Tag für Tag ein Propagandastück
Halbwahrheiten, Verschwörungstheorien, Schreckensmeldungen: Die FPÖ macht gezielt Stimmung im Internet -und liefert ihren Anhängern eine perfekte digitale Parallelrealität.
Von Ingrid Brodnig & Jakob Winter
Mitten in der TV-Diskussion des Privatsenders ATV holte der freiheitliche Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer einen Zettel aus seiner blauen Mappe. Es handelte sich um einen Ausdruck vom Online-Medium unzensuriert. at, den Hofer als Beleg dafür verstanden wissen wollte, wie unwählbar sein Konkurrent sei. Es handelte sich um einen Text über den Rapper Nazar, der sich für den Kandidaten Van der Bellen aussprach.
Unzensuriert.at ist eine Website, auf der Propaganda im freiheitlichen Sinne verbreitet wird. Die Blauen haben es geschafft, sich eine digitale Parallelrealität aufzubauen -mit eigenen Sites, mit Videonachrichten und Facebook-Accounts. Fans und “besorgte Bürger” werden dort permanent mit parteigenehmen Informationen versorgt. Die Online-Inszenierung erklärt einen Teil des Erfolgs der Freiheitlichen. Weitgehend unbemerkt von den traditionellen Medien und klassischen Parteien entsteht im Netz ein neuer Machtfaktor in der Meinungsbildung.
Der blaue Kanal
Wer sich länger auf der Plattform unzensuriert.at umsieht, kann den Eindruck gewinnen, Österreich stehe kurz vor dem Zusammenbruch. Der Wiener Bezirk Meidling (“Arabisch-Meidling”) erinnere an einen “Stadtteil in Bagdad”, heißt es beispielsweise. In 15 Jahren werde “die Hälfte der Bevölkerung asylwerberischer Abstammung sein”. Alexander Van der Bellen wird unterstellt, womöglich gar einen “Ausverkauf” der Heimat anzudenken. Als veritabler Erlöser dagegen erscheint Norbert Hofer, der vor “Hetze” von allen Seiten in Schutz genommen und für seinen “sensationellen Wahlkampf” gefeiert wird.
Bezeichnenderweise wird unzensuriert.at von führenden FPÖ-Mitarbeitern verantwortet: Der Geschäftsführer der Website, Walter Asperl, arbeitet als Referent im blauen ParlamentsklubDie Website kann längst nicht mehr als unbedeutendes Blog abgetan werden. Laut der Branchenseite 1000flies.de zählte eine Meldung des Portals im Jahr 2015 zu den drei Artikeln mit den meisten Interaktionen auf Facebook (Likes, Shares und Kommentare zusammengerechnet) im deutschsprachigen Raum. Geschickt nutzt die Plattform, die sich selbst als “nonkonformistisch” bezeichnet, die Skepsis gegenüber etablierten Medien, denen Parteilichkeit vorgeworfen wird.
Bezeichnenderweise wird unzensuriert.at von führenden FPÖ-Mitarbeitern verantwortet: Der Geschäftsführer der Website, Walter Asperl, arbeitet als Referent im blauen Parlamentsklub. Als Chefredakteur gilt Alexander Höferl, der hauptberuflich Kommunikationschef der Freiheitlichen ist. Wohlgemerkt: Er bestreitet, Chefredakteur des Portals zu sein – obwohl mehrere Artikel auf unzensuriert.at ihn als solchen beschreiben. Höferl verantwortet auch FPÖ-TV, den YouTube-Kanal der Partei. Sein Faible für journalistisch anmutende Projekte kommt nicht von ungefähr: Er war einst Journalist beim ORF Niederösterreich -ausgerechnet beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk also, den die FPÖ so gern kritisiert. Zu einem Gespräch mit profil war er nicht bereit.
