Ein Pirat erzählt von seinem Tagwerk
Peter Sunde droht ein Jahr Haft, weil er mit seinem Download-Portal Pirate Bay einen Millionenschaden verursacht haben soll. Nun plant er den nächsten Coup
Sunde sagt, er lasse sich davon nicht beirren, er kämpfe gegen das Urteil an und ist sich keiner Schuld bewusst. Nun will er ein zweites Mal das Web auf den Kopf stellen und hat den Bezahldienst Flattr gestartet. Bei diesem können User kleine Beträge an Blogs oder Webdienste spenden. Über sein neues Projekt, faire Bezahlung im Netz und über seine Vorstellung des Urheberrechts wird Sunde am Donnerstag in Wien diskutieren. Schon vorab hat sein Besuch für Aufregung gesorgt: Der geladene Vertreter der Film- und Musikindustrie hat seine Teilnahme an der Veranstaltung abgesagt.
Falter: Herr Sunde, Sie sind laut Gericht Komplize bei unzähligen Urheberrechtsverletzungen. Deswegen will Werner Müller von der Musik- und Filmindustrie nicht mit Ihnen auf einem Podium sitzen und diskutieren. Was antworten Sie ihm?
Peter Sunde: Er hat abgesagt, weil er es wahrscheinlich schwer hätte, diese Diskussion mit mir zu gewinnen. Ich bin auf der Seite des Volkes, er ist auf der Seite des Geldes. Das ist wohl der Grund.
Herr Müller sieht das anders. Er will nicht mit einem „strafrechtlich verurteilten“ Piraten reden. Sie wurden immerhin zu einem Jahr Haft verurteilt.
Sunde: Dieses Urteil ist nicht rechtskräftig. Bevor es kein rechtskräftiges Urteil gibt, bin ich ebenso wenig verurteilt wie Herr Müller. Wir haben das erstinstanzliche Urteil angefochten, und ich bin mir sicher, dass wir das Verfahren gewinnen werden. Wenn nicht in zweiter Instanz, dann höchstgerichtlich. Bevor wir The Pirate Bay starteten, haben wir uns rechtlich schlau gemacht. Es gibt einige ähnliche Fälle in Schweden, wo kein Rechtsverstoß festgestellt wurde.
Viele Musiker oder Filmstudios darben dahin, während potenzielle Kunden Raubkopien downloaden und nichts zahlen. Auch mithilfe der Pirate Bay. Das soll fair sein?
Sunde: Alle Studien zeigen: Wenn Menschen downloaden, entwickeln sie ein stärkeres Interesse für Musik und Filme. Sie geben mehr Geld für Kultur aus. Und es gibt viele Künstler, die anfangs ihre Musik gratis anbieten, damit sie bekannter werden und daraufhin Geld verdienen.
Viele Musiker stellen ihre Lieder aber ganz bewusst nicht gratis ins Internet. Das passiert ohne deren Zustimmung.
Sunde: In aller Fairness: Das wird man nicht stoppen können. So funktioniert das Internet nun mal, so sind wir Menschen. Ich habe von meinen Freunden immer Musik kopiert, auch als es nur Kassetten gab. Kopieren ist Teil der menschlichen Natur. Wer den Austausch im Internet stoppen will, müsste alles abdrehen und nur noch einzelne Dienste zulassen, die rund um die Uhr überwacht werden.
Wieso das denn?
Sunde: Ein freies Internet bedeutet, dass niemand die Webaktivitäten überwachen kann. Wenn man den Datenaustausch verhindern will, muss man das gesamte Internet permanent kontrollieren. Filesharing findet auf unterschiedliche Weise statt, nicht nur über BitTorrent- oder FTP-Dienste. Wenn Sie nur eine Art der Technologie sperren, funktioniert das nicht. Dann wechseln wir einfach zu anderen Technologien. Entweder Sie haben ein offenes Internet oder ein Netzwerk, das totalitär kontrolliert wird.
Wollen Sie also das Urheberrecht zur Gänze abschaffen?
Sunde: Darum geht es gar nicht. Das Urheberrecht soll an die heutige Welt angeglichen werden. Die Leute reden nur ungern über Urheberrecht, weil das so ein sprödes Thema ist. Das führt dazu, dass die großen Konzerne aufmarschieren und ihre Bedingungen diktieren können. Am Ende werden die Leute verarscht. Beim Copyright sollte es aber in erster Linie darum gehen, was gut für die Gesellschaft ist, und erst in zweiter Linie um die Firmen.
