Desinformation je nach Generation – Vortrag von der re:publica
Von TikTok-Mythen bis zu KI-Bildern auf Facebook – für jede Altersgruppe gibt es passende Falschmeldungen. Aber auch passende Aufklärung.
Ich finde eines sehr interessant: Desinformation, Falschmeldungen, die stark geteilt werden, sagen auch etwas über Wünsche, Ängste, Feindbilder, in Teilen der Gesellschaft aus. In Teilen einer Generation zum Beispiel.
Mir ist das so richtig bewusst geworden, vergangenes Jahr im April, da hat mich eine Lehrerin kontaktiert. Die Lehrerin erlebte ein Problem: Sie kommt in der Früh in die Schule und merkt, die Jugendlichen sind richtig aufgebracht, vor allem die Mädchen.
Es ging um das hier:
Das ist eine berühmte Falschmeldung auf TikTok, der sogenannte „National Rape Day“-Hoax. Den gibt es seit 2021, ausgehend vom englischsprachigen Raum. Die Geschichte lautet: Am 24. April dürfe man Frauen oder Mädchen vergewaltigen und das würde straffrei bleiben. Vergangenes Jahr war das ein besonders großes Thema, nachdem ein Senator in Berlin davor gewant hatte, Medien das aufgegriffen hatten und es ein größeres Thema wurde.
Das wirkt sich bis in eine Wiener Schulklasse aus, dass Mädchen Angst haben.
Ich sprach mit einer dieser Schülerinnen, sie hat gesagt, sie habe mitbekommen, dass am 24. „dass die Männer und Buben alles machen dürfen mit Mädchen, was sie wollen.“
In dieser Erzählung stecken zwei Sachen drinnen: Erstens, offensichtlich könnte Medienkompetenz stärker sein. Das Ganze ist natürlich falsch. Man kann zum Beispiel rasch googeln: „24.4. Vergewaltigung Faktencheck“ und ich habe sofort die Aufklärung. Das machen manche Jugendlichen nicht und fürchten sich. Aber mir ist noch ein zweiter Punkt bewusst geworden – auch im Gespräch mit dem Mädchen:
Es sagt etwas aus, dass solche Geschichten von Jugendlichen weiterverbreitet werden. Dass sie das ihren Freundinnen das weiterleiten. Diese Geschichte spricht ein Unsicherheitsgefühl an. Anscheinend haben junge Mädchen Angst vor sexueller Gewalt im öffentlichen Raum. Und solch eine Geschichte fruchtet auch deshalb.
Das heißt, die Falschmeldungen, die in verschiedenen Generationen herumgereicht werden, die sagen etwas über die Eindrücke aus, die ein Teil dieser Generation hat.
Wenn ich das aufklären möchte, wenn ich Kompetenz fördern möchte, sollte ich an diesen Eindrücken anknüpfen.
Bei Älteren ist das anders: Diese gerade zitierte Falschmeldung ist wahrscheinlich nicht passend für 50-jährige Männer. Da gibt es andere Fakes. Ich gebe ein wiederkehrendes Beispiel: Es gibt einige Falschmeldungen, die in die Richtung gehen, man müsse Angst haben, dass das Bargeld abgeschafft wird. Oder, so wie in diesem Fall behauptet wird: Ein User namens Heinz postet auf Facebook, ab Herbst 2025 gäbe es die absolute Kontrolle. Die Geschichte lautet: Wenn man Bargeld in Zukunft abheben möchte, müsse man einen Grund angeben, wofür man das braucht. Das ist natürlich Unsinn.
Jetzt könnte man als eine Art Generationenvergleich sagen: Die Kids, die Jugendlichen, die werden auf TikTok in die Falle getrieben und die Älteren auf Facebook. Da muss ich aber sagen, ganz so simpel ist es nicht. Dieses Posting stammt von einem User namens Heinz auf Facebook. Aber diese Geschichte mit den Bankomaten stammt ursprünglich ebenfalls von TikTok.
Also: Ganz so jung ist TikTok auch nicht mehr.
Oder ich würde so sagen: Auf TikTok gibt es ebenfalls Communities rund um Wutthemen, wie zum Beispiel „kein Bargeld mehr“, Corona, Migration. Und wenn man sich die Profile rund um diese Themen anschaut, sind das oft ältere Personen.
Diese Geschichte mit den Bankomaten ist natürlich ein Fake. Übrigens sieht man auch hier, dass Medienkompetenz nicht überall stark ausprägt ist. Der Account nennt sich „TikNews“. Wenn man auf das Profil klickt, dann beschreibt sich dieser Account dort als „Postillonalternative“. Es ist also eine verklausulierte Selbstbeschreibung als Satire-Seite. Das ist aber einigen offensichtlich nicht aufgefallen, weil sie es kommentiert haben, als wäre es echt.
In verschiedenen Generationen haben wir das Problem, dass Leute auf Falsches hineinfallen, nämlich auf Falsches, das leicht überprüfbar wäre. Nur: Es wird nicht immer überprüft.
Ich finde aber auch die Analyse, welche Themen da jeweils vorkommen, sehr interessant. Ich gehe zum Beispiel wiederholt an Schulen – da erlebe ich nicht immer die großen politischen Fakes. (Ja, manchmal gibt es das auch.) Aber bei Schülerinnen und Schülern erleben ich oft eher Hoaxes rund um beispielsweise Gesundheitsfragen, also Gesundheits-Fakes. Oder Fakes rund um Promis.
Oder eine andere Geschichte – ich zeige das kurz her: Hier habe ich einen weiteren Vergleich von Fakes für unterschiedliche Generationen. Bei Jugendlichen begegnet mir oft eine Art Angst vor dem Untergang.
Das ist eine irreführende Geschichte, ein irreführender Post auf TikTok. Diese Zeichnung suggeriert, so würde sich das auswirken, wenn eine Atombombe auf Berlin fällt. Es ist natürlich nicht gut, wenn eine Atombombe auf Berlin fällt, aber diese Zeichnung ist falsch. Es gibt ja Berechnungen zur Verwüstung durch solche Atom-Sprengsätze. Die Zeichnung ist übertrieben, sagen Fachleute. Weil das auf TikTok eine große Reichweite erzielte, gibt es einen Faktencheck dazu.
