine Studieneingangsphase, bei der nicht an einem ganz bestimmten Tag festgelegt wird, wer weiterstudieren darf, sondern bei der nach einer gewissen Zeit ein Querschnitt der Inhalte geprüft wird. Ich glaube, dass wir uns hinsichtlich der gesellschaftspolitischen Ziele wenig unterscheiden, dass wir möglichst viele Leute in die höhere Ausbildung bringen wollen, und zwar aus allen sozialen Schichten. Ich sage Ihnen aber eines: Ich bin jetzt sieben Jahre lang Rektor und war davor vier Jahre lang Vizerektor. Ich habe es satt, dass mir alle möglichen Politiker versprechen: Wenn wir einmal an die Macht kommen, gibt es mehr Geld für die Unis. Und derweil werden die Verhältnisse hier immer katastrophaler.
Schmid: Aber es ist kein Ende dieser Politik absehbar. Und deswegen brauchen wir jetzt den Schulterschluss.
Noch einmal zurück zur grundsätzlichen Forderung der Studenten: keine Zugangsbeschränkungen, keine Studiengebühren und ein ausreichendes Lehrangebot für alle. Wäre das für den Staat leistbar?
Badelt: Das weiß ich nicht.
Warum hat das nie jemand berechnet? Das ist doch absurd.
Badelt: Weil die Frage, wie viele Studierende wir in Österreich haben sollen, aufgrund der Diktion des freien Hochschulzugangs immer tabuisiert wurde. Es rechnete nie jemand nach, was das das System kostet. Man ließ sich immer überraschen, was auf uns zukommt. Wenn wir das heutige Budget der WU pro Studierenden hernehmen, haben wir ungefähr die Hälfte dessen, was die Fachhochschulstudiengänge bekommen, obwohl diese nicht denselben Forschungsauftrag haben wie wir. Wir bekommen also ungefähr nur ein Viertel dessen, was wir bekommen müssten.
Die Uni-Debatte wird vom finanziellen Aspekt dominiert. Vergessen wir dabei auf andere wichtige Fragen?
Ribolits: Ja. Die Diskussion geht an der grundlegenden Frage vorbei, welche die Protestierenden mit dem Slogan „Bildung statt Ausbildung“ skizziert haben: Inwiefern sind Universitäten nur dazu da, Menschen für die unterschiedlichsten Berufe auszubilden? Die Gesetzesbeschlüsse der vergangenen Jahre sprechen hier eine eindeutige Sprache: Unis wurden zunehmend verschult.
Aber befasst sich die Politik überhaupt mit so grundsätzlichen Überlegungen, gibt es da auch eine gesellschaftspolitische Vision?
Maurer: Die Politik unterliegt bloßem outputorientiertem Denken. Es geht nie um die Frage, welchen Mehrwert Universitäten für die Stabilität einer Gesellschaft haben können. Es geht immer nur um Effizienz und niedrige Drop-out-Quoten, die in Österreich im Übrigen gar nicht so schlecht sind. Politiker scheint allein der wirtschaftliche Nutzen, den ein Studierender bringt, zu interessieren. Das ist die Denkweise im Ministerium. Und die greift zu kurz.
Badelt: Auch auf die Gefahr hin, wieder als Epigone von Johannes Hahn verstanden zu werden, möchte ich festhalten: Ich glaube schon, dass der Minister eine Vision von Bildung verfolgt, auch wenn ich diese Vision nicht vollständig teile. Er möchte ja das Studium beim Bachelor weiter verschulen und erst beim Master weiter vertiefen.
Schmid: Auch ich möchte dem Minister eine gewisse Vision nicht absprechen, nur für viele Studenten handelt es sich da um eine Horrorvision. Die Art und Weise, wie er den Bologna-Prozess umsetzt, macht die Universitäten zu Erfüllungsgehilfen privatwirtschaftlicher Interessen.
Badelt: Ich kann ihre Sorgen teilweise nachvollziehen. Aber als Rektor der WU kann ich mich der Forderung „Bildung statt Ausbildung“ nicht anschließen. 90 Prozent meiner Studierenden wollen einen guten Job, und den möchte ich ihnen ermöglichen.