Sie reden von „großen Konzernen“, die die Leute „verarschen“. Es ist doch völlig legitim, dass Mitarbeiter einer Plattenfirma auch Geld verdienen wollen.
Sunde: Ich rede auch nicht von den Arbeitern in den guten Firmen. Die sollten ein Einkommen haben. Das ist nicht das Problem. Die Situation ist unfair. In Schweden gibt es vier große Plattenfirmen. Wenn man einen Song herausbringen will, muss man mit ihnen einen Vertrag abschließen, seine Seele verkaufen und 95 Prozent aller Einnahmen abgeben. Das sind Sklavenverträge. Die Leute, die tatsächlich etwas kreieren, verdienen nicht an der Musik. Sie verdienen ihr Geld auf anderem Weg. Zum Beispiel mit Konzerten.
Und was wäre Ihre Lösung für dieses „Sklavensystem“, von dem Sie sprechen?
Sunde: Wir hören andauernd, wie viel Geld die Tonträgerindustrie verliert. Aber sie verliert nicht tatsächlich Geld, sie macht nur weniger Gewinn. Wir sollten nicht mehr darüber reden, wie die Geld machen können. Wir sollten lieber darüber reden, wie sich mehr und mehr Menschen an Kultur oder an Musik beteiligen können.
Nun haben Sie Flattr gegründet. Dort spendet man kleine Beiträge an Blogger oder Onlinezeitungen. Wollen Sie so die Leute stärker involvieren?
Sunde: Ja, denn jeder beteiligt sich gern an etwas, was er mag. Wenn man auf ein Konzert geht, kauft man das T-Shirt. Nicht weil das T-Shirt so toll aussieht, sondern weil es ein Symbol ist, wofür man steht. Ich glaube, mit Flattr ist das ähnlich. Man zeigt jemandem, dass man ihn mag, indem man ihm „flattert“. Im Wesentlichen ist das der Grund, warum Flattr funktionieren könnte. Es spricht das menschliche Bedürfnis an, an Dingen teilzuhaben. Es ist eine der Erkenntnisse der Pirate Bay, dass im Internet niemand für Inhalte zahlt, weil es keine simplen und fairen Bezahlmodelle gibt. Bei all den Unmengen an Information lässt sich nur noch schwer ein Preis festsetzen. Die großen Firmen verlangen Summen, die die Leute nicht zahlen.
Der Konsument soll also selbst entscheiden, was ihm Inhalte wert sind? Und das soll funktionieren?
Sunde: Ja, wir können längst nicht mehr für alle Informationen zahlen, die wir konsumieren wollen oder müssen. Deswegen müssen wir den Wert von Information überdenken. Im Netz ist zwar alles frei erhältlich, darum ist das Internet so mächtig. Trotzdem kann man Lösungen finden, um weiterhin Geld zu verdienen.
Ihre Lösung lautet?
Sunde: Sie zahlen im Monat einen kleinen Betrag, mindestens zwei Euro, bei uns ein. Dann gehen Sie ins Internet, wenn Sie einen Eintrag mit einem Flattr-Knopf finden, können Sie darauf klicken. Am Ende des Monats rechnen wir aus, auf wie viele Knöpfe Sie gedrückt haben, und teilen das Geld dann gleichmäßig auf. Das Geld kann an jene gehen, die ein Video erstellt haben, die einen Artikel in einer Onlinezeitung, einen Blogeintrag oder sogar einen Kommentar auf einen Blogeintrag geschrieben haben. Die Idee ist: Jeder kann auf seiner Webseite den Flattr-Knopf anbringen. Und jeder, der sich bei Flattr registriert, kann Geld hergeben und empfangen.
Und zehn Prozent aller Transaktionen gehen an Sie.
Sunde: Das sind die Betriebskosten für Flattr, unsere Mitarbeiter und Server kosten Geld. Aber wir möchten diese Provision herabsetzen. Wir fangen mit zehn Prozent an und senken es mit der Zeit, zum Beispiel auf fünf Prozent. Das ist psychologisch besser, als mit zwei Prozent anzufangen und dann auf fünf Prozent zu gehen.
Welche Webseiten machen da mit?