In dieser Geschichte spiegelt sich meines Erachtens ein Interesse am Thema Krieg, an Apokalypse wider – ich gehe nachher noch kurz darauf ein.
Hier rechts daneben ein anderes klassisches Beispiel: Es wird suggeriert, die ukrainischen Geflüchteten würden die Rente in Deutschland kriegen und den eigenen Rentnerinnen und Rentnern ginge es schlecht. Das ist eine Neiddebatte, die wohl auf Ältere abzielt. Also die Rentendebatte erscheint mir nicht wahnsinnig geeignet für Teenager. Man sieht, verschiedene Generationen haben verschiedene Themen.
Und noch ganz kurz zu ersterem: Ich muss hierbei auch diese ganzen Spekulationen auf TikTok denken. Es ist ein wiederkehrendes Sujet, dass sich Videos mit dem dritten Weltkrieg, WW3, World War 3 beschäftigen. Da gibt es ganz viele mit KI-Bildern unterlegte Videos, wo spekuliert wird, wenn der Weltkrieg der nächste ausbricht, wie liefe das dann ab, welche Katastrophenszenarien würden passieren.
Mich würde interessieren, ob Psychologinnen und Psychologen dafür eine Erklärung haben: Liegt das vielleicht an der Altersgruppe per se, dass man an solch radikalen Szenarien besonderes Interesse hat? Oder liegt es auch daran, dass heutige Heranwachsende so viele Krisen erlebt haben, also Corona-Krise, Klimakrise, Kriege. Also die Krise irgendwo erwartet wird. Ich weiß es nicht, aber diese Art von Video fällt mir auf.
Ich werde nachher darauf eingehen, wie man diese Themen in der Aufklärung einsetzen kann. Es gibt noch weitere Generationenfragen, über drei werde ich heute sprechen:
Erstens: Gibt es Unterschiede in den Generationen, wer eher auf Falsches hineinfällt?
Dann auch: Was sind Generationen-Klischees? Denn ich glaube, manchmal macht man es sich zu einfach, wenn man sagt, „typisch Gen Z“, „typisch Millennials“ oder „typisch Boomer“, weil innerhalb der Alterskohorten gibt es ja auch viele Unterschiede. Da, glaube ich, muss man auch aufpassen.
Drittens, wenn ich solche Überlegungen berücksichtige: Wie kann ich ein altersgerecht aufklären? Dazu habe ich ein paar Gedanken.
Bleiben wir gleich beim ersten Thema: Wer fällt eher auf Falschmeldungen hinein?
Ganz so eindeutig ist das nicht, aber es gibt zwei Generationen, die in Studien besonders aufgefallen sind. Eine sehr bekannte Studie von Andy Guess und Kollegen. Da geht es um die US-Wahl 2016. Sie hat gemessen, dass die Altersgruppe über 65 fast siebenmal so viel Artikel von Fake-News-Quellen verbreitete wie die jüngste Altersgruppe. Hier sind also vor allem die Älteren stark aufgefallen, vielleicht oft auch Fans von Donald Trump.
Nur wäre es jetzt falsch zu sagen: „Aha, klar, die Älteren!“ Weil es gibt wiederum neue Daten gibt, die etwas breiter zusammengetragen wurden. Da geht es nicht um einen einzelnen Wahlkampf, um klar politische Fakes, sondern allgemeiner wurde das Thema untersucht.
Es gibt nun eine große Studie von Friedrich Götz und Kolleginnen und Kollegen. An dieser Untersuchung haben mehr als 66.000 Personen teilgenommen aus vielen unterschiedlichen Ländern.
Hier war es nun die Gen Z, also die jüngsten Befragten, die sich im Schnitt am schwersten taten, falsche Headlines zu erkennen.
Also konkret wurden den Leuten 20 Headlines vorgelegt, wahre und falsche. Und es wurde geschaut, wie treffsicher können Personen wahre Headlines von falschen unterscheiden.
Hier gab es einen Generationenunterschied. Interessanterweise waren die Baby-Boomer am stärksten.
Diese Studie ist groß angelegt, in vielen Ländern haben Menschen mitgemacht. Ich habe zusätzlich die Daten für Deutschland angesehen. Die schauen ein bisschen anders aus. Also hier sind die Baby-Boomer nicht ganz so stark. Aber die Gen Z ist auch an letzter Stelle.
Eines ist aber wichtig: Ich habe mit Friedrich Götz, der an der University of British Columbia forscht, per E-Mail Kontakt aufgenommen.
Ich finde interessant, es kann schon sein, dass es Länderunterschiede gibt, also dass das nicht in allen Ländern exakt gleich sein muss.
Aber: Man muss auch insofern vorsichtig sein, weil diese Studie fand auf Englisch statt. Das kann zu sogenannten „sprachbasierten Selektionseffekten“ führen.
Und generell würde ich es so zusammenfassen: Diese Unterschiede, die sind nicht enorm. Ich bin selbst Millennial, man könnte darauf blicken und sagen, haha, super (weil meine Generation eher unspektakulär abschneidet). Das wäre der falsche Schluss, weil keine Altersgruppe hat es perfekt gemacht.
In jeder Altersgruppe tauchen Probleme mit Fehl- und Desinformation auf.
Beim Ernstnehmen von Falschmeldungen gibt es ein interessantes Phänomen. Viele Menschen glauben: „Falschmeldungen, das ist ein Problem von den anderen.“
Ich gebe ein Beispiel, in Österreich gab es eine interessante Befragung von Peter Filzmaier, einem Politologen. Acht von zehn Befragten stuften es „für andere“ als „sehr schwierig“ oder „eher schwierig“ ein, zwischen wahren Nachrichten und Fake News im Internet zu unterscheiden. Jedoch sagten nur vier von zehn der Befragten, dass es für sie selbst „sehr schwierig“ oder „eher schwierig“ sei, echte Nachrichten und Fake News auseinanderzuhalten. Und für sich selbst sagten nur vier von zehn der Befragten, ich tue mir schwer, vier von zehn.
