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“Rupert Murdoch will uns umbringen”

Bill Keller, Chefredakteur der New York Times, über die Enthüllungen von Wikileaks, die Zukunft der gedruckten Zeitung und den unersetzbaren Wert von Redaktionen


Bill Keller ist kein Schwarzmaler, das sagt er über sich selbst. Dabei leidet die New York Times immens an der US-amerikanischen Zeitungskrise und will nun für ihre Onlineausgabe Geld verlangen. Beim Besuch in Wien erklärte der Chefredakteur der New York Times, wie er sich den Qualitätsjournalismus nach dem Tod der Zeitung vorstellen kann, wie er über Medienmogul Rupert Murdoch denkt und warum das vielgerühmte iPad der Branche Geld bringen könnte.


Falter: Herr Keller, wird die Zeitung in 100 Jahren noch existieren? Oder werden sie künftige Generationen nur noch aus dem Museum kennen?

Bill Keller: 100 Jahre sind eine lange Zeit. Ich bin mir zumindest sicher, dass es die Zeitung in zehn, 15 Jahren noch geben wird. Das ist wie bei den Vinylplatten. Die hätten angeblich auch aussterben sollen, wurden aber zu einer Art Sammlerobjekt. Irgendwann wird es sich wirtschaftlich nicht mehr rentieren, Bäume zu fällen und Papier zu bedrucken. Dann wird die Zeitung durch etwas ersetzt, was alle Vorteile des herkömmlichen Drucks hat und noch ein paar Errungenschaften dazu. Für mich ist das keine Tragödie.

Was bedeutet das für Ihre eigene Zeitung? Ihr Herausgeber Arthur Sulzberger sagte bereits: Wir werden den Druck der New York Times irgendwann in der Zukunft einstellen.“

Keller: Stimmt, aber er sagte nicht, wann diese Zukunft eintreten wird. Die Entwicklung erkennen wir jetzt: Wir verkaufen ungefähr eine Million Zeitungen pro Tag, mehr als 30 Millionen Menschen besuchen monatlich unsere Webseite. Wir erreichen somit mehr Leute im Internet als in Print. Die Zukunft ist digital – egal, ob die Zeitung tatsächlich im Internet oder als Applikation auf einem Gerät wie dem iPad gelesen wird. Die Substanz der New York Times ist ja nicht das Ding, das man in der Hand hält. Ihre Substanz ist der Journalismus, den hunderte Reporter, Fotografen, Redakteure und Webproducer erzeugen.

Sie glauben, dass die Onlinezeitung künftig die Verluste der Printzeitung ersetzen kann?

Keller: Ja.

Aber bisher geht diese Rechnung nicht auf.

Keller: Das wird sich ändern. Der Großteil unserer Einnahmen kommt derzeit aus der Zeitung, ein kleinerer Teil kommt aus dem Internet. Mit der Zeit wird Online immer mehr wachsen, wohingegen Print schwindet.

Ab kommendem Jahr wollen Sie für Ihre Onlineausgabe Geld verlangen. Wie soll das funktionieren?

Keller: Die Kunst ist, vom Abonnenten Einnahmen zu generieren, ohne das Werbegeschäft zu vermiesen. Den Werbern geht es um hohe Zugriffszahlen auf die Webseite. Wir planen deswegen ein sogenanntes Zählmodell. Der User bekommt eine bestimmte Anzahl von Artikeln gratis, danach muss er zahlen. Unsere Schranken bleiben dabei beweglich: Wenn die Zugriffe auf die Webseite sinken und die Werbeeinnahmen dadurch gefährdet werden, dürfen die Leute wieder mehr Artikel gratis lesen. Niemand erwartet, dass wir mit diesem System plötzlich irrsinnige Summen verdienen. Mit der Zeit wollen wir aber ein Verständnis dafür schaffen, dass sich unser Journalismus von anderen Angeboten im Netz unterscheidet und dass seine Herstellung teuer ist.

Sie wollen die Leute also zum Umdenken bringen? Derzeit heißt es oft: Für Nachrichten kann man im Internet kein Geld verlangen.