Sunde: Noch sind wir in einer Testphase, großteils sind es Blogs. Aber auch einige größere Webangebote machen mit. Zum Beispiel die deutschen Zeitungen taz und der Freitag, oder Wikileaks. Bei hunderttausenden Online-Angeboten können Sie bereits den Flattr-Knopf drücken. Und unsere Mitglieder werden immer mehr. Im Moment haben wir ungefähr 30.000 User.
Die taz nahm im Juli 1420 Euro über Flattr ein. Davon kann doch keine Zeitung leben.
Sunde: Flattr wurde nicht für große Firmen konzipiert, die etliche Mitarbeiter anstellen. Es geht vielmehr um normale Leute und kleine Organisationen. Der deutsche Podcaster Tim Pritlove hat im Juli mehr als 1000 Euro eingenommen. Für eine einzelne Person ist das viel Geld. Aber es geht nicht nur ums Finanzielle, sondern auch um die Wertschätzung. Die Leute bekommen Anerkennung.
Blogger sollen davon leben können?
Sunde: Das Modell der Zukunft ist wohl, dass es viele Modelle geben wird. Wer Geld machen will, muss verschiedene Einnahmequellen finden.
Da gibt es noch einen ganz anderen Trend: Immer mehr Zeitungen wollen ihre Onlinenachrichten nicht mehr herschenken. Rupert Murdoch verlangt etwa ein Pfund für den Zugang zur Webseite der Times.
Sunde: Er unterschätzt dabei den Wettbewerb. Ich finde das sogar ein bisschen arrogant. Den Leuten ist die Zeitungsinformation nicht mehr so viel wert. Wahrscheinlich werden die treuen Leser anfangs Geld zahlen und sich am Ende aufregen, weil es das anderswo gratis gibt. Ich glaube, die Times wird dadurch Leser und letztlich ihre Marktposition verlieren. Das ist eine kurzsichtige Strategie, besser wäre es, einen Weg zu finden, dass jeder für alles zahlt. Zum Beispiel eine Art freiwillige Steuer. Inhalte einzusperren, das funktioniert im Internet nicht.
Nehmen wir an, der Konsument kann selbst den Preis festlegen. Dann konsumieren die Leute vielleicht mehr und mehr, zahlen aber weniger und weniger.
Sunde: Die meisten, die mit dem Internet aufwuchsen, zahlen schon heute nichts mehr. Bei steigendem Wettbewerb fallen normalerweise die Preise. Im Internet fiel der Preis sogar auf null. Mit dieser Lösung würden die Einnahmen wieder steigen, weniger als null kann es nicht sein.
Meinen Sie das ernst: Man soll froh sein, dass man Krümel verdient, weil es könnte noch weniger sein?
Sunde: Nein, es geht nicht nur um ein bisschen Geld. All die kleinen Beträge werden sich insgesamt zu einer riesigen Summe addieren. Die Menschen geben auch immer mehr Geld aus, nur kaufen sie damit physische Dinge wie Gewand, Handys oder Konzerttickets. Wir müssen Wege finden, dass sie einen Teil ihres Geldes ins Internet stecken.
Ein Zeitungssterben ist schon heute zu bemerken – was nützt es, wenn alle fleißig flattern, aber nur ein paar Cent spenden?
Sunde: Dieses Zeitungssterben kommt sowieso, das gehört zum technologischen Wandel dazu. Viele Zeitungen sollten tatsächlich sterben, weil sie nicht mehr in die heutige Ordnung passen. Man kann nicht wie Murdoch sagen: „So stelle ich mir die Welt vor.“ Diese Macht hat er nicht mehr, sie wurde ihm weggenommen und den Leuten zurückgegeben. Er muss sich an seine Leser anpassen, nicht umgekehrt. Das bringt der technologische Wandel mit sich. In Schweden sind heute die meisten Zeitungen gratis, weil die U-Bahn-Zeitung plötzlich gratis auflag. Das Internet hat dazu geführt, dass jeder selbst kreativ werden kann. Jeder kann sein Wort verbreiten. Ich glaube, dass Blogs künftig einflussreicher und fachkundiger werden.
Und dann bleiben uns nur noch ganz wenige Zeitungen und noch weniger Journalisten, die anständig recherchieren. Soll so das Ergebnis ausschauen?
Sunde: Ich bezweifle Ihre Prognose. Es ist doch offensichtlich, dass die Leute bereit sind zu zahlen. Wir zahlen zum Beispiel Steuern. Ich selbst bin ein großer Fan des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, weil es wahrscheinlich das beste Instrument zur Wahrheitsfindung ist. Bezahlinhalte wie jene von Murdoch sind hingegen unausgewogen, sie berücksichtigen das politische Interesse ihres Eigentümers. Vielleicht sollten wir weniger übers Geldverdienen nachdenken und mehr darüber, wer dieses Geld verdient.