Das passt rechnerisch nicht zusammen, weil entweder man unterschätzt die anderen oder überschätzt sich selbst oder beides.
Und dafür gibt es einen Begriff in der Medienwissenschaft: den Third-Person-Effekt. Man glaubt tendenziell, Medieneffekte betreffen eher die anderen, nicht einen selbst.
Man kann das auch mit diesem Meme ein bisschen darstellen:
Copyright: Marvel Comics
Das ist wie bei Spider-Man. Die unterschiedlichen Generationen zeigen aufeinander – und halten sich gegenseitig für das Problem.
Das sage ich nicht einfach so. Es gibt zum Beispiel auch eine Studie, da wurden Jüngere und Ältere befragt und auch da war es so, dass die jüngeren Befragten gesagt haben, die Älteren haben ein Problem mit Falschmeldungen. Und die Älteren haben gemeint, die Jüngeren haben ein Problem.
Woran liegt das? Ich persönlich glaube: Es ist so viel leichter, die Unzulänglichkeit anderer zu sehen als die eigenen.
Ich glaube auch: Diese Generationenvergleiche, da muss man verdammt vorsichtig sein, weil vieles ist auch einfach menschliche Psychologie – dass wir Menschen manchmal nicht so rational sind, wie wir sein wollen oder uns einbilden, zu sein.
Es gibt einen hilfreichen Fachaufsatz von Ulrich Ecker und Kolleginnen und Kollegen, die haben psychologische Faktoren beschrieben, warum Menschen Falsches glauben. Ich gehe jetzt nicht auf alles ein, aber auf ein paar Punkte: Ein Teil ist auch mit dem Generationenblick besonders spannend.
Warum glauben Menschen Falsches?
– Ein wichtiger Punkt ist der sogenannte Illusory-Truth-Effekt. Seit den 1970er-Jahren fällt Psychologinnen und Psychologen dieser auf. Wenn Menschen etwas öfters hören, egal ob es wahr ist oder falsch, dann glauben sie das eher.
Foto: Gregor Fischer/re:publica
Die pure Wiederholung hat schon einen Effekt. Ein Aspekt hierbei kann sein, dass wir die Geläufigkeit einer Aussage mit der Wahrheit der Aussage verwechseln. Was man schon oft gehört hat, klingt vielleicht plausibler. Illusory-Truth-Effekt.
Da kann es auch einen Altersfaktor geben: Nehmen wir an, Menschen sind in fragwürdigen Communitys auf Facebook, sehen in einer Tour Fakes über Migrant:innen. Und dann kriegen sie die Korrektur, also den Faktencheck, zu so einer Geschichte zu mit. Es kann passieren, dass Ältere die Korrektur, die sie einmal gehört haben, rascher vergessen. Das haben Ulrich Ecker und Kolleg:innen in einer Studie beobachtet. Eine Frage ist, ob der Illusory-Truth-Effekt bei Älteren anders zu Buche schlägt.
– Zweiter Punkt auf der Liste: Defaulting to one’s own personal views. Das wird jetzt niemanden überraschen. Wir glauben eher Falschmeldungen, die uns bestätigen.
– Drittens: Intuitives vs. analytisches Denken. Dieser Punkt erscheint mir sehr spannend.
In der Psychologie gibt es den Zugang, dass man zwei Modi des Denken hat. System 1 und System 2. System 1 ist so ein intuitiver Autopilot, mit dem wir durch den Tag gehen. Also wenn man in der Bäckerei ein Brötchen kauft, dann denkt man nicht über jede Option nach, wie viel Nährwerte die hat, wie das Preis-Leistungs-Verhältnis ist. Man kauft intuitiv schnell etwas.
Hingegen, wenn man die Steuererklärung macht, dann kommt hoffentlich System 2 zum Ansatz. Das ist dieses anstrengende, genaue Nachdenken. System 2, bei dem man genau mitdenkt, ist aber mühsamer.
Die Gefahr kann sein, dass Falschmeldungen uns austricksen, dass wir den Moment nicht erkennen, wo wir von unserem Autopiloten hin ins kritische Nachdenken umschalten sollten.
Und ich habe ein bisschen die Sorge, dass gerade digitale Plattformen so gebaut sind, dass wir ein Scrollen im System 1 gewohnt sind. Ich scrolle durch den Feed und nehme zur Kenntnis, was ich lese – übersehe den Moment, wo ich fragen müsste: Stimmt das wirklich?
Ich komme nachher noch mal darauf zurück, weil sich die Frage stellt, wie sehr sind Apps so gebaut, dass sie uns in diesem intuitiven Nicht-Nachdenken auch noch antreiben.
Es gibt noch mehr Punkte in diesem Forschungsüberblick, ich erwähne ein paar ganz kurz:
– Führungsfiguren, die Falsches verbreiten, haben leider auch eine negative Wirkung bei den Leuten, die ihnen vertrauen.
– Und die Emotionalität einer Aussage spielt eine Rolle. Die kann zum Beispiel zu ihrer Viralität beitragen.
Ich habe versucht, in diesem Vortrag nicht zu sehr in Generationen-Klischees zu verfallen. Aber am Anfang beim Konzipieren meines Vortrags habe ich mir das sehr ulkig vorgestellt. Ich habe mir gedacht, ha ha, ich zeige in einer Tour quasi zugespitzt gesagt „Boomer-Content“ auf Facebook her, also zum Beispiel schlecht gemachten KI-Bilder, die auf Facebook reihenweise gepostet werden.
Weil es ist ein echtes Problem, was für Schrott mittlerweile in Facebook echt große Sichtbarkeit hat – solcher AI Slop (Anm.: das sind schlecht gemachte KI-Bilder)
Ich gebe ein Beispiel: Hier sieht man einen Mann, der eine wunderschöne Holzfigur geschnitzt hat. Darüber steht: “My dad is a carpenter, and he created this. It’s truly sad because no one seems to value his hard work.”
Das ein KI-Fake-Bild, das auf die Tränendrüse drückt. Der Mann hat angeblich so etwas Tolles erschaffen, doch keiner wertschätzt das. Das ist eine eigene Kategorie mittlerweile: KI-Fakes, die auf die Tränendrüse drücken.