Der Name “Unzensuriert” suggeriert Unabhängigkeit. Tatsächlich aber ist das Blog fixer Bestandteil der freiheitlichen Öffentlichkeitsstrategie. “Im blauen Mediensystem fungiert unzensuriert.at als Dreckschleuder. Gezielt werden dort sehr harte Texte über alle verfasst, die der FPÖ nicht recht sind”, sagt der Grünen-Nationalratsabgeordnete Karl Öllinger, der auf seiner Website stopptdierechten.at seit Jahren die einschlägige Szene im Netz beobachtet. Politiker, Prominente und Journalisten werden von unzensuriert.at gern vorgeführt. Nachdem profil-Herausgeber Christian Rainer die deutschnationalen und rassistischen Tendenzen in den Bildern von Norbert Hofers Lieblingsmaler Manfred “Odin” Wiesinger thematisiert hatte, höhnte unzensuriert. at, ob Rainer “der Rasse-Beauftragte der Regierung oder gar der Justiz” sei.
In den Leserkommentaren wurden FPÖ-Kritiker dann als “‘journaillistischer’ Abschaum” beschimpft oder der Präsidentschaftskandidat Van der Bellen als “EINGEBÜRGERTER Österreich hassender AUS-LÄNDER” verunglimpft, der gar nicht das Recht haben solle, zu kandidieren. Das Team von unzensuriert.at löscht solche Hasspostings nicht -auch ein Statement.
Reichweitenbringer Facebook
Die Fanpage von Heinz-Christian Strache auf Facebook sei “die Drehscheibe unserer Kommunikation”, erklärte Alexander Höferl gegenüber dem “Kurier“. Über Facebook kann die FPÖ tatsächlich ein Millionenpublikum erreichen. Mit 350.000 Fans ist Strache der erfolgreichste österreichische Politiker auf Facebook, und zwar mit großem Abstand. Norbert Hofer hat 190.000 Anhänger. Erst auf Platz drei findet sich ein Politiker anderer Couleur: Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) mit 165.000 Fans.
Man kann davon ausgehen, dass Straches Beiträge einer Million Nutzer eingeblendet werdenEntscheidend ist jedoch nicht die Fanzahl allein, sondern das Ausmaß der Interaktion auf Facebook. Viele Likes führen dazu, dass Beiträge auch mehr Nutzern angezeigt werden. Hier ist Strache besonders erfolgreich: Im Schnitt bekommt er pro Posting 1900 Likes, besagt das Analysetool fanpagekarma.com. “Man kann davon ausgehen, dass Straches Beiträge einer Million Nutzer eingeblendet werden. Das macht den Facebook-Auftritt für die Partei so wichtig. Sie braucht etablierte Medien nicht”, sagt der deutsche Politik-und Digitalberater Martin Fuchs: “Populisten tun sich auf Facebook auch besonders leicht. Sie müssen keine politischen Kompromisse vertreten wie manche Regierungspartei. Sie können auch eine sehr emotionale Sprache verwenden. Bei Strache sieht man, dass er oft Worte wie ‘unfassbar’,’fassungslos’ oder ‘wütend’ verwendet.”
Neben Zeitungsartikeln, die gut in sein Weltbild passen, teilen Heinz-Christian Strache und sein Team auch Inhalte, die bestenfalls halbwahr sind. Ein Beispiel: Straches Account verbreitete ein Wahlplakat Van der Bellens auf Türkisch und schrieb dazu: “Bezeichnend!” Tatsächlich war dieses Sujet eine Erfindung; es stammte nicht von Van der Bellens Wahlkampfteam. Als Quelle wurde ein Institut angegeben, das gar nicht existiert. Obwohl die Website Mimikama.at dies aufdeckte, teilte Straches Fanpage dieses Sujet Tage später noch einmal. Hauptsache, es kann Stimmung gemacht werden -ob die Fakten stimmen, ist Nebensache.