Zur Person
Peter Sunde gründete gemeinsam mit Gottfrid Svartholm und Fredrik Neij die Pirate Bay. Er wurde wegen Mithilfe zu Copyright-Verletzung erstinstanzlich verurteilt, das Urteil ist nicht rechtskräftig. Heuer startete er den Bezahldienst Flattr.
The Pirate Bay startete 2003 und ist eine der populärsten Anlaufstellen für Internetpiraten. Sie funktioniert wie eine Suchmaschine, über die Downloader Zugang zu urheberrechtlich geschützten Filmen und Musik erhalten
Flattr wurde heuer gestartet und ist ein sogenannter „Micropayment“-Dienst. User zahlen Beträge ein und können Geld an Blogger oder andere Onlineangebote spenden. Peter Sunde und Linus Olsson gründeten den Dienst, noch befindet er sich in einer Testphase
Die Diskussion
Die Grünen veranstalten das Sommergespräch „Kunst im digitalen Zeitalter“. Am Podium sitzen der grüne Nationalratsabgeordnete Wolfgang Zinggl, DJane Electric Indigo, die grüne Europaparlamentarierin Eva Lichtenberger und Peter Sunde. Die Veranstaltung ist auf Englisch, Eintritt gratis
Do., 19.8., 19 Uhr im Museumsquartier Hof 8
Dieses Interview ist im Falter 33/10 erschienen. Diese Kolumne wurde in Ausgabe 33/10 veröffentlicht. Bild: Josephine Olsson (Kopimi Lizenz)
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Auf einer Tageszeitung-online wurde mein Account manipuliert. Was kann ich tun? Herzlichen Dank.
Lieber Herr Scheu, ich glaube, Sie sind bei mir nicht ganz an der richtigen Stelle. Aber was meinen Sie denn mit "Account manipuliert"? Sie können mir auch gerne ein E-Mail schreiben und ich schaue, ob ich Ihnen doch helfen kann. Hier finden Sie die Adresse: https://www.brodnig.org/impressum/ Besten Gruß, Ingrid Brodnig
Ich finde die breite Semantik beim Begriff Troll nicht problematisch, sondern natürlich. Das hat Sprache so an sich.
Ich bin auf Ihren Beitrag leider erst heute gestoßen, über Rivva. Denn schon einen Tag nach Ihnen hatte ich ebenfalls meine Meinung dazu notiert (vgl. http://sajonara.de/2015/01/25/nico-lumma-per-definition-ein-troll/). Geht es nach mir, darf und soll man sich mit Trollen anlegen dürfen, allerdings nur, wenn man genügend gesunde Arroganz besitzt. Wer den verbalen Kampf nicht aushalten kann, sollte ihn gar nicht erst beginnen. Von daher ist die Strategie Lummas für manche sinnvoll, für andere geht sie womöglich nach hinten los.
Danke für den Link zum Blogeintrag, habe ich mit Interesse gelesen! Auf zwei Aspekte möchte ich eingehen:
1.) Ich glaube auch, dass das Zurücktrollen nicht jedermanns Sache ist. Wobei ich da nicht rein von Arroganz sprechen würde: Sehr oft entlarven diese sarkastischen Postings, wie absurd die Meinung manch eines wütenden Posters ist. Ein Beispiel: Ein User wirft der Redaktion vor, Teil der Lügenpresse zu sein und nur die Wahrheit der "Mächtigen" zu verbreiten. Da finde ich es schon okay, wenn sich der angesprochene Redakteur als "Zionisten-Bilderberger-CIA-Illuminaten-Presseoffizier" zu Wort meldet und den Leser bittet: „Posten Sie hier keine Links, die unsere weltumspannende Verschwörung enttarnen könnten. Wir haben uns so viel Mühe gegeben.“ Das ist meines Erachtens nicht arrogant, sondern zeigt, wie skurril manch ein Vorwurf oder gar Weltbild ist.