Anderes Beispiel, wieder Tränendrüse: Dieser hochbegabte junge Mann hat offensichtlich aus Steinen einen Schäferhund gebaut. Was für ein wunderbarer Einsatz seines Talents. Darüber steht: “He put all his effort into creating this beautiful sculpture but no one cares.”
Manche Leute posten dann unter solchen Beiträgen, „es ist so toll, was du gemacht hast“, „lass dich nicht entmutigen“, so in die Richtung.
Und ein drittes Beispiel für KI-Tränendrüse-Fakes. Diese arme Frau feiert angeblich ihren 50. Geburtstag. Darüber steht, “Heute ist mein 50. Geburtstag, ohne einen Mann, ohne Kinder, ich habe diesen Kuchen mit meinen Tränen gemacht.”
Und es ist dann so, dass Leute drunter posten etwas wie, „happy birthday“, oder „du brauchst keinen Mann, um glücklich zu sein“. Ich lese solche Posts und denke mir, einerseits faszinierend, wie gutgläubig Menschen sind, aber irgendwie auch lieb, dass sie versuchen, diese KI-Frau aufzuheitern.
Natürlich gibt es dann ganz viele Leute, die das durchblicken und sagen, „hey, das ist Unsinn“, oder „ich kann nicht glauben, wie viele Leute auf diesen Unsinn reinfallen“.
Das Klischee hier ist, dass es speziell Boomer, also Ältere sind, die auf das hineinfallen. Und natürlich: Es gibt auch viele Ältere, die das durchblicken.
Bleiben wir kurz bei der Frage. Sind KI-Fakes für Ältere ein Problem?
Und ehrlich gesagt: So genau wissen wir es nicht. Es gibt einzelne Untersuchungen, die sind nicht wahnsinnig groß angelegt oder gut publiziert. Ich ewähne aber zwei, die ich gefunden habe. Enilda Velazquez u.a. haben zum Beispiel 190 Personen getestet, ob die je nach Alter eher KI-Fakes glauben. Hier war es bei Älteren so, dass die eher öfters Bilder für KI-Fakes hielten, die keine waren.
In einer Untersuchung aus Schweden wurden 100 Leute getestet, die kamen zum Schluss, ja, es gibt einen Unterschied. Es sind eher die Älteren, die das nicht erkennen. Aber meines Erachtens ist der Forschungsstand hier eher noch nicht weit ausgeprägt.
Noch wichtiger: Es gibt Untersuchungen, die gehen allgemein in Richtung Bildmanipulation. Zu diesem Thema forscht Sophie Nightingale. Hier ein Beispiel: Da geht es jetzt nicht um KI, sondern um Bildmanipulation an sich.
Das Originalbild ist oben links, ein Mann steht auf der Straße. Und dann werden so Kleinigkeiten eingearbeitet, wie zum Beispiel hier Mistkübel hinein retuschiert. Ich bin zum Beispiel sehr schlecht im Erkennen von Bilderfakes, finde ich, aber diese Mistkübel hätte ich gerade noch als Bildmontage erkannt.
In dieser Studie von Sophie Nightingale und Kolleginnen und Kollegen war es so, dass Ältere sich eher schwer taten, Bildmanipulationen zu erkennen als Mittelalterige und ganz Junge.
Das kann übrigens auch daran liegen, dass die Sehleistung und die Verarbeitung visueller Stimuli im Alter sinkt. Und das ist ein Problem in einer Zeit, in der Bildmanipulation umso leichter wird. Also da kann es schon ein Altersfaktor geben.
Ich möchte noch einen weiteren Punkt ansprechen, nämlich die Plattform-Frage. Es geht ja nicht nur darum, welche Generation von Menschen ist für Manipulation anfällig, sondern es geht auch um die Frage, welche Generation von Plattformen eignet sich für die Verbreitung von Fehlinformation.
Schauen wir uns kurz eine typische TikTok-Falschmeldung in meinen Augen an. Das ist so ein Health-Guru, also so ein Gesundheitsguru. Der sitzt da und wird befragt. Dieser Typ fragt ihn: „Sonne macht Hautkrebs. Wie stehst du zu dieser These?“
Beginnt schon mal steil, finde ich. Der Health-Guru sagt: „Mein erster Gedanke ist, Sonne macht kein Hautkrebs, kein Tier benutzt Sonnencreme.“
Ich habe jetzt nicht das ganze Video mitgebracht. Jede Sekunde, die man mit diesem Content verbringt, ist verlorene Zeit. Aber bei diesem Auszug kriegt man einen kurzen Einblick. Das Video wird auch nicht argumentativ stärker in meinen Augen.
Aber was passiert hier: Für diese zwei, drei Sätze braucht das Video ein paar Sekunden. Und sofort steigt es mit einer steilen These ein. Nein, Sonne mache keinen Hautkrebs, weil Tiere nutzen keine Sonnencreme. Ich brauche wenige Sekunden und bin voll drinnen.
Das Problem ist, Falschmeldungen sind extrem emotional, brisant und sie brauchen wenig Zeit.
Und gerade TikTok ist eine Plattform, die eine andere Logik etabliert hat. Wenn wir sagen, es gibt auch unterschiedliche Generationen an Plattformen, dann wäre eine alte Plattform Facebook und eine ganz junge Plattform TikTok.
Und was ist ein Unterschied bei diesen Plattformen? Facebook hat explizites Feedback belohnt. Kennen sicher einige auf Facebook: Der Algorithmus belohnt Interaktion, also wie viel Likes, Shares und Kommentare ein Content bekommt. „Explizit“ heißt, ich drücke bewusst ein Knöpfchen.
TikTok hat einen großen Wandel forciert. Bei TikTok wurde die Verweildauer umso wichtiger, als wie viele Sekunden ich auf einem Video bleibe. Das nennt man „implizites“ Feedback. Und es gibt die Sorge, dass manche Quatsch-Inhalte oder auch problematische und extremistische Inhalte von so einer Logik profitieren.
Warum? Wenn ich mit so einer steilen These einsteige, „Sonne macht keinen Hautkrebs“, dann schauen Leute vielleicht hin. Wenn ich ein Video mache, in dem ich sage, „Es ist wichtig, sich mit Sonnencreme einzuschmieren“, das wird ehrlich gesagt niemanden interessieren.