Nehmen wir an, die Regierung würde eine Bildungsmilliarde anbieten.
Ribolits: Das wäre ein Anfang. Es würde allerdings den grundsätzlichen Charakter der Bewegung im Audimax ziemlich beschneiden. Denn die großen Probleme, wie die zunehmende Ökonomisierung und Verschulung der Unis, würden wieder nicht gelöst.
Freie Wahlfächer wurden mit dem Bologna-Prozess praktisch abgeschafft. Die Möglichkeit einer individuellen Studiengestaltung hat stark abgenommen. Begrüßen Sie das?
Badelt: Es ist der Preis, den man zahlt, wenn Studierende nach drei Jahren mit einem Bachelortitel erfolgreich in den Arbeitsmarkt können sollen.
Julian Schmid, Sie sind vom Bologna-System selbst auch betroffen, Sie sind Bachelorstudent.
Schmid: Ich studiere Politikwissenschaften auf der Hauptuniversität und wollte auf der WU das Fach Sozialpolitik belegen. Selbst dieses Fach konnte ich mir aber nicht anrechnen lassen. Genau darin liegt das Problem: Das Bologna-System, das die Europäisierung und Flexibilisierung der Hochschulen verspricht, ist eine Mär. Man kann nicht einmal innerhalb derselben Stadt flexibel zwischen den Instituten wählen.
Badelt: Aber das ist nicht die Schuld von Bologna.
Schmid: Stimmt. Man könnte das Bologna-System ja grundsätzlich begrüßen, aber die Art der Umsetzung macht das Studieren in vielen Fächern nicht mehr möglich.
Badelt: Da gibt es in der Tat Probleme. Das muss künftig viel flexibler gehandhabt werden können.
Herr Badelt, wie soll die Universität in zehn Jahren aussehen?
Badelt: Ich würde mir eine Regierung wünschen, die das Bildungssystem grundsätzlich umbaut und schon beim Kindergarten beginnt. Darüber hinaus brauchen wir eine Gesamtschule. Bei den Universitäten müssen klare Kapazitäten definiert werden, die wesentlich großzügiger sein müssen als jene, die wir heute haben. Es sollten Voraussetzungen für Master- und PhD-Studiengänge geschaffen werden. Spitzenuniversitäten haben alle einen geregelten Zugang und Studiengebühren.
Sie wünschen sich also eine Uni, die im internationalen Wettbewerb bestehen kann?
Badelt: Natürlich.
Maurer: Auch wir wollen gute Wissenschaft, die internationalen Rankings arbeiten aber mit fragwürdigen Kriterien. Nur weil eine Universität in den letzten Jahren ein paar Nobelpreisträger hervorgebracht hat, ist sie noch lange nicht die beste Uni der Welt. Der Fokus muss der sein, dass wir so vielen Menschen wie möglich den Zugang zur Bildung ermöglichen und dass auch soziale Durchlässigkeit gegeben ist.
In den letzten zwei Wochen ist der Eindruck entstanden, dass die ÖH zu einem Zaungast dieser Bewegung degradiert wurde.
Schmid: Hier wird von Politik und Medien der Versuch unternommen, ÖH und Audimax-Plenum auseinanderzudividieren. Wir haben im Plenum beschlossen, dass genau das nicht passieren soll.
Aber die ÖH vertritt das Plenum nicht.
Maurer: Nein. Wir als ÖH sind schließlich dazu da, 250.000 Studierende in ganz Österreich zu vertreten.
Aber warum konnte die Hochschülerschaft nicht selbst so einen Protest aufstellen, wie das im Audimax klappte.
Maurer: Das Spannende an diesem Protest ist, dass er wie ein Netzwerk ohne Führung funktioniert, und das hält ihn am Leben.
Ribolits: Es gab in der Vergangenheit ja bereits ähnliche Besetzungen. Denken Sie an jene in Hainburg. Eine spontane Bewegung, die im Übrigen dadurch umgebracht wurde, dass man sie an den Verhandlungstisch geholt hat. Ich finde die gegenwärtige Konstellation daher durchaus sinnvoll. Auf der einen Seite die politisch legitimierte ÖH, auf der anderen Seite die soziale Bewegung, die wir im Audimax erleben. Letztere können ganz andere Forderungen stellen.