2.) Zur Frage der Meinungsfreiheit, die im Blogeintrag angesprochen wird: Sehr oft wird im Netz Meinungsfreiheit falsch ausgelegt und als Narrenfreiheit verstanden. Meinungsfreiheit bedeutet nicht, dass ich jederzeit und überall Gehör finden muss. Wenn ich den Blogeintrag richtig interpretiere, sehen wir das aber ohnehin ähnlich: Es ist kein Forenbetreiber verpflichtet, jemanden Raum für seine Meinung zu geben - auf meiner eigenen Webseite darf ich sehr wohl bestimmen, innerhalb welchen Rahmens und mit welcher Tonalität diskutiert wird. Dazu ein etwas älterer Blogpost: https://www.brodnig.org/2014/09/15/wie-wir-diskutieren-wollen/
ich weiß nicht, ob sie das internet wirklich schützen können. die diskussionskultur ihres forums und derer, in denen sie sich bewegen, können sie verbessern und gestalten.
ich kommen aus einer kultur, die es fast nicht mehr gibt und die in emailclients und newsreadern stattfindet. da teile ich die menge der als troll bezeichneten noch in nützliche und (irgend_ein_schimpfwort) ein. der nützliche troll kann der diskussion die möglichkeit geben, einen unvorhergesehenen gang zu nehmen, der weiter führt.
der begriff ist für mich höchstens nutzbar, um menschen, die sich in einer diskussion unangemessen verhalten, weiter zu reizen. das kann sehr hilfreich sein, ist aber vermutlich nicht der grund, warum sie oben den begriff benutzen.
.~.
Danke für den Kommentar! Ich glaube, wir haben hier wirklich einen anderen Troll-Begriff. Der nützliche Troll ist meines Erachtens eben kein richtiger Troll. Da wird die Herkunft des Begriffs sehr spannend beschrieben: http://smg.media.mit.edu/papers/Donath/IdentityDeception/IdentityDeception.pdf Womöglich liegt unsere unterschiedliche Haltung gegenüber Trollen auch daran, dass wir von ganz anderen Diskussionsstilen reden: Ich persönlich mag keine Diskussionen, die hauptsächlich von der Provokation leben. Solche Debatten sind vielleicht besonders "lebhaft" (um nicht zu sagen: untergriffig), aber selten kommen Menschen dabei auf einen gemeinsamen Nenner oder gar auf eine neue Erkenntnis. Aber korrigieren Sie mich, wenn ich Sie falsch verstanden haben oder Sie dies anders sehen!
Ich teile diese Meinung, nachdem ich eben eine Vorfrühstückrunde durch die Artikel gemacht habe. Spröde und auch ein wenig gespreizt sind die Zugänge der NZZ.at bisher - nichts hat mich wirklich gepackt oder dazu angeregt, den link weiterzuleiten oder zu empfehlen (was mir bei "le monde diplomatique", z.B. nur, dauernd ein Bedürfnis ist.
Trotzem habe ich es jetzt mal abonniert, war allerdings auch gleich verärgert, weil die Rechnung von wirklich stolzen 14 € für den ersten Monat gleich mit dem Promo Angebot von 1€ abgebucht wurde. Kommt nicht gut.
Danke für den Hinweis! Das fiel mir noch gar nicht auf, dass NZZ.at 15 Euro statt 1 Euro abbucht, muss gleich mal meine Rechnung überprüfen. Ich kann gut nachvollziehen, was Sie zu le monde diplomatique erzählen. Ein solches Mitteilungsbedürfnis ist der beste Beleg, dass der jeweilige Autor irgendetwas richtig gemacht hat.
Eine Zwischenbilanz kann man angesichts des kurzen Bestehens wagen, für mehr ist es noch zu früh: Mir fehlt bislang eine klare Notwendigkeit, warum ich ein Medium mehr lesen soll (es mangelt ja nicht an Informationen).
Ich glaube, dass die NZZ den heimischen Markt grundsätzlich richtig eingeschätzt hat: Im Segment Qualität gibt es noch Platz und wenn es gelingt eine gute und neue (andere bzw. ergänzende) Berichterstattung zur heimischen Politik zu etablieren, könnte das Vorhaben Erfolg haben (die Konkurrenz im außerösterreichischen Bereich der internationalen Politik ist sehr groß).
Mir liegt weder das Design, noch der konzeptionelle Aufbau, aber das kann sich noch ändern. --- Michael Fleischhacker hat sich m.E. seit seiner Zeit bei der Presse doch etwas von dem Berserkerdasein wegbewegt.