Das Video hier hingegen ist steil. Und wenn ich auf TikTok 15 Sekunden auf einem Video bleibe, allein weil ich irritiert bin über die Aussage, dann kann das bereits als Signal gewertet werden, dass dieser Inhalt Leute interessiert. Also das ist implizites Feedback.
Die Sorge besteht, dass dieses implizite Feedback unsere niedrigsten Impulse bedient. Das kommt nicht von mir, das kommt von Arvind Narayanan. Das ist ein Informatiker, der hat das in einem sehr guten Aufsatz beschrieben.
Bei dieser Unterscheidung in implizites und explizites Feedback geht es auch um System 1 und System 2. Ich würde es so zusammenfassen, TikTok ist eine Plattform, die auf diese implizite Impulse setzt – solchen Content anscheinend belohnt. Und hier kommt es wieder zu einem Generationenaspekt. Wenn Jugendliche mehr Zeit im Schnitt auf emotionsgeladenen Apps verbringen, stellt sich sehr wohl die Frage, was das für ihre Informationsdiät, ihren Wissensstand bedeutet.
Und ich komme zum Schluss, was können wir daraus lernen?
Ich glaube, dass Regulierung, Aufsicht, solcher Plattformen wirklich wichtig ist.
Aber was bedeuten diese Überlegungen für den Alltag? Die meisten von uns sind jetzt keine Medienbehörden oder die EU-Kommission. Aber wir können trotzdem auch Tipps für das eigene Umfeld mitnehmen. Wie reagieren?
Erstens: Ich gehe oft an Schulen und ich versuche, wirklich Themen zu finden, die nahe an der Lebensrealität von Jugendlichen sind. Auch weil Jugendliche oft ein schwieriges Publikum sind. Die sind oft nicht so aufmerksam wie Erwachsene, die absichtlich auf die re:publica gehen und zuhören. Man muss sehr um die Aufmerksamkeit von Jugendlichen kämpfen, ist zumindest mein Eindruck. Und je mehr man ein Thema anspricht, mit dem sie selbst schon konfrontiert waren, das sie vielleicht verunsichert hat, desto mehr hören die zu. Das heißt, diese Themen nutzen.
Das Auseinandersetzen mit der Frage, welche Geschichten spielen in welcher Zielgruppe eine Rolle, das hilft mir dann auch, nah an der Zielgruppe zu sein.
Dieser Zugang klingt logisch, er passiert aber nicht immer. Oft bringen wir die Geschichten, die uns selbst interessieren, nicht die anderen.
Das Zweite: Es ist auch sinnvoll, solche Themen, an denen Menschen nah dran sind, zu bringen, weil sie dann vielleicht stärker mitmachen und reflektieren. Zum Beispiel über die Frage, warum fallen Leute auf so etwas hinein? Nehmen wir das Sonnencreme-Beispiel.
Jugendliche stoßen oft auf solche Gesundheitsfakes und man kann dann mit Jugendlichen besprechen: Warum glauben Leute das? Das sind jetzt alles nur Spekulationen, aber man kann überlegen: Vielleicht glauben das Leute, weil sie sich ungern eincremen. Oder weil ein Schönheitsideal ist, gebräunt zu sein – selbst wenn es ungesund ist.
Das heißt, das ist Confirmation Bias: Ich möchte etwas lieber nicht tun, also höre ich dort zu, wo jemand sagt, du musst dich nicht eincremen. Oder auch Emotionalität kann eine Rolle spielen. So nach dem Motto: Endlich sagt das wer!
Über alle Altersgruppen hinweg: Dieses Achtsamsein gegenüber dem Moment, in dem ich gerade emotional geködert werde, erscheint mir die wichtigste Kompetenz überhaupt.
Ich kann eine Behauptung googeln, den Faktencheck googeln, eine Reverse-Image-Google-Suche machen und so weiter. Aber all das mache ich erst nach dem Moment, wo ich erkannt habe, ich werde gerade geködert.
Über alle Altersgruppen hinweg, erscheint mir wichtig, diese Achtsamkeit zu lernen. Wo reg ich mich auf? Das ist, glaube ich, die wichtigste Lektion, und dabei helfen Themen, wo Leute eine abrufbare Emotionalität haben.
Es gibt auch noch generationenspezifische Tipps und damit möchte ich jetzt enden.
Ich habe zwei Tipps für Jüngere und Ältere.
Bei Älteren habe ich diese Bildebene angesprochen. Da gibt es schon Indizien, dass Bildmanipulation von Älteren schlecht erkannt wird.
Bei Älteren ist wichtig, in Trainings die Bildkompetenz zu fördern. Zum Beispiel gibt es in vielen Städten in Bibliotheken Programme für Seniorinnen und Senioren. Da ist wichtig, umso mehr zu kommunizieren, welche Tools helfen, um herauszufinden, ist ein Bild echt oder falsch.
Früher, vor ein, zwei Jahren, hätte ich gesagt: Es geht darum, Misstrauen in Bilder zu fördern. Mittlerweile sage ich das nicht mehr. Weil die Gefahr besteht, dass das Misstrauen auch zu groß wird.
Wir sehen nämlich, dass mit dem Aufkommen von KI-Bildern ein Zusatzproblem entsteht: Leute glauben bei allem Möglichen, das wäre KI generiert. Und sie fangen an, auch die Realität anzuzweifeln.
Ich gebe ein Beispiel. Vergangenes Jahr gab es große Demos gegen Rechtsextremismus in Deutschland. Die wurden zum Teil kleingeredet. Zum Beispiel in Köln hat ein Fotograf ein Foto gemacht einer großen Demo. Beeindruckend viele Menschen sind darauf zu sehen. Und eine Frau hat das dann auf Facebook gepostet und behauptet, das wäre KI-generiert. Das Foto war echt.
Wichtig: Es geht nicht darum, pauschal zu sagen, alle Bilder sind nicht mehr echt, sondern Menschen die Kompetenzen zu vermitteln, genau hinzuschauen.