Keller: Und einst hieß es: Niemand wird für Musik online zahlen. Dann entwickelte Apple iTunes und macht heute enorme Gewinne. Mittlerweile gibt es kostenpflichtige Apps für das iPad. Die Leute gewöhnen sich langsam daran, für die digitale Ausgabe des New York Magazine oder von Wired ein bisschen Geld zu zahlen. Dieses Umdenken beginnt also bereits.

Wird das iPad tatsächlich die Branche retten oder ist es ein Hype?

Keller: Gewissermaßen ist es ein Hype. Es ist ein tolles Gerät, aber ich bezweifle, dass ein einziges Gerät ein Monopol auf dem Nachrichtenmarkt haben wird. Es kommen bereits Konkurrenzprodukte auf den Markt. Wichtig ist, dass einem diese Geräte Lust aufs Lesen machen.

In der New York Times gibt es sogar eine eigene Forschungsabteilung. Was passiert dort?

Keller: An manchen Tagen fühlt es sich so an, als sei die gesamte New York Times eine Forschungsabteilung. (Lacht.) Aber Sie meinen wohl unser Research and Development Department. Diese recht kleine Abteilung studiert neue Geräte und überlegt, wie man in den nächsten drei, vier Jahren neue Einnahmen machen könnte. Viel spannender finde ich die generelle Entwicklung in unserem Newsroom. Wir bekommen regelmäßig Auszeichnungen für unsere Innovationen und haben einfallsreiche junge Experten angestellt. In den letzten fünf Jahren haben wir unseren Zeitungs- und Onlinenewsroom zusammengelegt. Das führt zu kreativen Ideen, viele der interessanteren Einfälle stammen dabei von traditionellen Zeitungsredakteuren.

Warum haben denn herkömmliche Journalisten besonders gute Einfälle?

Keller: Herkömmliche Journalisten sind auch nicht blöd. Es gibt zusätzlich noch viele andere kluge Leute – wichtig ist, sie alle in die Diskussion einzuladen. In vielen Redaktionen sitzen auf der einen Seite die Printjournalisten, sie sind quasi die wichtigen Leute, und auf der anderen Seite befindet sich die Digitalabteilung, quasi Mitarbeiter zweiter Klasse. Wenn man die Mauer zwischen ihnen niederreißt, gibt es viel mehr kreative Ideen.

Haben Sie ein Beispiel?

Keller: Einer unserer Moskau-Korrespondenten hat eine Reihe über Putins Russland verfasst. Bevor wir seine Beiträge veröffentlichten, ließ er alle Texte ins Russische übersetzen und stellte sie auf populären russischen Blogs online. Wir haben dort die Leserkommentare gesammelt und diese ins Englische übersetzt. Die besten Kommentare gab es dann auf unserer Webseite und in der Zeitung zu lesen. Auf diese Weise bekamen wir Rückmeldungen von Menschen, die Putins Regime selbst erleben.

Sie sagen: Die Substanz der New York Times ist ihr Journalismus. Ist diese Substanz in den USA gefährdet?

Keller: Ich bin zwar kein Schwarzmaler, einige Zeitungen haben aber schon zugesperrt, viele andere überleben dadurch, dass sie teurere Formen der Berichterstattung abschaffen. Die Washington Post hat letztes Jahr alle nationalen Büros geschlossen; einige Zeitungen leisten sich nicht einmal mehr einen Redakteur in ihrer eigenen Hauptstadt; die investigative Berichterstattung leidet.

Auch die New York Times hat schon Mitarbeiter entlassen. Wenn sich Ihre Hoffnung doch nicht erfüllt und das Onlinegeschäft die Verluste aus Print nicht ausgleichen kann, wären Sie dann für eine staatliche Unterstützung?

Keller: Da bin ich sehr misstrauisch. Die staatliche Medienförderung mag anderswo Tradition sein, bei uns ist sie das nicht. Natürlich gab es immer eine gewisse Unterstützung für US-amerikanische Medien – Zeitungen bekamen zum Beispiel günstigere Posttarife für den Aboversand. Aber bei einer staatlichen Rettungsmaßnahme würde ich mich eher unwohl fühlen.

Sogar wenn es ums Überleben Ihrer Zeitung ginge?

Keller: Wenn es ums Überleben geht, hat man meistens einen sehr starren Blick. Ich will jetzt keine Option ausschließen, aber ein enthusiastischer Anhänger dieser Lösung wäre ich nicht.