Ich finde Ernst und Sprödigkeit gut, Infotainment (Wein, Essen, Kochen, Unterhaltung, usw.) gibt es genug. --- Ich sehe es weder als Qualitätsmerkmal, noch als Aufgabe von Journalismus an, dem Leser etwas zu einem Anliegen zu machen (der kann und sollte darüber selbst befinden, mich interessieren soweit das vollständig möglich ist, Fakten und sonst nichts, also: Genauigkeit, Objektivität, Neutralität, usw.).
Es scheinen sich die Journalisten erstmals in der Geschichte ihre Definionsmacht mit den Konsumenten teilen zu müssen. Das ist offensichtlich ungewohnt und kann durchaus beunruhigen :-)
Nach 30 Jahren Erfahrung (Mailboxen, Modem-Netze, Usenet und dann die Webforen) erlaube ich mir, ein Resume ziehen:
Es leider hilft nix, es braucht auch Talent dazu, mit Postings, und auch "Trollen", richtig umzugehen. Und das Dumme dabei ist, dieses Talent kann man nicht lernen. Wer Schweinsohren hat, wird auch nach Jahrzehnten Musikstudium kein Musiker, ebenso ist es mit Moderatoren: ohne Sprachgefühl, Wortwitz, Persönlichkeit und Allgemeinbildung wird er es nicht schaffen, sich durchzusetzen, außer, er löscht alles Störende - und das ist dann meist reine Willkür und verscheucht gerade die Originellen. Dass man jetzt sogar eine Software sucht, um Trolle zu entdecken, ist ein absolutes Armutszeugnis.
Die meisten Leute schreiben ohnehin nix, die lesen nur mit.
Das Hauptmotiv beim Posten ist sehr oft, einfach cool rüberzukommen, wurscht, worum es geht.
Die Mehrheit der Poster hat von nichts eine Ahnung oder/und es fehlt an Persönlichkeit. Man schreibt ausschließlich nach der aktuellen politisch korrekten Mode, was das Risiko von Kritik von vorneherein minimiert. Meldungen der Tagespresse werden empört oder zustimmend kommentiert, eigene Meinungen wagt man kaum, weil das immer risikobehaftet ist. Man sieht Posten als Kampf, wo es eher darum geht, andere "niederzumachen", Argumente sind weniger wichtig, es geht ums "Gewinnen". Bemerkt der Moderator nicht, dass diese Leute überhaupt nicht ihre eigene Meinung verlautbaren, sondern nur das, wovon sie denken, dass es gut und gefahrlos rüberkommt, wird das Forum immer öder. Und die Poster, die diese Heuchelei stört, werden spöttisch und sarkastisch und sind dann die "Trolle".
In Foren ist es nicht anders als in den herkömmlichen Medien und auch der Politik: das einfachste Mittel, um unbequeme Leute stillzulegen, ist, ihnen Rechtslastigkeit, -Populismus, -Extremismus und Neonazitum draufzunageln. Ob das auch stimmt, ist irrelevant, es wird ohnehin kaum wer zu widersprechen wagen, weil man ihm sofort Nähe zu obiger Geisteshaltungen unterstellen kann. Und wem solche Vorgangsweisen nicht gefallen, der ist dann der "Troll", wenn der Moderator nicht kompetent ist.
Interessant war auch der Übergang aus der vor-Internetzeit ins Internet. Waren vorher eher die Freaks und Nerds beteiligt, wurden nun die Universitäten eingebunden. Leider brachte das keine Qualitätsverbesserung: Studenten und Professoren beeindruckten nur durch den Versuch, Inkompetenz hinter aggressiver Rhetorik und Überheblichkeit zu verstecken.
Ich schätze den Anteil an sachlichen, kompetenden Schreibern, mit denen es sich überhaupt zu diskutieren lohnt, auf maximal 5% und das quer durch alle Schichten, vom Hilfsarbeiter zum Dreifachdoktor. Diese 5% zu erkennen und zu halten ist die hohe Kunst, die Moderatoren einfach beherrschen müssen, wenn nicht nach einiger Zeit nur Wichtigtuer, Nichts-Sager, Beschimpfer und Provokateure übrigbleiben sollen, eben die wirklichen "Trolle".
Das größte Problem ist natürlich, dass es überhaupt nichts gibt, was nicht irgendjemand Anderen stören könnte. Eliminiert man alles irgendwie Konfliktträchtige, kann man alle Foren getrost abschalten - es bliebe einfach nichts lohnendes übrig, außer dem Wetterbericht, vielleicht. Twits von Politikern sind Musterbeispiele von beliebiger Inhaltsleere, um nur ja nirgends anzuecken - absolut verzichtbar.