Ein Teil des digitalen Erfolgs der Freiheitlichen basiert auf der Kraft der Suggestion: Schüre so lange Ängste, bis die Menschen sich wirklich fürchten! Das Netz bietet für Parteien die Chance, mit entsprechenden Botschaften ihre Wähler direkt anzusprechen -ohne den lästigen Umweg über kritische Medien.
Das Weltbild dahinter
Neben Texten von parteinahen Sites oder klassischen Medien werden von Strache gern obskure Blogs online geteilt -etwa “Sputnik News”, ein russischer Propagandakanal. Auch bei Verschwörungstheoretikern dockt Strache an. Die Behauptung, dass die Kondensstreifen von Flugzeugen am Himmel ein Komplott der Chemieindustrie seien, um die Bevölkerung zu vergiften, findet Strache durchaus nicht abwegig. Auf Facebook schreibt er: “Manche ‘Verschwörungstheorien’ sind reale ‘Verschwörungspraxis’! :)”
Das Kalkül der Rechtspopulisten: Verschwörungstheorien reduzieren die Komplexität der Wirklichkeit und brandmarken Sündenböcke. Die Zielscheiben sind austauschbar: Einst waren es Templer und Juden, heute sind es Flüchtlinge. Das macht Verschwörungstheorien so attraktiv für Populisten: Wer glaubt, Regierung und Medien hätten sich gegen die Bevölkerung verschworen, wird eher geneigt sein, obskuren Blogs zu glauben.
Die Neuen Rechten möchten eine konservativ-autoritäre Wende in der Gesellschaft einleiten, einen Prozess, den sie selbst als ‘Reconquista’ bezeichnenManch eine Verschwörungstheorie ist alles andere als harmlos. Im Netz ist oft von einem drohenden “Bürgerkrieg” die Rede. Dahinter verbirgt sich eine Strategie der sogenannten Neuen Rechten, mit dem Ziel, ihr Weltbild zu verbreiten. Springerstiefel und Bomberjacken haben sie ausgemustert, vom Nationalsozialismus grenzen sie sich üblicherweise ab. Visuell und inhaltlich pflegen die Neuen Rechten ein Erscheinungsbild, das Anknüpfungen in breitere Gesellschaftsschichten erlaubt. Statt Rassenlehre wird Kulturkampf geboten: Warnungen vor dem “großen Austausch” der Bevölkerung und einer daraus resultierenden Spaltung der Gesellschaft – zwischen Muslimen und allen anderen. Die Neuen Rechten möchten eine konservativ-autoritäre Wende in der Gesellschaft einleiten, einen Prozess, den sie selbst als “Reconquista” bezeichnen.
Das FPÖ-Blog unzensuriert.at pflegt beste Kontakte zu führenden Köpfen der Neuen Rechten, etwa zum Deutschen Götz Kubitschek. Der frühere Aktivist der islamfeindlichen Pegida-Bewegung organisiert die jährliche “Zwischentag”-Messe, ein Forum für neurechte bis rechtsextreme Medien. Auch “unzensuriert.at” stellte dort in den Jahren 2012 und 2013 aus.
Wie Lügen entblößt werden
Die Internetstrategie der FPÖ ist einer der Gründe für die Zuwächse der Freiheitlichen. Die Rechtspopulisten sind seit Jahren konsequent auf Facebook präsent, sie haben Sites wie FPÖ-TV und unzensuriert.at aufgebaut und binden damit eine stetig wachsende Fangemeinde an die Partei. Die politischen Mitbewerber gehen im Vergleich nahezu dilettantisch vor: Andere Parteien nehmen Social Media oft nur zu Wahlkampfzeiten ernst; die SPÖ etwa startete sogar erst einen Monat vor der Bundespräsidentenwahl den Facebook-Account ihres Kandidaten Rudolf Hundstorfer.