Beim Kölner Beispiel gab es unterschiedliche Fotos unterschiedlicher Fotograf:innen. Wenn verschiedene Leute aus verschiedenen Blickwinkeln das Gleiche fotografieren, deutet das auf die Echtheit hin.
Und jetzt komme ich zum letzten Punkt – der hängt ein bisschen damit zusammen.
Was wir fördern sollten, ist nicht blankes Misstrauen, sondern Skepsis. Skepsis ist der letzte Punkt, den ich auch bei Jugendlichen ansprechen möchte.
Das ist rein anekdotisch, aber: Bei Jugendlichen scheint mir manchmal auch extremer Defätismus oder Zynismus zu herrschen. Im Sinne von: Man kann gar nichts glauben.
Oder zum Beispiel das hier – aus einer Studie aus Norwegen. Da sagt eine Person zwischen 13 und 18, es ist schwierig, sich mit Nachrichten auseinanderzusetzen. „Ich bin passiv, weil ich nicht weiß, wem ich glauben soll.“
Oder mir ist in Schulklassen schon gesagt worden, „man kann ja niemandem glauben“. Beides ist schlecht. Dieses „ich weiß nicht, wem ich glauben kann“ und „man kann niemandem glauben“ ist schlecht, Es ist eher ein zynischer Zugang im Sinne von, „ich zweifle alles an“.
Wenn ich alles anzweifle, höre ich leider auch nicht dort zu, wo seriöser kommuniziert wird. Wo Fakten sehr wohl an die Oberfläche dringen könnten, wenn ich hinschaue.
In der Fachsprache gibt es den Ausdruck von Skepsis versus Zynismus. Und gerade bei Jugendlichen ist mein persönlicher Eindruck, dass wir ungeheuer aufpassen müssen, sie vor Zynismus zu bewahren.
Weil wir in einer Zeit leben, in der ich oft das Gefühl habe, dass Zynikerinnen und Zyniker hoch angesehen sind. Wer alles anzweifelt, muss nach der Logik unglaublich schlau sein.
Aber in Wirklichkeit ist nicht die Person schlau, die immer zynisch reagiert, sondern die Person ist schlau, die sich die Arbeit antut und schaut, was ist eine Spur richtiger. Wie könnten wir uns dem nähern?
Und das ist die Schlussbotschaft, die ich haben: Diese Unterscheidung zwischen Skepsis und Zynismus gerade auch jungen Menschen zu vermitteln, weil die Wahrheit ist nicht immer erkennbar, aber sie ist manchmal erkennbar.
Danke.
Diese Mitschrift ist eine gekürzte, redigierte Fassung des Originalvortrags. Die Fotos stammen von Gregor Fischer/re:publica. Hier kann man den Vortrag auf YouTube ansehen.
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Auf einer Tageszeitung-online wurde mein Account manipuliert. Was kann ich tun? Herzlichen Dank.
Lieber Herr Scheu, ich glaube, Sie sind bei mir nicht ganz an der richtigen Stelle. Aber was meinen Sie denn mit "Account manipuliert"? Sie können mir auch gerne ein E-Mail schreiben und ich schaue, ob ich Ihnen doch helfen kann. Hier finden Sie die Adresse: https://www.brodnig.org/impressum/ Besten Gruß, Ingrid Brodnig
Ich finde die breite Semantik beim Begriff Troll nicht problematisch, sondern natürlich. Das hat Sprache so an sich.
Ich bin auf Ihren Beitrag leider erst heute gestoßen, über Rivva. Denn schon einen Tag nach Ihnen hatte ich ebenfalls meine Meinung dazu notiert (vgl. http://sajonara.de/2015/01/25/nico-lumma-per-definition-ein-troll/). Geht es nach mir, darf und soll man sich mit Trollen anlegen dürfen, allerdings nur, wenn man genügend gesunde Arroganz besitzt. Wer den verbalen Kampf nicht aushalten kann, sollte ihn gar nicht erst beginnen. Von daher ist die Strategie Lummas für manche sinnvoll, für andere geht sie womöglich nach hinten los.
Danke für den Link zum Blogeintrag, habe ich mit Interesse gelesen! Auf zwei Aspekte möchte ich eingehen:
1.) Ich glaube auch, dass das Zurücktrollen nicht jedermanns Sache ist. Wobei ich da nicht rein von Arroganz sprechen würde: Sehr oft entlarven diese sarkastischen Postings, wie absurd die Meinung manch eines wütenden Posters ist. Ein Beispiel: Ein User wirft der Redaktion vor, Teil der Lügenpresse zu sein und nur die Wahrheit der "Mächtigen" zu verbreiten. Da finde ich es schon okay, wenn sich der angesprochene Redakteur als "Zionisten-Bilderberger-CIA-Illuminaten-Presseoffizier" zu Wort meldet und den Leser bittet: „Posten Sie hier keine Links, die unsere weltumspannende Verschwörung enttarnen könnten. Wir haben uns so viel Mühe gegeben.“ Das ist meines Erachtens nicht arrogant, sondern zeigt, wie skurril manch ein Vorwurf oder gar Weltbild ist.
2.) Zur Frage der Meinungsfreiheit, die im Blogeintrag angesprochen wird: Sehr oft wird im Netz Meinungsfreiheit falsch ausgelegt und als Narrenfreiheit verstanden. Meinungsfreiheit bedeutet nicht, dass ich jederzeit und überall Gehör finden muss. Wenn ich den Blogeintrag richtig interpretiere, sehen wir das aber ohnehin ähnlich: Es ist kein Forenbetreiber verpflichtet, jemanden Raum für seine Meinung zu geben - auf meiner eigenen Webseite darf ich sehr wohl bestimmen, innerhalb welchen Rahmens und mit welcher Tonalität diskutiert wird. Dazu ein etwas älterer Blogpost: https://www.brodnig.org/2014/09/15/wie-wir-diskutieren-wollen/
ich weiß nicht, ob sie das internet wirklich schützen können. die diskussionskultur ihres forums und derer, in denen sie sich bewegen, können sie verbessern und gestalten.
ich kommen aus einer kultur, die es fast nicht mehr gibt und die in emailclients und newsreadern stattfindet. da teile ich die menge der als troll bezeichneten noch in nützliche und (irgend_ein_schimpfwort) ein. der nützliche troll kann der diskussion die möglichkeit geben, einen unvorhergesehenen gang zu nehmen, der weiter führt.
der begriff ist für mich höchstens nutzbar, um menschen, die sich in einer diskussion unangemessen verhalten, weiter zu reizen. das kann sehr hilfreich sein, ist aber vermutlich nicht der grund, warum sie oben den begriff benutzen.