In Städten wie Chicago oder San Francisco gibt es keine Zeitung mehr. Wie wirkt sich das auf die amerikanische Demokratie aus?

Keller: Die Gefahr ist offensichtlich. Unsere Demokratie braucht informierte Wähler. Die Menschen brauchen aber gute Informationen, um kluge Entscheidungen zu treffen – ansonsten folgen sie den Demagogen und Schreihälsen im Kabelfernsehen. Bei San Francisco oder Chicago sollte man aber eines berücksichtigen: Dort gibt es seriöse Onlinemedien, wie etwa The Bay Citizen oder Chicago News Cooperative. Sie werden von früheren Printjournalisten geleitet, wir drucken einen Teil ihrer Artikel auch in unserer Lokalausgabe ab. Somit unterstützen wir sie ein bisschen. Diese Onlinemedien wurden mit dem Geld privater Stiftungen oder Spender gegründet, ob sie sich langfristig selbst erhalten können, werden wir noch sehen. Ich finde es jedenfalls wichtig, dass die Leute neue Formen des Qualitätsjournalismus ausprobieren.

Heuer gewann auch zum ersten Mal ein Onlinemedium, nämlich Pro Publica, den Pulitzer-Preis.

Keller: Den ausgezeichneten Text haben wir auch in unserem Magazin abgedruckt. Die Journalistin Sheri Fink schrieb über medizinisches Personal in New Orleans, das Patienten umbrachte.

Ist der Pulitzer-Preis für Pro Publica ein echtes Signal oder doch nur eine Ausnahmeerscheinung?

Keller: Da bin ich hoffnungsvoll. Vielleicht ist es ein Keim, aus dem eine neue Form des Journalismus heranwachsen wird, während die alte vergilbt.

Die neuesten Enthüllungen der Webseite Wikileaks sorgen für Aufregung. Schafft Wikileaks eine neue Form von Aufdeckerjournalismus?

Keller: Das Web hat eine neue Form des Aufdeckerjournalismus geschaffen, weil Experten nun jederzeit ihre Meinung einbringen können, weil die Arbeit der Mainstreammedien auf ihre Richtigkeit hin überprüft werden kann. Aber ob Wikileaks wirklich eine signifikante Neuerung ist, wird sich erst noch zeigen. Ich selbst weiß nicht, von wem die zugespielten Dokumente stammen. Der Verdacht ist aber, dass ein einziger US-Soldat einen Sicherheitsbruch beging und dadurch die großen Wikileaks-Enthüllungen ermöglichte. Dieser Informant wurde verhaftet.

Die New York Times zitiert selbst aus diesen Geheimdokumenten. Wikileaks hat ein sehr radikales Verständnis von Transparenz. Ist so viel Transparenz immer richtig?


Keller: Ich glaube nicht an bedingungslose Transparenz. Die Pressefreiheit inkludiert auch die Freiheit, etwas nicht zu veröffentlichen. Wir haben im aktuellen Fall von dieser Freiheit Gebrauch gemacht und manche Dokumente redigiert, um zum Beispiel Dissidenten zu schützen oder aktuelle Einsätze der Geheimdienste und die nationale Sicherheit womöglich nicht zu gefährden. Wir gaben der Regierung die Möglichkeit, bei allen Informationen Einspruch zu erheben, ehe diese veröffentlicht wurden. Manchmal haben wir diese Hinweise berücksichtigt, manchmal nicht. Aber wir nehmen staatssicherheitliche Bedenken absolut ernst.

Nicht nur das Netz fordert Zeitungen heraus, auch Rupert Murdoch ist Ihr deklarierter Feind. Der Medienmogul kaufte 2007 das Wall Street Journal und will …


Keller: … uns umbringen.

Haben Sie Angst vor Rupert Murdoch?