Andere sind schon etwas weiter: Die Grünen klagten beispielsweise User, die gefälschte Zitate von Parteichefin Eva Glawischnig auf Facebook weiterverbreiteten. Hier sollte mit Lügen gezielt Stimmung gemacht werden. Ein Teil der Poster stammt übrigens laut den Grünen aus dem Umfeld der FPÖ.
Sicher gibt es Menschen, die glauben unseren Korrekturen partout nicht. Aber generell sind Richtigstellungen schon wirkungsvollDas Portal Mimikama.at deckt solche Propaganda-Fakes auf. Auch Heinz-Christian Strache wurden dort schon Falschmeldungen nachgewiesen. “Sicher gibt es Menschen, die glauben unseren Korrekturen partout nicht. Aber generell sind Richtigstellungen schon wirkungsvoll. Zum Beispiel schreiben uns immer wieder Leute:,Danke, dass ihr das aufgeklärt habt. Ich wäre fast auf die Falschmeldung hereingefallen'”, sagt Andre Wolf, einer der Betreiber von Mimikama.at und der dazugehörigen Facebook- Site “Zuerst denken – dann klicken“. Dieser Facebook-Account hat immerhin 640.000 Fans.
Trotz der Aufklärungsarbeit von Sites wie Mimikama.at oder zahlreichen Klagen gegen unzensuriert.at gibt es noch genügend Menschen, die den blauen Kanälen mehr Glauben schenken als seriösen Medien. Norbert Hofer ist einer von ihnen -wie er im ATV-Duell bewies, als er einen Ausdruck von unzensuriert.at hervorkramte.
Weiterführende Information:
Hier hat auch der Standard eine Datenauswertung und Analyse vom Facebook-Auftritt von Heinz-Christian Strache gemacht, durfte im Text auch kurz zu Wort kommen.
Dieser Artikel erschien in profil (Ausgabe 21/16) und wurde gemeinsam von Jakob Winter und mir verfasst. Foto: Franz Johann Morgenbesser auf Flickr (gemäß der dort angegebenen Creative-Commons-Lizenz).
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Mich würde interessieren, wie es dir in und nach den 2 Wochen gegangen ist.
Aus dem Falter wissen ja alle, dass du dein Handy mit ins Bett nimmst ...
Gute Frage! Grundsätzlich war es angenehm, ich habe auf meinem iPhone den Mail-Account gelöscht, hatte gar nicht das Bedürfnis, all die eintreffenden Mails zu lesen. Doch dann habe ich selbst gegen mein Sabbatical verstoßen: Während der Feiertage hat sich bei mir etwas Privates ereignet und ich wollte meine Kollegen diesbezüglich verständigen. Nur was tun? Jeden einzelnen anrufen? An alle ein SMS? Mir schien E-Mail die beste Kommunikationsform und schließlich habe ich dann gemailt. So ganz habe ich mein Sabbatical also nicht eingehalten, aber trotzdem zwei Dinge gelernt: 1.) Es ist eine gute Idee, den Mail-Empfang am iPhone während des Urlaubs zu deaktivieren - das werde ich weiterhin machen. 2.) Ganz auf E-Mail zu verzichten, ist aber gar nicht so leicht, vor allem wenn man selbst einen großen Mitteilungsdrang hat. Mir ging eher das Mail-Versenden als das Mail-Empfangen ab...
OK. Das heißt ja wohl, dass du nur auf die Mails verzichtet hast. ;-)
Musste den Artikel noch mal lesen, um das zu verstehen. Dass heißt, du hast dich nur auf das "normale" Urlaubslevel runtergesetzt. Ich dachte, du willst es OHNE Internet schaffen. Sprich: OHNE Mail, OHNE Surfen, OHNE Online-Spiele - OHNE Internet eben.
Das hast du dir zu einfach gemacht, finde ich. Und dann nicht mal ganz eingehalten.
Ingrid ich habe heute leider kein Foto für dich ...