Wie soll der Konflikt dann aber gelöst werden?
Maurer: Wer sagt, dass dieser Konflikt gelöst werden muss? Der Protest soll schließlich der Beginn eines längeren Prozesses sein.
Schmid: Dem stimme ich zu. Wir fordern nichts weniger als einen fundamentalen Wechsel in der Bildungspolitik. Und bis das erreicht ist, bleiben wir im Audimax.
View Comments
Klarnamen sollten gerade in diesen Zeiten, in denen bekannt wurde wie sehr die Staaten den Bürger fürchten, absolut nicht in Frage kommen. Solange das Internet völlig abgeschöpft wird ist das nur demokratiefeindlich.
Meine Theorie ist ja, dass die Kommentare sich nur dem Journalistenstandard im Jahre 2013 anpassen. In den meisten Artikeln geht es auch nur noch um Fertigmachen und Lügen verbreiten.
Es sind auch nicht nur die Hasspostings, die meisten Kommentare kann man sowieso in die Tonne treten, weil sich nur irgendwer wichtig machen möchte. Lesen Sie mal einen paar Kommentare unter einem Artikel über eine Fernsehsendung, da stehen garantiert fünf "Ich habe ja keinen Fernseher mehr" Postings, die keinem weiterhelfen, außer dass der Poster sich jetzt für elitär hält.
Die Kommentarspalten der meisten größeren Onlinemedien, die ich so besuche, sind für mich mehr Freakshow als Diskussionsplattform, also etwas, was man sich anschaut, wenn man eine leicht masochistische Lust hat auf Realsatire hat.
Sie werden regiert von Kreischern, Trollen und deren Strohmännern und sonstigen Scheinargumenten, bis hin zu offenem Hass. Natürlich gibt es auch den einen oder anderen sinnvollen oder konstruktiven Beitrag, diese gehen aber meist unter im Meer derer, die sich gegenseitg hochschaukeln.
Ich kann auch nachvollziehen, dass viele Medien ihr Klickvieh nicht vergraulen wollen, und daher ganz bewusst lieber zu wenig also zu viel moderieren, oder 'zensieren', wie gerade die Lautschreiber nicht müde werden zu betonen. Es gibt genug Kommentare die auf "dieser Kommentar kommt eh nicht durch die Zensur" o.ä. enden, weil die Leute genau wissen, was das sie da für einen Stuss verzapft haben und präventiv die Zensur-Karte ausspielen.
Spannend wäre einfach zu wissen, wie viele sich entnervt von der Schlammschlacht abwenden, weil es ihnen -so wie mir- einfach zu blöd ist.
Man könnte einen "Ich hätte ja was zu sagen, aber..."-Button einführen...
Sehr schön formuliert! So ein Button wäre eine spannende Idee, glaube auch, dass man sich damit einige Menschen vergrault, denen das Niveau zu tief ist.
"Deswegen ist es falsch, den Status quo der Onlineforen zu verteidigen."
Dafür müsste man den über einen Kamm geschorenen Internetforen einen gemeinsamen Status Quo unterstellen. Aber wie soll das denn gehen?
Ich kann nicht einfach dahergehen und die Nachrichtenkommentare auf Yahoo.de, die ausschließlich für Werbezwecke (Klicks generieren durch einfache Kommentarfunktion) dort als Feature integriert sind mit inhaltlich hochwertigen und moderierten Sachforen vergleichen.
Das ist ungefähr so, wie die Spiegel Leserbriefe mit dem schwarzen Brett an der Uni zu vergleichen (übrigens auch inhaltlich).
Die Wurzel des Problems liegt m.E. ganz woanders, nämlich die frei zugängliche Kommentarfunktion zur Klickgenerierung auf verschiedensten Portalen. Diese senkt die Hemmschwelle, einen Kommentar SOFORT abzusenden, ohne ihn noch einmal gelesen und kokkrrigiiert zu haben.
Aber darauf werden Portale nicht verzichten, denn Kommentare generieren Klicks und somit Geld.