Keller: Murdoch trat an und sagte: Ich kaufe das Wall Street Journal, ich mache es zu einer allgemeinen Publikumszeitung und bringe die New York Times um.“ Da wurden wir schon nervös. Bisher haben wir aber nicht den Eindruck, dass sich seine Drohungen auf unsere Auflage oder unser Inseratgeschäft ausgewirkt hätten. Das Journal ist eine Wirtschaftszeitung, die traditionell von Montag bis Freitag gelesen wird. Murdoch will eine Samstagsausgabe aufbauen, ist damit bisher aber nicht sehr erfolgreich. Unsere beliebteste Ausgabe ist das Sonntagsblatt, ihre schwächste Ausgabe erscheint am Samstag. Gleichzeitig verliert das Wall Street Journal Teile seiner traditionellen, wirtschaftsorientierten Leserschaft – die wollen wir ihnen wegschnappen.

Murdoch hat sehr viel Geld in das Wall Street Journal gesteckt. Da gibt es sogar die Meinung, dass er damit dem US-amerikanischen Journalismus hilft.

Keller: Schauen Sie, ich finde es immer gut, wenn Menschen in Zeitungen und in Redakteure investieren. Aber in Amerika ist Rupert Murdoch zuallererst für Fox News bekannt – und dafür, wie Fox News den Ton in der öffentlichen Debatte verändert und die Menschen zynischer gemacht hat. Nichts, was Rupert Murdoch mit dem Wall Street Journal macht, kann an diesem Eindruck etwas ändern. Es gibt eine herzhafte Debatte, ob das Journal nun eine bessere Zeitung oder konservativer und unausgewogener ist. Mir fällt es da schwer, objektiv zu sein; aber die Tatsache, dass er in Journalismus Geld steckt, ist grundsätzlich gut.

Nun feierte die extrem rechte Tea Party bei den Kongresswahlen große Erfolge. Sind die Medien daran mit schuld?

Keller: Zuallererst ist das eine Reaktion auf die Wirtschaftslage, in der zehn Prozent aller Erwachsenen keinen Job haben und in denen die Wut wächst. Aber ja, diese Wut und diese Verbitterung wurden auch vom Kabelfernsehen angeheizt. Der Ton im Kabelfernsehen hat sich in den letzten fünf Jahren verändert. Früher gab es CNN, und CNN berichtete einmal besser, einmal schlechter von den Ereignissen dieser Welt. Dann wurden die Schreihälse im Kabelfernsehen lauter, allen voran Fox News. Das hat zur Polarisierung in der Gesellschaft beigetragen.

Bewegen wir uns in ein Zeitalter, in dem sich Emotion und Populismus über sachliche Argumente hinwegsetzen?

Keller: Diese Angst gibt es in den USA, aber ich glaube, sie ist in Europa größer. Europa hat extremere Erfahrung mit Trennung, Spaltung und Polarisierung gemacht als wir. Die aktuelle Entwicklung ist beunruhigend, wir sollten aber nicht vergessen, dass jeden Monat 30 Millionen Menschen die Webseite der New York Times aufrufen; 30 Millionen hören National Public Radio, das sehr gute Nachrichten macht; wohingegen die größten Schreihälse im Kabelfernsehen froh sind, wenn bei ihnen eine Million Menschen einschalten.

Als Europäer bekommt man manchmal den Eindruck, die Mehrheit der US-Amerikaner würde sich über Fox News informieren.

Keller: Nein, Bill O’Reilly, der populärste Schreihals auf Fox News, hat etwa 800.000 oder 900.000 Zuseher. Damit macht der Sender viel Geld, und seine Zuseherzahl wächst. Wenn Menschen um ihre Existenz fürchten, ihr Haus zwangsversteigert wird oder sie den Job verlieren, hören sie den lauten Stimmen eben eher zu. Aber wir sollten das trotzdem in Relation setzen: Die weniger aufgeregten, traditionelleren Nachrichtenmedien haben noch immer ein größeres Publikum als die Schreihälse.




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Zur Person
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Bill Keller, 61, ist seit 2003 Chefredakteur der New York Times. Er arbeitet seit den 80er-Jahren für die „Grey Lady“, war Korrespondent in Moskau und Südafrika und berichtete vom Ende der Sowjetunion sowie der Apartheid. Für seine Berichterstattung aus Russland erhielt er 1989 den Pulitzer-Preis.
Die Times leidet enorm unter der US-Zeitungskrise. Im Vorjahr wurden 100 Redaktionsstellen abgebaut, derzeit arbeiten im Newsroom der Zeitung rund 1150 Menschen. Im ersten Quartal 2011 will die New York Times ihr Online-Bezahlmodell starten und von den Lesern der Webseite künftig Geld verlangen