Interessanter Einwand - aus meiner Sicht habe ich das weggelassen, was mich während des Urlaubs am meisten stört (eben, dass ich trotzdem ständig E-Mails checke). Aber wenn ich zwischendurch nach einem guten Lokal google oder online einen Routenplan suche, stört mich keine Sekunde lang. Im Gegenteil: Ich würde es als extreme Benachteiligung empfinden, wenn ich in meiner Freizeit darauf verzichten müsste.
Natürlich kann man's auch so sehen, dass das nur ein Schmalspur-Sabbatical war. Den echten Offline-Test haben schon andere gemacht, zum Beispiel Alex Rühle für sein Buch "Ohne Netz". http://www.falter.at/web/shop/detail.php?id=33075&SESSID= Aber schauen wir mal, vielleicht wage ich mich doch noch über eine echte Auszeit drüber. Bisher verspüre ich jedenfalls nicht den Drang, das Internet gänzlich abzudrehen...
Da kommt also ein Gerät heraus, welches kleiner und leichter ist, doppelt so viel Prozessorleistung bietet, eine 9x schnellere Grafik, ein verbessertes Display, einen FullHD-Ausgang für externe Präsentationen und die Nachrüstung der viel bemängelten Kameras. Und das ist dann keine Innovation. Alright.
Ja, das ist eine Verbesserung, aber noch keine Innovation. Etwas anderes zu behaupten, ist echt gewagt.
11. Gebot - Du sollst Apple nicht kritisieren.
neuer Link für Conan O'Brien
http://teamcoco.com/content/apple-employees-can%E2%80%99t-help-gloat-about-new-ipad
Falls dich die Details interessieren sollten:
http://imgur.com/BghEN
Interessant, Danke für den Link! Diese komischen Geräusche hatten also einen Grund...
Und genau da liegt das Problem fuer
Wenn sich Werbepreise fuer Online Ads den Offline Ads, also Zeitungsinseraten, annaehern wuerden, waere die ganze Geschichte auch ohne Paywall finanzierbar. Denn zieht man bei einer Zeitung die Druckkosten und die Lieferkosten ab, bleibt unterm Strich auch nichts mehr uebrig (oder noch weniger). Zwar wird von den Werbeagenturen immer mehr Geld vom offline ins online advertising verschoben, doch hat das in den letzten Jahren nicht den erhofften Preisanstieg gegeben. Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass 15 Dollar pro User nur durch on page advertising praktisch nicht erreichbar sind. Selbst wenn die NYT pro 1000 aufgerufenen Seiten 10 Dollar bekommt (was derzeit eh nicht realistisch ist, eher 1/3 - 1/10 davon), muesste ein User 1500 Seiten pro Monat aufrufen um damit auf 15 Dollar zu kommen.
Andererseits stellt sich die Frage wie lange es dauern wird um den Aufwand, der die Implementierung und Wartung einer Paywall mit sich bringt, mit Abos zu finanzieren.
Ich bin auf jeden Fall gespannt wo das in den naechsten Monaten/Jahren hinfuehren wird :-)
Danke für den spannenden Einblick in die Zahlen! Was ich mich frage: Ist es realistisch, dass sich die Onlinewerbepreise irgendwann den Offlinepreisen angleichen? In den letzten Jahren ist das ja leider nicht passiert.
Im App-Store von Apple kommt übrigens ein neues Problem für die Zeitungshäuser hinzu: Da kassiert Apple 30 Prozent des Umsatzes ein, dazu gibt's auch wieder heftige Debatten (siehe zB http://www.tagesschau.de/wirtschaft/apple142.html).