Diskrepanzen und Eigen-Dynamiken in Foren aufzulösen und das Potential zu nutzen, intelligenten Leuten zuzuhören und die überflüssigen Trolle einzubremsen, ist die hohe Kunst des Moderators. Sicher nicht einfach, aber diese Fähigkeiten haben Zukunft.
Hallo Frau Brodnig,
ich habe gerade Ihren Beitrag im ARD Mittagsmagazin gesehen. Ihre Aussage "Demokratie lebt vom Konsens" hat mich jedoch ein wenig stutzig gemacht. Meiner Meinung nach lebt die Demokratie intersubjektiv betrachtet von dem "Konflikt". Da Sie kurz vorher im Beitrag meine Sichtweise teilten, "Demokratie lebt von Gegensätzen" unterstelle ich Ihnen völlig unwissend, dass Sie sich versehentlich falsch äußerten.
Beste Grüße
Johannes Pfaller
Demokratie lebt davon, dass alle die gleichen Chancen haben. Und genau das ist immer mehr bedroht, je mehr Einschuechterung stattfindet. Einschuechterung ist zB das Raufen von Peter Westenthaler, FPOe, dann BZOe. Und genau diese beliebigen Aufspaltungen des 3. Lagers in FPOe, BZOe, FPK ... sind verfassungswidrig.
Ich bin mit meinem Kommentar spät dran, weil der Text schon älter ist, aber ich muss dazu etwas sagen. Trollen muss meiner Meinung nicht per se etwas Schlechtes sein. Es mag sein, dass es vielen Trollen nur darum geht, Aufmerksamkeit zu erregen und andere zu verstören. Aber gerade das Zurücktrollen kann man auch als Gegenstrategie sehen.
Ein Beispiel: Nicht nur in der konservativen und Boulevardpresse, sondern sogar in der einzigen liberalen Tageszeitung in Österreich wird das Forum oft überschwemmt mit rassistischen, sexistischen, homophoben, antisemitischen Postings. Die Frage, wie man damit umgeht, stellt sich jetzt nicht nur für die Redaktion, sondern auch für die anderen PosterInnen, die damit nicht einverstanden sind.
Nun kann man versuchen, sachlich zu bleiben und das Diskussionsniveau zivilisiert zu halten. Oder man kann eben auch zurücktrollen. Damit meine ich nicht, dass man sich auf das gleiche Niveau wie die Trolle begibt. Aber man muss auch nicht sachlich bleiben. Man kann ja durchaus die Welle aus rassistischen, sexistischen usw. Postings zu unterbrechen versuchen, indem man etwas schreibt, das darauf abzielt, "die Trolle zu trollen". Also etwas schreiben, womit man vielleicht die Trolle ärgert, bzw. sind es ja oft sogar Hater und nicht "nur" Trolle. Nicht durch Beschimpfung und Erniedrigung, aber eben zb durch Sarkasmus, Polemik, was ich hier absolut für angebracht halte.
Es ist halt die Frage, was man erreichen möchte. Und ich finde, es ist okay, wenn man beim Umgang mit Trollen nicht immer sachlich bleibt. Und eben stattdessen Dinge schreibt, über die sich ein Troll dann selbst ärgert. Das ist wahrscheinlich keine Antwort auf die Frage, wie die Diskussionskultur im Internet zu retten ist. Aber es ist zumindest ein Ansatz, um sich nicht jede Frechheit von den Trollen gefallen lassen zu müssen.
ch möchte alle warnen
http://www.telepathietelekineseterror.blogspot.com
Sendet den Link an alle möglichen Leute weiter.
Fakt ist das es Telepathen gibt die das können und an Menschen üben und wissen das man ihnen Ausgeliefert ist da es nicht offiziell anerkannt ist und als Psychose abgetan wird. In meinem Blog steht im Tatsachenbericht wie si es bei mir machten detailliert dokumentiert. Ich bin mir sicher das diese Telepathen für eine menge Selbstmorde verantwortlich sind. Eben so ist es nicht unwahrscheinlich das sie das an Menschen üben um Schlüsselpersonen in Politik, Wirtschaft und auch Psychologie zu kontrollieren. Die Analyse stellt Lediglich einen Erklärungsversuch nach den Wahrscheinlichsten Möglichkeiten dar, ist also reine Hypothese.