Bei echtem Protest wird auch die Jury ausgebuht

Der Protestsongcontest ist eine Mischung aus Castingshow und Gesellschaftskritik. Verstimmungen sind einkalkuliert



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Die Cremeschnitten gehören zu den 10 Finalisten

In einem Festsaal mit Turnhallenflair und Faschingsdekoration fand vergangene Woche die Vorausscheidung zum Finale des Protestsongcontests statt. Jeder konnte zuvor ein Lied mit politischer Botschaft einreichen, sei es einen Kiffersong oder die Aufforderung, alles anzuzünden.



Darum ging es zum Beispiel in zwei Einsendungen. Aus rund 200 Liedern wurden die 25 besten gewählt, sie durften ins Halbfinale. Hier in der Veranstaltungshalle im 15. Bezirk traten die Bands entweder live auf oder spielten ihren Song auf CD vor, im Finale muss dann alles live sein. Zehn Bands kamen weiter. Die Endrunde findet am 12. Februar im Wiener Rabenhof statt. An diesem Tag begann 1934 der österreichische Bürgerkrieg, auch der Rabenhof wurde beschossen.



Seit sieben Jahren gibt es musikalischen Widerstand im Rabenhof-Theater. Von dort stammt die Idee, Kooperationspartner ist FM4. Mathias Zsutty ist im Sender dafür zuständig und moderierte auch die Vorausscheidung. Auf der Bühne fragte er jeden Kandidaten, wogegen er protestiert. Manche hätten sich vorab eine Antwort überlegen sollen.



Was einen guten Protestsong ausmacht? „Für mich ist wichtig, dass es ein konkretes Anliegen gibt“, sagt Zsutty. Auch heuer scheiterten im Halbfinale vor allem jene Bands, die keine klare Botschaft hatten. Das Lied „Start the Revolution“ wollte zum Beispiel zum Aufstand aufrufen, doch welche Revolution war gemeint? Das verrieten die Musiker nicht – und schieden aus.



Die zehn Finalisten treten kommenden Freitag an (die Songs kann man hier anhören). Darunter vielversprechende Acts wie die Band pauT, die mit Kontrabass, Klarinette und E-Gitarre gegen all die klugen Ratschläge antritt, oder der Beschwerdechor St. Pölten, der die Tristesse in der Provinz gemeinsam besingt. Der Gewinner kann dann einen Abend im Rabenhof veranstalten und wird auf FM4 fleißig gespielt.



Die Musik und die gesellschaftskritischen Texte sind dabei nur der halbe Spaß. Die ausgeflippten Bühneneinlagen und böse Kommentare von der Jury gehören mittlerweile auch schon bei der Vorauswahl dazu.



Im Finale wird der Ton dann noch rauer. Da passiert es regelmäßig, dass die Jury – insbesondere die Falter-Kolumnistin Doris Knecht – ausgebuht wird. Zsutty stört das nicht, im Gegenteil: „Das macht auch den Charme der Veranstaltung aus: Das Publikum kann sich einmischen, sogar mit Buhrufen.“







Dieser Bericht ist für das Feuilleton im Falter 05/10 erschienen. Foto: Julia Fuchs

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