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Diskussion
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Das Institut für die Wissenschaften vom Menschen (IWM) veranstaltete Ende November eine Diskussion zum Thema Medien und Demokratie. Zu den international renommierten Diskutanten zählten Bill Keller, Ezio Mauro, Chefredakteur von La Repubblica, Paul Starr von der Princeton University und Bodo Hombach, Geschäftsführer der WAZ Mediengruppe




Dieses Interview ist im Falter (Ausgabe 48/10) erschienen. Fotos: Julia Fuchs

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  • Klarnamen sollten gerade in diesen Zeiten, in denen bekannt wurde wie sehr die Staaten den Bürger fürchten, absolut nicht in Frage kommen. Solange das Internet völlig abgeschöpft wird ist das nur demokratiefeindlich.

    Meine Theorie ist ja, dass die Kommentare sich nur dem Journalistenstandard im Jahre 2013 anpassen. In den meisten Artikeln geht es auch nur noch um Fertigmachen und Lügen verbreiten.
    Es sind auch nicht nur die Hasspostings, die meisten Kommentare kann man sowieso in die Tonne treten, weil sich nur irgendwer wichtig machen möchte. Lesen Sie mal einen paar Kommentare unter einem Artikel über eine Fernsehsendung, da stehen garantiert fünf "Ich habe ja keinen Fernseher mehr" Postings, die keinem weiterhelfen, außer dass der Poster sich jetzt für elitär hält.

  • Die Kommentarspalten der meisten größeren Onlinemedien, die ich so besuche, sind für mich mehr Freakshow als Diskussionsplattform, also etwas, was man sich anschaut, wenn man eine leicht masochistische Lust hat auf Realsatire hat.
    Sie werden regiert von Kreischern, Trollen und deren Strohmännern und sonstigen Scheinargumenten, bis hin zu offenem Hass. Natürlich gibt es auch den einen oder anderen sinnvollen oder konstruktiven Beitrag, diese gehen aber meist unter im Meer derer, die sich gegenseitg hochschaukeln.

    Ich kann auch nachvollziehen, dass viele Medien ihr Klickvieh nicht vergraulen wollen, und daher ganz bewusst lieber zu wenig also zu viel moderieren, oder 'zensieren', wie gerade die Lautschreiber nicht müde werden zu betonen. Es gibt genug Kommentare die auf "dieser Kommentar kommt eh nicht durch die Zensur" o.ä. enden, weil die Leute genau wissen, was das sie da für einen Stuss verzapft haben und präventiv die Zensur-Karte ausspielen.

    Spannend wäre einfach zu wissen, wie viele sich entnervt von der Schlammschlacht abwenden, weil es ihnen -so wie mir- einfach zu blöd ist.
    Man könnte einen "Ich hätte ja was zu sagen, aber..."-Button einführen...

    • Sehr schön formuliert! So ein Button wäre eine spannende Idee, glaube auch, dass man sich damit einige Menschen vergrault, denen das Niveau zu tief ist.

  • "Deswegen ist es falsch, den Status quo der Onlineforen zu verteidigen."

    Dafür müsste man den über einen Kamm geschorenen Internetforen einen gemeinsamen Status Quo unterstellen. Aber wie soll das denn gehen?

    Ich kann nicht einfach dahergehen und die Nachrichtenkommentare auf Yahoo.de, die ausschließlich für Werbezwecke (Klicks generieren durch einfache Kommentarfunktion) dort als Feature integriert sind mit inhaltlich hochwertigen und moderierten Sachforen vergleichen.

    Das ist ungefähr so, wie die Spiegel Leserbriefe mit dem schwarzen Brett an der Uni zu vergleichen (übrigens auch inhaltlich).

    Die Wurzel des Problems liegt m.E. ganz woanders, nämlich die frei zugängliche Kommentarfunktion zur Klickgenerierung auf verschiedensten Portalen. Diese senkt die Hemmschwelle, einen Kommentar SOFORT abzusenden, ohne ihn noch einmal gelesen und kokkrrigiiert zu haben.
    Aber darauf werden Portale nicht verzichten, denn Kommentare generieren Klicks und somit Geld.