.~.
Danke für den Kommentar! Ich glaube, wir haben hier wirklich einen anderen Troll-Begriff. Der nützliche Troll ist meines Erachtens eben kein richtiger Troll. Da wird die Herkunft des Begriffs sehr spannend beschrieben: http://smg.media.mit.edu/papers/Donath/IdentityDeception/IdentityDeception.pdf Womöglich liegt unsere unterschiedliche Haltung gegenüber Trollen auch daran, dass wir von ganz anderen Diskussionsstilen reden: Ich persönlich mag keine Diskussionen, die hauptsächlich von der Provokation leben. Solche Debatten sind vielleicht besonders "lebhaft" (um nicht zu sagen: untergriffig), aber selten kommen Menschen dabei auf einen gemeinsamen Nenner oder gar auf eine neue Erkenntnis. Aber korrigieren Sie mich, wenn ich Sie falsch verstanden haben oder Sie dies anders sehen!
Ich teile diese Meinung, nachdem ich eben eine Vorfrühstückrunde durch die Artikel gemacht habe. Spröde und auch ein wenig gespreizt sind die Zugänge der NZZ.at bisher - nichts hat mich wirklich gepackt oder dazu angeregt, den link weiterzuleiten oder zu empfehlen (was mir bei "le monde diplomatique", z.B. nur, dauernd ein Bedürfnis ist.
Trotzem habe ich es jetzt mal abonniert, war allerdings auch gleich verärgert, weil die Rechnung von wirklich stolzen 14 € für den ersten Monat gleich mit dem Promo Angebot von 1€ abgebucht wurde. Kommt nicht gut.
Danke für den Hinweis! Das fiel mir noch gar nicht auf, dass NZZ.at 15 Euro statt 1 Euro abbucht, muss gleich mal meine Rechnung überprüfen. Ich kann gut nachvollziehen, was Sie zu le monde diplomatique erzählen. Ein solches Mitteilungsbedürfnis ist der beste Beleg, dass der jeweilige Autor irgendetwas richtig gemacht hat.
Eine Zwischenbilanz kann man angesichts des kurzen Bestehens wagen, für mehr ist es noch zu früh: Mir fehlt bislang eine klare Notwendigkeit, warum ich ein Medium mehr lesen soll (es mangelt ja nicht an Informationen).
Ich glaube, dass die NZZ den heimischen Markt grundsätzlich richtig eingeschätzt hat: Im Segment Qualität gibt es noch Platz und wenn es gelingt eine gute und neue (andere bzw. ergänzende) Berichterstattung zur heimischen Politik zu etablieren, könnte das Vorhaben Erfolg haben (die Konkurrenz im außerösterreichischen Bereich der internationalen Politik ist sehr groß).
Mir liegt weder das Design, noch der konzeptionelle Aufbau, aber das kann sich noch ändern. --- Michael Fleischhacker hat sich m.E. seit seiner Zeit bei der Presse doch etwas von dem Berserkerdasein wegbewegt.
Ich finde Ernst und Sprödigkeit gut, Infotainment (Wein, Essen, Kochen, Unterhaltung, usw.) gibt es genug. --- Ich sehe es weder als Qualitätsmerkmal, noch als Aufgabe von Journalismus an, dem Leser etwas zu einem Anliegen zu machen (der kann und sollte darüber selbst befinden, mich interessieren soweit das vollständig möglich ist, Fakten und sonst nichts, also: Genauigkeit, Objektivität, Neutralität, usw.).
Es scheinen sich die Journalisten erstmals in der Geschichte ihre Definionsmacht mit den Konsumenten teilen zu müssen. Das ist offensichtlich ungewohnt und kann durchaus beunruhigen :-)
Nach 30 Jahren Erfahrung (Mailboxen, Modem-Netze, Usenet und dann die Webforen) erlaube ich mir, ein Resume ziehen:
Es leider hilft nix, es braucht auch Talent dazu, mit Postings, und auch "Trollen", richtig umzugehen. Und das Dumme dabei ist, dieses Talent kann man nicht lernen. Wer Schweinsohren hat, wird auch nach Jahrzehnten Musikstudium kein Musiker, ebenso ist es mit Moderatoren: ohne Sprachgefühl, Wortwitz, Persönlichkeit und Allgemeinbildung wird er es nicht schaffen, sich durchzusetzen, außer, er löscht alles Störende - und das ist dann meist reine Willkür und verscheucht gerade die Originellen. Dass man jetzt sogar eine Software sucht, um Trolle zu entdecken, ist ein absolutes Armutszeugnis.
Die meisten Leute schreiben ohnehin nix, die lesen nur mit.
Das Hauptmotiv beim Posten ist sehr oft, einfach cool rüberzukommen, wurscht, worum es geht.
Die Mehrheit der Poster hat von nichts eine Ahnung oder/und es fehlt an Persönlichkeit. Man schreibt ausschließlich nach der aktuellen politisch korrekten Mode, was das Risiko von Kritik von vorneherein minimiert. Meldungen der Tagespresse werden empört oder zustimmend kommentiert, eigene Meinungen wagt man kaum, weil das immer risikobehaftet ist. Man sieht Posten als Kampf, wo es eher darum geht, andere "niederzumachen", Argumente sind weniger wichtig, es geht ums "Gewinnen". Bemerkt der Moderator nicht, dass diese Leute überhaupt nicht ihre eigene Meinung verlautbaren, sondern nur das, wovon sie denken, dass es gut und gefahrlos rüberkommt, wird das Forum immer öder. Und die Poster, die diese Heuchelei stört, werden spöttisch und sarkastisch und sind dann die "Trolle".