Darauf kann man natuerlich nicht pauschal mit ja oder nein antworten. Da erstens die Werbeformen sowohl offline als auch online zu verschieden sind. Wenn man online Werbung auf Zeitungsportalen mit Zeitungsanzeigen vergleicht, wuerde ich eher dazu tendieren und "nein" zu sagen. Unterm Strich wird wohl in den naechsten Jahren immer noch mehr mit Zeitungsanzeigen zu holen sein. Doch koennen gewisse Online Kampagnen natuerlich ueber den offline Preisen liegen. Wenn zB gezielt Werbung fuer eine gewisse Zielgruppe geschaltet wird ("nur die 25-35 jaehrigen, alleinstehenden Maenner mit Sportwagen") sind die Preise dementsprechend hoeher.
Ich moechte auch noch anmerken, dass die Zahlen, die ich oben geschrieben haben nicht die wirklichen Zahlen der NYT sind. Es sind lediglich Schaetzungen aufgrund meiner Erfahrungen (beschaeftige mich seit 2001 mit Online Werbung und die Preise sind seither stetig gesunken - Ende 90er Jahre waren die Preise am ehesten mit Offline Preisen zu vergleichen). Darueber hinaus bin ich mir ziemlich sicher, dass die NYT bessere Preise fuer Online Kampagnen erzielt als irgendein 08/15 Blog. Trotzdem sind die Preise im Keller, auch wenn die NYT einen 50-fach hoeheren Preis bekommt :-)
Zu apple: der von dir verlinkte Artikel ist leider etwas einseitig geschrieben. Kurz die Gegenseite: Das mit den 30% stimmt. Allerdings nur fuer "neue" Kunden, also Kunden, die ueber die App angeworben wurden. Es steht jedem Verlag frei, ausserhalb des App Stores Abos zu verkaufen (die dann natuerlich auch innerhalb der App genutzt werden koennen). Fuer solche Verkaeufe bekommen die Verlage dann 100%. So das Argument von Apple.
Natuerlich sitzt der Dollar lockerer wenn man in der App ist, die Zahlungsdaten hinterlegt sind und man nur noch auf "abonnieren" druecken muss. Das weiss Apple natuerlich auch ...
Warum ich es schrecklich und unverständlich finde, dass so viele Leute so viel Geld für Dreckjournale ohne Wert ausgeben, während niemand für echten Journalismus zahlen will:
http://karinkoller.wordpress.com/2011/03/26/dinge-die-wir-hassen-frauenzeitschriften/
Selbstredend gibt nichts dagegen zu sagen für die NYT zu zahlen. Vielleicht nur, dass wir in seltsamen medialen Zeiten leben, wenn eine Journalistin eine Art Rechtfertigung dafür postet. Es ist aber auch mehr als nur "für guten Journalismus" zahlen - es ist ein Commitment zur Marke, zum Medium und wahrscheinlich eine Art Freude über das implizite Bildungsversprechen einer Zeitung wie die New York Times. Und unterstreicht den Mangel an solchen Angeboten in Österreich. Was ein derartiges Commitment zu geben zur Zeit schwer macht, ist die schiere mediale Vielfalt am Bildschirm. Ein zunehmend diffuser gewordenes Angebot, die oft zitierte mediale Herausforderung. Tageszeitung lesen, Magazine rezipieren und sich dann um die Feeds kümmern. Welches Medium greife ich heraus, um es finanziell zu unterstützen? - NYT, SZ, NZZ, FAZ,...,....,....,....,.....,...,....,....,....,.....,,...,....,....,....,.....,,...,....,....,....,.....,,...,....,....,....,.....,,...,....,....,.Glückwunsch, wenn man hier klar sieht und für sich zu einer Entscheidung kommt. Unglücklich hingegen finde ich die Formulierung "guter Journalismus". Was das ist, ist stets persektiven-abhängig und kommt meist oberlehrerhaft herüber. Ob die Strasser-Aufdeckung etwa ein Beispiel für "guten Journalismus" ist, halte ich etwa für dikussionswürdig - Büros mieten, Politiker in Versuchung führen usw. Eine Top-Story allemal. Aber "guter Journalismus". Naja, für mich verwunderlich. Aber egal. Schönes Wochenende.