Ich persönlich nehme immer folgende Kategorisierung vor:
Portale - Kommentare nicht ernst nehmen - mindestens 50% Trolls, kein Inhalt, nur Meinungen
Foren - Mitgleiderzahl und Nutzstatistik der letzten Tage und Wochen ansehen und wenn dort dem Thema entsprechend viele Leute zu finden sind, kann man von einigermaßen Seriösität ausgehen.
Außerdem bleibt einem ja immernoch das gute alte Ignorieren von Spackos.
Warum wurden nun ausgerechnet diese 3 Beispiele herrangezogen ? Warum nicht zBsp:
"möglich, dass es keien abasicht vom bullen war. indem die bullen aber leute abschieben begehen sie ganz bewußt und mit voller absicht gewalttaten. Das ist das Schlimme. "
oder
" wäh...wie mich dieses land schon ankotzt...."
(beide youtube)
oder
"Menschen die diese Freiheit bzw. die österr. Verfassung ablehnen, wie Sie, sind abzuschieben!"
(die Presse.com)
Richtig, "man sollte man dafür eintreten, dass dort mit Respekt und nicht mit Ressentiments argumentiert wird." Da wollen "WIR" mit gutem Beispiel vorran gehen!
was kommentare angeht habe ich schon festgestellt, das es in manchen foren wie zum beispiel beim spiegel üblich ist, das kommentare die sich kritisch zu beiträgen des spiegels äußern, nicht veröffentlicht werden..wenn man zum beispiel moniert das der spiegel in manchen artikeln der boulevard un yellow press konkurenz macht..und dadurch unnötige und überflüsse dinge produziert...wenn man dies tut bekommt man eine e-mail das der kommentar nicht freigeschaltet wird..und zwar ohne angabe von gründen...denn der kommentar war nicht beleidigend, nicht ausfallend und es wurde auch nicht gedroht oder beschimpft...es wurde sich lediglich kritisch mit dem beitrag auseinander gesetzt....soviel zu meinungsfreiheit im internet
Ich bin ja immer noch dafür, Kommentarspalten zu Leser-Hinweis-Orten zu machen.
Will heießen: Schreibfehler, Kritik an Stil, Satzbau, Themensetzung, Diskussion über vereinfachende Begriffe, Hinweise auf inhaltliche Fehler, gute Blogs, andere Quellen. Aber auch: häßliche Fotos, schlimme Screenshots, Meckern an Symbolfotos ("Polizeiautotür in Großaufnahme" an jeder Verbrechensnachricht, "Springerstiefel" bei Naziaufmärschen, uswusf.), Reden über Phrasen, Floskeln, falsche Metaphern...
Ich will Mehrwert, Lesespaß und Erkenntnis. Dazu gehört, dass Leser/Zuhörer/Zuschauer ernst genommen werden. Da bringt eine Diskussion über Quellenauswahl, tendenziöse Interviewpartner oder zusätzliche Fakten beiden Seiten mehr. Vor allem, wenn sich das in der nächste Nachricht widerspiegelt. Dann lernen beide Seiten was dazu.
Diese ganze "Politik"-"Diskussion" kann man sowieso auf jeder Nachrichtenseite zur selben Nachricht fast gleichlautend lesen. Trolle, Polemiker, Spammer, Dudenverweigerer, Dudenfetischisten... alle vereint. Daneben noch drei bis dreißig halbwegs Argumentierende - das kann man auch ganz bleiben lassen (vor allem, da externe Links in Kommentaren eh oft gelöscht werden).
Finde das eine gute Idee, auch Fehler der Redaktion transparent zu machen oder auch kleine handwerkliche Schnitzer (Tippfehler, stilistische Schlampereien, falsche Links) schneller melden zu können. Übrigens hat die New York Times einen sehr guten Austausch mit ihrer Leserschaft, eine Art Leserbeauftragte ("Public Editor") recherchiert sogar nach, warum eine Geschichte erschien, wie sie erschien; oder warum eine Information fehlte. Siehe http://publiceditor.blogs.nytimes.com/author/margaret-sullivan/
Der Artikel leidet unter einem argumentativen Spagat. Einerseits wirbt er für seinen Haltung, damit, dass nicht hingenommen werden soll, dass "andere beleidig[t] oder sogar bedroh[t]" werden. Da kann man noch zutimmen. Dann soll das Ziel aber eine allgemein freundlichere Debatte sein. Es ist aber nicht klar, was mit hart geführten Debatten, die sachlichen Inhalt haben, geschehen soll.
