Warum verdienen gut gebildete Frauen schlecht, Frau Famira?

/Nach 15 Jahren gibt es wieder einen Frauenbericht. Dieser zeigt, dass die Frauen bei der Bildung deutlich aufgeholt haben. Trotzdem verdienen sie wesentlich weniger. Ulrike Famira-Mühlberger, Arbeitsmarktexpertin des Wifo, über die Gründe.



Frauen sind heute besser gebildet, zum Teil sogar besser als Männer. Warum verdienen sie trotzdem schlechter?



Da sind drei Aspekte wichtig. Zum einen gibt es in den Bildungsabschlüssen eine starke Segregation. Frauen konzentrieren sich auf relativ wenige und schlechter bezahlte Berufssparten und Ausbildungen.



Also zum Beispiel Sozialberufe oder geisteswissenschaftliche Studien?



Genau. Der zweite Punkt ist, dass gut ausgebildete Frauen mit ähnlichen Gehältern wie ihre männlichen Kollegen im Beruf einsteigen, im Laufe der Zeit verdienen sie aber weniger wegen Karriereunterbrechungen oder geringerer Arbeitszeitflexibilität. Drittens wird übersehen, dass zwar junge Frauen besser gebildet sind, über alle Altersgruppen hinweg ist das Bildungsniveau der Frauen aber noch etwas schlechter als jenes der Männer.



Wenn Frauen Kinder kriegen, schadet das ihrem Einkommen?



Ja, das ist der wichtigste Faktor des Lohnunterschiedes. Wenn Frauen heiraten und Kinder kriegen, verdienen sie in der Regel weniger. Interessant ist hierbei, dass Männer durch Ehe und Kinder hingegen an Lohn dazugewinnen.



Nun wird eine bessere Kinderbetreuung gefordert. Ist das der Knackpunkt, um die Lohnunterschiede zu beseitigen?



Ja. Ganztägige leistbare Kinderbetreuungsplätze sind der Knackpunkt. Wichtig ist auch die Ganztagsschule, denn nicht nur kleine Kinder brauchen Betreuung. Außerdem gehören die Männer stärker eingebunden. Das „Use it or lose it“-Prinzip des Kinderbetreuungsgeldes sollte verstärkt werden. Wenn die Väter die Karenz nicht in Anspruch nehmen, verliert die Familie den Anspruch auf die Karenzzeit.





Am Apparat ist die Telefonkolumne des Falter. Dieses Interview ist in Ausgabe 22/10 erschienen. Das obige Foto ist ein Toilettenzeichen aus Südtirol. Credit: Flickr-User Niccolò Caranti

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