    Ich persönlich nehme immer folgende Kategorisierung vor:
    Portale - Kommentare nicht ernst nehmen - mindestens 50% Trolls, kein Inhalt, nur Meinungen
    Foren - Mitgleiderzahl und Nutzstatistik der letzten Tage und Wochen ansehen und wenn dort dem Thema entsprechend viele Leute zu finden sind, kann man von einigermaßen Seriösität ausgehen.

    Außerdem bleibt einem ja immernoch das gute alte Ignorieren von Spackos.

  • Warum wurden nun ausgerechnet diese 3 Beispiele herrangezogen ? Warum nicht zBsp:

    "möglich, dass es keien abasicht vom bullen war. indem die bullen aber leute abschieben begehen sie ganz bewußt und mit voller absicht gewalttaten. Das ist das Schlimme. "

    oder
    " wäh...wie mich dieses land schon ankotzt...."
    (beide youtube)
    oder
    "Menschen die diese Freiheit bzw. die österr. Verfassung ablehnen, wie Sie, sind abzuschieben!"

    (die Presse.com)

    Richtig, "man sollte man dafür eintreten, dass dort mit Respekt und nicht mit Ressentiments argumentiert wird." Da wollen "WIR" mit gutem Beispiel vorran gehen!

  • was kommentare angeht habe ich schon festgestellt, das es in manchen foren wie zum beispiel beim spiegel üblich ist, das kommentare die sich kritisch zu beiträgen des spiegels äußern, nicht veröffentlicht werden..wenn man zum beispiel moniert das der spiegel in manchen artikeln der boulevard un yellow press konkurenz macht..und dadurch unnötige und überflüsse dinge produziert...wenn man dies tut bekommt man eine e-mail das der kommentar nicht freigeschaltet wird..und zwar ohne angabe von gründen...denn der kommentar war nicht beleidigend, nicht ausfallend und es wurde auch nicht gedroht oder beschimpft...es wurde sich lediglich kritisch mit dem beitrag auseinander gesetzt....soviel zu meinungsfreiheit im internet

  • Ich bin ja immer noch dafür, Kommentarspalten zu Leser-Hinweis-Orten zu machen.
    Will heießen: Schreibfehler, Kritik an Stil, Satzbau, Themensetzung, Diskussion über vereinfachende Begriffe, Hinweise auf inhaltliche Fehler, gute Blogs, andere Quellen. Aber auch: häßliche Fotos, schlimme Screenshots, Meckern an Symbolfotos ("Polizeiautotür in Großaufnahme" an jeder Verbrechensnachricht, "Springerstiefel" bei Naziaufmärschen, uswusf.), Reden über Phrasen, Floskeln, falsche Metaphern...

    Ich will Mehrwert, Lesespaß und Erkenntnis. Dazu gehört, dass Leser/Zuhörer/Zuschauer ernst genommen werden. Da bringt eine Diskussion über Quellenauswahl, tendenziöse Interviewpartner oder zusätzliche Fakten beiden Seiten mehr. Vor allem, wenn sich das in der nächste Nachricht widerspiegelt. Dann lernen beide Seiten was dazu.

    Diese ganze "Politik"-"Diskussion" kann man sowieso auf jeder Nachrichtenseite zur selben Nachricht fast gleichlautend lesen. Trolle, Polemiker, Spammer, Dudenverweigerer, Dudenfetischisten... alle vereint. Daneben noch drei bis dreißig halbwegs Argumentierende - das kann man auch ganz bleiben lassen (vor allem, da externe Links in Kommentaren eh oft gelöscht werden).

    • Finde das eine gute Idee, auch Fehler der Redaktion transparent zu machen oder auch kleine handwerkliche Schnitzer (Tippfehler, stilistische Schlampereien, falsche Links) schneller melden zu können. Übrigens hat die New York Times einen sehr guten Austausch mit ihrer Leserschaft, eine Art Leserbeauftragte ("Public Editor") recherchiert sogar nach, warum eine Geschichte erschien, wie sie erschien; oder warum eine Information fehlte. Siehe http://publiceditor.blogs.nytimes.com/author/margaret-sullivan/

  • Der Artikel leidet unter einem argumentativen Spagat. Einerseits wirbt er für seinen Haltung, damit, dass nicht hingenommen werden soll, dass "andere beleidig[t] oder sogar bedroh[t]" werden. Da kann man noch zutimmen. Dann soll das Ziel aber eine allgemein freundlichere Debatte sein. Es ist aber nicht klar, was mit hart geführten Debatten, die sachlichen Inhalt haben, geschehen soll.