Wenn ich z.B. das erste Beispiel nehme, der das "Heimschicken aller" fordert, hilft das auch nicht weiter. Die Forderung entspricht sachlich offensichtlich der nach einer Abschaffung des Asylrechts. Das ist eine im Rahmen der Meinungsfreiheit gedeckte Meinungsäußerung. Ich kann auch nicht erkennen, wer dadurch beleidigt oder bedroht würde.
Oder es meint einfach:
"Ausländer raus"
Warum bist duc darauf nicht gekommen?
Aber wäre das nicht auch eine legitime Forderung?
Feig? Wie “Jura Säufer” zb.?
Man wird von der bewährten Methode des anonymen Postens nicht abgehen nur weil manche schwache User mit dieser Freiheit nicht umgehen können, die Konsequenzen dieses persönlichen Versagens aber nur zu gerne "den anderen" aufbürden wollen.
Auf Ausflüchte wie "Mordaufrufe an Muslimen" will ich weiter nicht eingehen, es sieht ja eh jeder was da los ist...
Extreme Meinungen gehören zur Meinungsfreiheit dazu. Klar, kann man ausblenden, wäre sicher auch keine Zensur - aber letztlich würde man damit nur die Augen vor dem Problem verschließen, dass es da draußen eine Menge Menschen gibt, die eben eine andere Meinung haben und diese auch extrem formulieren.
Es wäre besser, die Kommentarfunktion zu verbessern. Fast alle Publikationen haben einen einfachen Block, wo von oben bis unten alle Kommentare angezeigt werden. Dass da keine Diskussionen entstehen, sondern jeder nur seine Meinung ablädt und abhaut, ist kein Wunder.
Bei Heise z.B. gibt es zu jedem Artikel Foren mit echten Threads. Während Widerspruch zu Extremmeinungen andernorts irgendwo in der Textwüste verschwindet, gibt es dort die Reaktion direkt im Kontext. Es entwickeln sich auch durchaus interessante Diskussionen, denen man leichter folgen kann als bei anderen Seiten.
Vielleicht sollten sich Anbieter daran ein Beispiel nehmen, statt die Meinungsvielfalt unter dem Deckmantel der Harmonie einzuschränken. Viele Journalisten trauern wohl der guten, alten Zeit hinterher, in der sie die Hoheit hatten über die kleine Auswahl veröffentlichter Leserbriefe. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass die Kommentarfunktion bei manchen Artikeln schlicht gesperrt ist: Kein Widerspruch erlaubt.
Sicher, das ist ihr "Hausrecht". Ich bin jedoch anderer Meinung.
Sie wollen ernsthaft ausgerechnet das Heise-Forum als positive Alternative herausstellen? Sowohl vom Inhalt als auch von der Struktur her ist das doch einer der finstersten Orte im deutschsprachigen Netz, darunter kommt höchstens noch Krautchan.
Guten Morgen,
Entschuldigung, aber diese drei oben gezeigten Beispiele für negative Postings sind absolut harmlos.
Ich habe 10 Jahre lang ein Diskussionsforum betrieben. Dort wurden z. B. Mordaufrufe veröffentlicht. Dort wurde über die Größe des Penis von Personen spekuliert, wurde mir mit analer Vergewaltigung, Schüssen mit Dum Dum Munition in den Schädel, der Vergewaltigung und Leichenschändung meiner Frau, der Folterung ihrer Mutter, der Ausbombung unserer Wohnung. OK, das ist übertrieben, das Geschlechtorgan war harmlos.
Von den nächtlichen Terroranrufen ganz zu schweigen.
Und dann liefern Sie so harmlose, süße Beispiele? Das ist alles? Das Wort "Tusse" ist harmlos, und es wurde nicht zur Ermordung einer Demonstrantin unter voller Nennung ihres Namens, ihrer Adresse und ihres Bildes aufgefordert.
DAS sind Kommentare, über die man sich Gedanken machen muss.
Mit besten Grüßen
Thomas Berscheid