In Foren ist es nicht anders als in den herkömmlichen Medien und auch der Politik: das einfachste Mittel, um unbequeme Leute stillzulegen, ist, ihnen Rechtslastigkeit, -Populismus, -Extremismus und Neonazitum draufzunageln. Ob das auch stimmt, ist irrelevant, es wird ohnehin kaum wer zu widersprechen wagen, weil man ihm sofort Nähe zu obiger Geisteshaltungen unterstellen kann. Und wem solche Vorgangsweisen nicht gefallen, der ist dann der "Troll", wenn der Moderator nicht kompetent ist.
Interessant war auch der Übergang aus der vor-Internetzeit ins Internet. Waren vorher eher die Freaks und Nerds beteiligt, wurden nun die Universitäten eingebunden. Leider brachte das keine Qualitätsverbesserung: Studenten und Professoren beeindruckten nur durch den Versuch, Inkompetenz hinter aggressiver Rhetorik und Überheblichkeit zu verstecken.
Ich schätze den Anteil an sachlichen, kompetenden Schreibern, mit denen es sich überhaupt zu diskutieren lohnt, auf maximal 5% und das quer durch alle Schichten, vom Hilfsarbeiter zum Dreifachdoktor. Diese 5% zu erkennen und zu halten ist die hohe Kunst, die Moderatoren einfach beherrschen müssen, wenn nicht nach einiger Zeit nur Wichtigtuer, Nichts-Sager, Beschimpfer und Provokateure übrigbleiben sollen, eben die wirklichen "Trolle".
Das größte Problem ist natürlich, dass es überhaupt nichts gibt, was nicht irgendjemand Anderen stören könnte. Eliminiert man alles irgendwie Konfliktträchtige, kann man alle Foren getrost abschalten - es bliebe einfach nichts lohnendes übrig, außer dem Wetterbericht, vielleicht. Twits von Politikern sind Musterbeispiele von beliebiger Inhaltsleere, um nur ja nirgends anzuecken - absolut verzichtbar.
Diskrepanzen und Eigen-Dynamiken in Foren aufzulösen und das Potential zu nutzen, intelligenten Leuten zuzuhören und die überflüssigen Trolle einzubremsen, ist die hohe Kunst des Moderators. Sicher nicht einfach, aber diese Fähigkeiten haben Zukunft.
Hallo Frau Brodnig,
ich habe gerade Ihren Beitrag im ARD Mittagsmagazin gesehen. Ihre Aussage "Demokratie lebt vom Konsens" hat mich jedoch ein wenig stutzig gemacht. Meiner Meinung nach lebt die Demokratie intersubjektiv betrachtet von dem "Konflikt". Da Sie kurz vorher im Beitrag meine Sichtweise teilten, "Demokratie lebt von Gegensätzen" unterstelle ich Ihnen völlig unwissend, dass Sie sich versehentlich falsch äußerten.
Beste Grüße
Johannes Pfaller
Demokratie lebt davon, dass alle die gleichen Chancen haben. Und genau das ist immer mehr bedroht, je mehr Einschuechterung stattfindet. Einschuechterung ist zB das Raufen von Peter Westenthaler, FPOe, dann BZOe. Und genau diese beliebigen Aufspaltungen des 3. Lagers in FPOe, BZOe, FPK ... sind verfassungswidrig.
Ich bin mit meinem Kommentar spät dran, weil der Text schon älter ist, aber ich muss dazu etwas sagen. Trollen muss meiner Meinung nicht per se etwas Schlechtes sein. Es mag sein, dass es vielen Trollen nur darum geht, Aufmerksamkeit zu erregen und andere zu verstören. Aber gerade das Zurücktrollen kann man auch als Gegenstrategie sehen.
Ein Beispiel: Nicht nur in der konservativen und Boulevardpresse, sondern sogar in der einzigen liberalen Tageszeitung in Österreich wird das Forum oft überschwemmt mit rassistischen, sexistischen, homophoben, antisemitischen Postings. Die Frage, wie man damit umgeht, stellt sich jetzt nicht nur für die Redaktion, sondern auch für die anderen PosterInnen, die damit nicht einverstanden sind.
Nun kann man versuchen, sachlich zu bleiben und das Diskussionsniveau zivilisiert zu halten. Oder man kann eben auch zurücktrollen. Damit meine ich nicht, dass man sich auf das gleiche Niveau wie die Trolle begibt. Aber man muss auch nicht sachlich bleiben. Man kann ja durchaus die Welle aus rassistischen, sexistischen usw. Postings zu unterbrechen versuchen, indem man etwas schreibt, das darauf abzielt, "die Trolle zu trollen". Also etwas schreiben, womit man vielleicht die Trolle ärgert, bzw. sind es ja oft sogar Hater und nicht "nur" Trolle. Nicht durch Beschimpfung und Erniedrigung, aber eben zb durch Sarkasmus, Polemik, was ich hier absolut für angebracht halte.
Es ist halt die Frage, was man erreichen möchte. Und ich finde, es ist okay, wenn man beim Umgang mit Trollen nicht immer sachlich bleibt. Und eben stattdessen Dinge schreibt, über die sich ein Troll dann selbst ärgert. Das ist wahrscheinlich keine Antwort auf die Frage, wie die Diskussionskultur im Internet zu retten ist. Aber es ist zumindest ein Ansatz, um sich nicht jede Frechheit von den Trollen gefallen lassen zu müssen.
ch möchte alle warnen
http://www.telepathietelekineseterror.blogspot.com
Sendet den Link an alle möglichen Leute weiter.
Fakt ist das es Telepathen gibt die das können und an Menschen üben und wissen das man ihnen Ausgeliefert ist da es nicht offiziell anerkannt ist und als Psychose abgetan wird. In meinem Blog steht im Tatsachenbericht wie si es bei mir machten detailliert dokumentiert. Ich bin mir sicher das diese Telepathen für eine menge Selbstmorde verantwortlich sind. Eben so ist es nicht unwahrscheinlich das sie das an Menschen üben um Schlüsselpersonen in Politik, Wirtschaft und auch Psychologie zu kontrollieren. Die Analyse stellt Lediglich einen Erklärungsversuch nach den Wahrscheinlichsten Möglichkeiten dar, ist also reine Hypothese.