    Wenn ich z.B. das erste Beispiel nehme, der das "Heimschicken aller" fordert, hilft das auch nicht weiter. Die Forderung entspricht sachlich offensichtlich der nach einer Abschaffung des Asylrechts. Das ist eine im Rahmen der Meinungsfreiheit gedeckte Meinungsäußerung. Ich kann auch nicht erkennen, wer dadurch beleidigt oder bedroht würde.

  • Feig? Wie “Jura Säufer” zb.?

    Man wird von der bewährten Methode des anonymen Postens nicht abgehen nur weil manche schwache User mit dieser Freiheit nicht umgehen können, die Konsequenzen dieses persönlichen Versagens aber nur zu gerne "den anderen" aufbürden wollen.

    Auf Ausflüchte wie "Mordaufrufe an Muslimen" will ich weiter nicht eingehen, es sieht ja eh jeder was da los ist...

  • Extreme Meinungen gehören zur Meinungsfreiheit dazu. Klar, kann man ausblenden, wäre sicher auch keine Zensur - aber letztlich würde man damit nur die Augen vor dem Problem verschließen, dass es da draußen eine Menge Menschen gibt, die eben eine andere Meinung haben und diese auch extrem formulieren.

    Es wäre besser, die Kommentarfunktion zu verbessern. Fast alle Publikationen haben einen einfachen Block, wo von oben bis unten alle Kommentare angezeigt werden. Dass da keine Diskussionen entstehen, sondern jeder nur seine Meinung ablädt und abhaut, ist kein Wunder.

    Bei Heise z.B. gibt es zu jedem Artikel Foren mit echten Threads. Während Widerspruch zu Extremmeinungen andernorts irgendwo in der Textwüste verschwindet, gibt es dort die Reaktion direkt im Kontext. Es entwickeln sich auch durchaus interessante Diskussionen, denen man leichter folgen kann als bei anderen Seiten.

    Vielleicht sollten sich Anbieter daran ein Beispiel nehmen, statt die Meinungsvielfalt unter dem Deckmantel der Harmonie einzuschränken. Viele Journalisten trauern wohl der guten, alten Zeit hinterher, in der sie die Hoheit hatten über die kleine Auswahl veröffentlichter Leserbriefe. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass die Kommentarfunktion bei manchen Artikeln schlicht gesperrt ist: Kein Widerspruch erlaubt.

    Sicher, das ist ihr "Hausrecht". Ich bin jedoch anderer Meinung.

    • Sie wollen ernsthaft ausgerechnet das Heise-Forum als positive Alternative herausstellen? Sowohl vom Inhalt als auch von der Struktur her ist das doch einer der finstersten Orte im deutschsprachigen Netz, darunter kommt höchstens noch Krautchan.

  • Guten Morgen,
    Entschuldigung, aber diese drei oben gezeigten Beispiele für negative Postings sind absolut harmlos.
    Ich habe 10 Jahre lang ein Diskussionsforum betrieben. Dort wurden z. B. Mordaufrufe veröffentlicht. Dort wurde über die Größe des Penis von Personen spekuliert, wurde mir mit analer Vergewaltigung, Schüssen mit Dum Dum Munition in den Schädel, der Vergewaltigung und Leichenschändung meiner Frau, der Folterung ihrer Mutter, der Ausbombung unserer Wohnung. OK, das ist übertrieben, das Geschlechtorgan war harmlos.
    Von den nächtlichen Terroranrufen ganz zu schweigen.
    Und dann liefern Sie so harmlose, süße Beispiele? Das ist alles? Das Wort "Tusse" ist harmlos, und es wurde nicht zur Ermordung einer Demonstrantin unter voller Nennung ihres Namens, ihrer Adresse und ihres Bildes aufgefordert.
    DAS sind Kommentare, über die man sich Gedanken machen muss.
    Mit besten Grüßen
    Thomas Berscheid

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